Hamburg. Der Herren-Bundestrainer Markus Weise soll neue Strukturen für den Fußballnachwuchs aufbauen und wechselt daher zum DFB.
Zwei Jahre ist es her, dass im Deutschen Hockey-Bund (DHB) das Projekt „Next Coach“ ins Leben gerufen wurde. Unter Mithilfe von Herren-Bundestrainer Markus Weise wurde eine mittlerweile auf zehn Namen angewachsene Liste von Nachfolgekandidaten erstellt, um sich für die Nach-Weise-Ära zu wappnen.
Diese, so befürchtete man es im Verband, würde nach den Olympischen Sommerspielen 2016 in Rio de Janeiro anbrechen, wo der 52-Jährige nach den Titeln mit den Damen 2004 in Athen sowie den Herren 2008 in Peking und vier Jahre später in London seine vierte Goldmedaille holen wollte.
Doch dann ging alles viel schneller als erwartet. Seit dem gestrigen Dienstag ist nun offiziell, was im DHB seit zwei Wochen Gewissheit ist. Der in Mannheim geborene und in Hamburg lebende Goldschmied gibt sein Amt zum 16. November auf und übernimmt vom 1. Dezember an beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) als „Leiter Konzeptentwicklung“ den Aufbau der neuen Fußballakademie in Frankfurt am Main.
„Muss mich fragen, ob ich bis zur Rente so weitermache“
„Ich bin bald Mitte 50 und musste mich fragen, ob ich bis zur Rente so weitermache“, erklärte Weise, der schon nach London 2012 diverse Angebote anderer Hockeynationen vorliegen hatte. „Nun kam relativ überraschend die konkrete Chance für einen Wechsel, die ich nicht ablehnen wollte.“
Beim DHB war man vor allem verstimmt darüber, dass es vom DFB keinerlei Signal zu dem vorgelegten Angebot gegeben habe. „Ich muss ganz eindeutig sagen, dass es bei solch einer Personalie schon ein Zeichen aus dem DFB-Präsidium an unser Präsidium geben muss. Dass dies nicht geschehen ist, empfinde ich als nicht partnerschaftlich“, sagte der neue DHB-Präsident Wolfgang Hillmann. Dennoch sei man sich einig gewesen, Weise den Abgang nicht untersagen zu wollen.
„Einer wie er ist als Führungsfigur nicht zu ersetzen. Aber jemandem mit solchen Verdiensten darf man keine Steine in den Weg legen, auch wenn der Zeitpunkt für uns nicht schön ist und wir uns das eher für die Zeit nach Rio 2016 gewünscht hätten“, sagte DHB-Sportdirektor Heino Knuf, der betonte, dass Weises Abgang nichts mit dem zuletzt enttäuschenden sportlichen Abschneiden – Platz sechs bei der WM 2014, 1:6-Pleite im EM-Finale 2015 gegen die Niederlande – zu tun habe.
Nachfolger in den kommenden 14 Tagen
Wer Weises Nachfolge antreten wird, soll in den kommenden 14 Tagen beschlossen werden. Beim derzeit laufenden Lehrgang in Mannheim, mit dem sich das Team auf das World-League-Finale in Indien (24. November bis 8. Dezember) vorbereitet, übernehmen die Co-Trainer Michael McCann und Frederik Merz die Aufgaben Weises.
Anschließend wird von der zehn – ausschließlich deutsche – Kandidaten umfassenden Liste ein Nachfolger ausgewählt, der zunächst allerdings nur bis nach Olympia 2016 verantwortlich sein soll. „Wir suchen zunächst einen Projekttrainer und sehen es auch als Chance, mit einem Neuanfang frischen Wind zu erzeugen“, sagte Knuf.
Im Team, aus dem bis Dienstag nur der Mannschaftsrat eingeweiht gewesen war, wurde die Nachricht gefasst aufgenommen. Offizielle Stellungnahmen wollte jedoch keiner der Spieler abgeben. Die Hamburger Welthockeyspieler Moritz Fürste und Tobias Hauke baten um Verständnis für ihre Zurückhaltung.
Fakt ist, dass der DFB sich auf einen höchst anerkannten Fachmann freuen darf. Weise gilt als Querdenker, der sich mit ungewöhnlichen Trainingsmethoden und einer straffen, aber immer auch kameradschaftlichen Menschenführung Respekt und ein großartiges Ansehen in der weltweiten Hockeyszene erworben hat. Nach Bernhard Peters, der 2006 zunächst als Assistent des damaligen Bundestrainers Jürgen Klinsmann im Gespräch war, dann aber nach Hoffenheim wechselte und seit Sommer 2014 beim HSV als Direktor Sport arbeitet, ist Weise bereits der zweite Hockey-Bundestrainer, der im Profifußball neue Strukturen aufbauen soll. „Das ist für unseren Sport natürlich auch ein Ritterschlag“, sagte Knuf.