Hamburg. Dominic Giskes, neuer Abwehrspieler beim Uhlenhorster HC, freut sich auf sein erstes Heimderby gegen den THC aus Harvestehude.
Für neue Erkenntnisse ist es nie zu spät. Auch nicht, wenn man 30 Jahre alt ist und noch immer auf höchstem Niveau Hockey spielt, den Studentensport, in dem die meisten ihren Leistungshöhepunkt mit Mitte 20 erreichen. Und so hat Dominic Giskes mit einiger Freude festgestellt, dass es auch mal ganz schön sein kann, nur Mitspieler zu sein und die einem zugeteilten Aufgaben zu erfüllen, anstatt eine Mannschaft führen zu müssen. Wobei eine Präzision unerlässlich ist: Mitspieler heißt in Giskes’ Fall mitnichten Mitläufer.
Das wäre schon deshalb ein falscher Begriff, weil nicht viele Bundesligaspieler in der Lage sein dürften, mit dem Tempo mitzuhalten, das der Abwehrspieler des Uhlenhorster HC vor allem in der Rückwärtsbewegung anschlägt. Aber auch ungeachtet seiner körperlichen Konstitution ist Giskes keiner, der sich in der Masse verstecken will. Er fällt auf, auch weil er sich aktiv in den Spielaufbau einbringt. Trotzdem ist er in der Auswahl von Cheftrainer Kais al Saadi nicht der Führungsspieler, der er bei seinem Exclub war, und das hat seinen Grund. Giskes wagte nämlich im Herbst seiner Karriere den Schritt von einem Absteiger zu einem Titelkandidaten.
Im Frühjahr erhielt Giskes einen Anruf al Saadis. Dem UHC drohte der Abgang der gesamten Verteidigung, daher musste Verstärkung her. Giskes, der seit seinem 1998 vollzogenen Wechsel aus Wuppertal, wo er als Siebenjähriger erstmals den Krummstock in die Hand nahm, für den Düsseldorfer HC (DHC) spielte, hatte in vielen Spielen gegen den Hamburger Traditionsclub auf sich aufmerksam gemacht. „Ich halte ihn für einen der besten Verteidiger der Bundesliga“, sagt al Saadi.
Giskes rechnet für Sonnabend mit einem engen Spiel und einem knappen Sieg
Einfach war es allerdings nicht, ihn zu den „Uhlen“ zu locken. „So ein Vereinswechsel ist in meinem Alter nicht so leicht umzusetzen wie bei einem 20-Jährigen“, sagt Giskes. Er war kurz vor dem Abschluss seines Sportmanagementstudiums in Bochum, hatte einen interessanten und einkömmlichen Nebenjob und sein Herz an den DHC vergeben sowie an die in Köln auf Lehramt studierende Freundin. Und doch war da im Hinterkopf seit Jahren der Gedanke gereift, sich auch mal aus dem vertrauten Umfeld herauszuwagen und mit einem Topclub der Bundesliga um Titel zu spielen.
Seit Sommer ist für jeden nun ersichtlich, dass die Abenteuerlust gesiegt hat. Giskes, der als Trauzeuge des UHC-Nationalspielers Oliver Korn schon lange einen Draht nach Hamburg hatte, hat sich etabliert im Team des Vizemeisters. Die Fernbeziehung mit der Freundin klappt, er arbeitet 25 Stunden pro Woche als Fitnesstrainer beim „Gesundheitskönig“ am Hopfenmarkt, gibt im UHC Jugendtraining. Das Studium beendet er als Fernstudent, in seiner Wohnung am Glindweg in Winterhude, die er mit seinem zwei Jahre jüngeren Bruder Daniel teilt, fühlt er sich so wohl, dass er heute den Schritt nach Hamburg als „absolut richtig“ bewerten kann.
Gestaunt hat er anfangs über die Intensität und Qualität des Trainings. „Sportlich war der Wechsel ein Quantensprung“, gibt er zu. Sein Ziel, möglichst selten auf der Bank zu sitzen, hat er bislang erreicht. Die körperliche Fitness ist das große Plus des ehemaligen U18-Nationalspielers. Nach einem schweren Jochbeinbruch, erlitten in der vergangenen Hallensaison, musste er im Sommer erneut operiert werden und vier Wochen pausieren.
Der Trainingsrückstand warf ihn zwar zurück, doch mit dem unbändigen Willen, auch mangelnde technische Fertigkeiten mit Fleiß und Einsatzbereitschaft zu kompensieren, schaffte Giskes, den alle nur „Domme“ nennen, den Sprung in die Stammelf, in der er bevorzugt auf der linken Außenverteidigerposition eingesetzt wird. Aber auch als Innenverteidiger-Ersatz für seinen ebenfalls aus Düsseldorf stammenden Vorgänger Jan Simon hat er schon mit Bravour ausgeholfen.
Klare Zielformulierung: Der UHA will Titel gewinnen
Ein Blick von außen auf das Hamburger Hockey kann erfrischend sein, und so geht Dominic Giskes an diesem Sonnabend (16 Uhr, Wesselblek) unvoreingenommen ins Stadtderby mit dem Harvestehuder THC. „Natürlich weiß ich, dass dieses Derby für alle im UHC das wichtigste Duell der Saison ist. Ich freue mich darauf, denn Rivalität spornt an“, sagt er. Aus dem Westen kennt er zwar Derbys gegen Köln, Mülheim und Neuss. „Sie nun in der eigenen Stadt zu erleben ist für mich eine neue Erfahrung. Ich glaube an ein enges Spiel und einen knappen Sieg.“ Der ist auch vonnöten, will der holprig in die Saison gestartete UHC den Anschluss an die zum Endrundenstart berechtigenden Top-vier-Plätze nicht verlieren. Der HTHC, dem Tobias Lietz und Kilian Pöhling mit Muskelfaserrissen fehlen, ist mit vier Zählern Vorsprung auf den Fünften UHC Dritter.
Das Ziel, Titel zu gewinnen, ist beim UHC klar formuliert. Die Feldmeisterschaft konnte der Club noch nie erobern. Giskes freut sich aber ebenso sehr auf die Euro Hockey League an Ostern, und noch mehr auf die Hallensaison. Unterm Dach spielt er am liebsten im Sturm. Er hat ein Herz für Torjäger; es sei denn, sie sind seine Gegner. Aber das ist keine neue Erkenntnis.