Hamburg. Die Hockeyherren des Uhlenhorster HC hadern nach dem 3:3 im Derby gegen den HTHC mit ihrer Chancenverwertung.
Der einzige Spieler in Weinrot und Hellblau, der sich am Sonnabendnachmittag mit dem Ergebnis eines energiegeladenen Bundesliga-Stadtderbys abfinden konnte, war Moritz Polk, und das musste man verstehen. Vier Jahre hatte der Hockeynationalspieler schließlich den schwarz-gelben Dress des Harvestehuder THC getragen, ehe er in diesem Sommer zum ärgsten Rivalen Uhlenhorster HC gewechselt war. Vor seinem ersten Duell mit den alten Kollegen hatte sich der 25 Jahre alte Außenverteidiger ein Interviewverbot auferlegt, um nicht unnötig Öl ins Feuer zu gießen – obwohl das bei einem Menschen seines Intellekts nicht befürchtet werden musste. Doch weil Polk Profi ist, wollte er zunächst Taten sprechen lassen.
Um es vorweg zu nehmen: Polk spielte beim 3:3 (2:3) keine Hauptrolle, aber einen sehr soliden Part. Und weil er keiner ist, der verbal provoziert, verlebte er einen ruhigeren Nachmittag, als es die Aufregung vor dem Spiel hätte erwarten lassen. „Das Gefühl war schon ganz anders als vor allen anderen Bundesligaspielen, aber meine Mit- und Gegenspieler haben es mir leicht gemacht“, sagte er. Das Ergebnis versuchte er so sachlich wie möglich einzuordnen: „Objektiv gesehen hätten wir gewinnen müssen. Aber aus meiner subjektiven Sicht war das 3:3 okay.“
Mit dem objektiven Teil seiner Bewertung konnten sich alle dem UHC zugewandten und auch die neutralen Beobachter unter den rund 1000 Zuschauern identifizieren. Der UHC musste sich nach einer zweiten Halbzeit, die Cheftrainer Kais al Saadi als „die beste der gesamten Hinrunde“ einstufte, immerhin einen Vorwurf gefallen lassen: Wie viele Torchancen man sich gegen einen defensiv gewohnt sicher stehenden Topgegner wie den HTHC noch erarbeiten will, um daraus das verdiente Kapital zu schlagen?
UHC-Spielgestalter Moritz Fürste hatte sich nach der Partie dennoch dafür entschieden, das Positive herauszustreichen. „Mit der Art und Weise, wie wir gespielt haben, können wir zufrieden sein“, sagte der 31-Jährige, der mit einer verwandelten Strafecke neun Minuten vor Spielende immerhin das Unentschieden gesichert hatte. „Wir haben endlich einmal das gespielt, was wir uns vorgenommen hatten, und hatten zudem eine positive Stimmung. Darauf müssen wir aufbauen“, sagte er.
Was das Problem des amtierenden Vizemeisters ist, hatte man in der ersten Halbzeit vor Augen geführt bekommen. Zunächst war da die chronische UHC-Krankheit, direkt nach einem Tor – der agile Nationalstürmer Florian Fuchs traf im Anschluss an die erste Strafecke zur frühen Führung (5.) – ein Gegentor zu kassieren. David Goodfield (7.) staubte nach der ersten HTHC-Ecke zum 1:1 ab. Und dann gab es zwei kollektive Aussetzer (Polk: „Da haben wir fünf Minuten komplett verschlafen“), in denen Tim-Oliver Linsmeier (14.) und HTHC-Regisseur Tobias Hauke (18.) defensive Unachtsamkeiten eiskalt nutzten. In dieser Phase war das neue HTHC-System, aus einer massiven Defensive heraus im schnellen Umschaltspiel auf überfallartige Konter zu setzen, bestens zu erkennen. Selbst bei eigener Unterzahl schaffte es die Auswahl von Cheftrainer Christoph Bechmann in einer Situation, mit fünf Angreifern gegen zwei UHC-Abwehrspieler zu kontern.
Dennoch war Bechmann fair genug, das 3:3 als Punktgewinn einzustufen; auch weil sein Team in der zweiten Halbzeit völlig den Faden verlor. „Am Schluss hat der UHC das Spiel klar bestimmt. Wir können uns bei Tobi Walter bedanken, dass wir hier einen Punkt mitnehmen“, sagte er. Tatsächlich hielt der Nationaltorhüter mehrfach so überragend, dass er selbst die UHC-Fans zu Szenenapplaus herausforderte.
Al Saadi wollte seiner Mannschaft, für die Niklas Bruns (22.) per Ecke das 2:3 erzielt hatte, keine Vorwürfe machen. „Ich bin traurig, dass sich die Jungs nicht belohnt haben. Aber wir werden nicht vergessen, wie viel Zusammenhalt wir gezeigt haben, und werden dieses Gefühl in die Rückrunde mitnehmen.“ Die beginnt am 19. März, und obwohl der UHC mit vier Zählern Rückstand auf die für die Endrundenteilnahme berechtigenden Top-vier-Plätze ins Rennen geht, herrschte am Sonnabend großer Optimismus. „Wir haben eine Scheiß-Hinrunde gespielt und trotzdem 18 Punkte geholt“, sagte Fürste, „wir haben noch viel Arbeit vor uns, aber das ist zu schaffen.“
Al Saadi versuchte, aus der Moral seines Teams eine Formel für die Aufholjagd abzuleiten. „Wir haben bewiesen, dass uns Rückstände überhaupt nichts ausmachen. Das ist eine psychologische Komponente, die wichtig ist“, sagte er. Moritz Polk war dagegen einfach nur froh, das Spiel gegen die Vergangenheit hinter sich zu haben. „Bis zum Rückspiel wird Gras über meinen Wechsel gewachsen sein“, sagte er.