Mönchengladbach. Lucien Favre ist zurückgetreten. Die Verantwortlichen hatten dies abgelehnt. Juristen sprechen von vertragswidriger Eigenkündigung.
Lucien Favre ist nicht mehr Trainer von Borussia Mönchengladbach. Dafür hat nicht der Verein sondern Favre selbst gesorgt. Mit seiner eigenwilligen Entscheidung hat der Trainer für einen der groteskesten Rücktritte in der Fußball- Bundesliga gesorgt. Der gute Ruf des Schweizers ist nach dem überraschenden Schritt erheblich beschädigt. „Das trifft uns alle vor den Kopf“, sagte Borussia Mönchengladbachs Vize-Präsident Rainer Bonhof, der am Sonntagabend wie seine Kollegen von Favres Demission überrascht wurde.
Tenor der ersten Reaktionen von Fans und Beteiligten: Der Trainer hat sein Team im Stich gelassen und die Krise mit dem Abgang nur verschärft. Aus seiner Sicht wollte Favre Konsequenz zeigen und wohl weiteren sportlichen Schaden vom Verein abwenden. Mönchengladbach wird um 14 Uhr eine Pressekonferenz geben.
Favres Chronologie bei der Borussia
Was ist passierte am Sonntag? Der Trainer hatte am Tag nach dem verlorenen Derby beim 1. FC Köln - nicht erstmals in seiner viereinhalbjährigen Amtszeit bei Borussia Mönchengladbach - ein Rücktrittsgesuch bei den Verantwortlichen des Clubs eingereicht. Dies lehnte die Borussia ab. „Wir haben gehofft, dass wir ihm auch dieses Mal überzeugen können, bei uns und mit uns weiterzumachen“, erklärte Präsident Rolf Königs.
Favres Alleingang
Favre, der noch bis 2017 unter Vertrag steht, wählte aber einen anderen Weg. Er übermittelte seine Entscheidung gemeinsam mit Berater Jose Noguera am Sonntagabend zunächst telefonisch der Deutschen Presse-Agentur und ließ kurz darauf eine schriftliche Erklärung veröffentlichen. „Damit hat er Fakten geschaffen“, sagte Bonhof. Der Club wurde daraufhin von den Medien informiert und bestätigte den Rücktritt einige Zeit später.
Doch ist dieser Schritt überhaupt mit dem Vertrag rechtlich möglich? Juristen sagen zwar, dass es eine "vertragswidrige fristlose Eigenkündigung" gewesen sei. Aber das hilft der Borussia im Augenblick nicht. Es ist nicht vorstellbar, dass Favre seine Arbeit im Borussia-Park fortsetzt.
Den Wortlaut der Erklärung gibt es hier
Im Mannschaftskreis löste die Nachricht Bestürzung aus. „Ich bin geschockt und verwundert. Favre kennt sich im Abstiegskampf doch aus“, sagte Borussenprofi Andrè Hahn der „Bild“-Zeitung. Die Spieler waren davon ausgegangen, dass sie mit dem Trainer aus der Krise kommen. „Wer Lucien Favre kennt, weiß, dass er nicht der Typ ist, der alles hinwirft, und uns im Stich lässt“, sagte Mittelfeldspieler Granit Xhaka am Sonnabend nach dem 0:1 in Köln. Auch Max Eberl betonte: „Wir gehen da gemeinsam durch.“
Doch da hatte Gladbachs Sportdirektor die Rechnung ohne den oft zweifelnden und nachdenklichen Coach gemacht. Über die Gründe von Favres zu diesem Zeitpunkt überraschenden Abgang nach viereinhalb erfolgreichen Jahren lässt sich reichlich spekulieren. Einen Einblick in sein Seelenleben ließ Favre nie zu. Allenfalls in Schweizer Medien äußerte er sich hin und wieder über Privates und Gefühle.
Hat Favre Glauben an die Mannschaft verloren?
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Möglicherweise - und das wäre für Borussia fatal - hat der Trainer den Glauben an die Stärke seiner Mannschaft verloren und erkannt, dass bei der Kaderzusammenstellung im Sommer nicht alles gepasst hat. Vielleicht wollte er damit auch dem Club zuvorkommen, der mit weiteren Niederlagen in der Trainerfrage immer mehr unter Druck geraten wäre. Zwar sagte Eberl, dass Favre „unrauswerfbar“ sei. Aber was wäre nach sieben oder acht Pleiten gewesen?
Der ehemalige Bundestrainer Vogts wünscht sich bei seinem langjährigen Klub derweil die einstige BVB-Trainer-Ikone Jürgen Klopp als Favre-Nachfolger. „Borussia hat ein Team, das man nach oben bringen kann, es muss nur wach gerüttelt werden. Jürgen Klopp wäre der ideale Mann dafür“, sagte Vogts der Rheinischen Post: „Mein Rat wäre, ihn zu holen.“ Allerdings will der 48-Jährige ein Sabbatjahr einlegen und lehnte zuletzt bereits lukrative Offerten ab.
Vogts bringt Klopp ins Gespräch
Denkbar ist aber auch, dass der Schweizer nach den intensiven Jahren im Club mit Fast-Abstieg bis hin zur Champions-League-Teilnahme einfach ausgelaugt ist und nicht mehr die Kraft spürt, das Ruder in dieser Situation noch einmal rumzureißen.
Der ehemalige Bundestrainer Vogts wünscht sich bei seinem langjährigen Klub derweil die einstige BVB-Trainer-Ikone Jürgen Klopp als Favre-Nachfolger. „Borussia hat ein Team, das man nach oben bringen kann, es muss nur wach gerüttelt werden. Jürgen Klopp wäre der ideale Mann dafür“, sagte Vogts der Rheinischen Post: „Mein Rat wäre, ihn zu holen.“ Am Montag sagte aber Klopps Berater Marc Kosicke der "Sport Bild": „Jürgen Klopp wird nicht Trainer von Borussia Mönchengladbach.“ Und beendet so die ersten Gerüchte um eine Bundesliga-Rückkehr des Erfolgstrainers.
Doch wer könnte Nachfolger werden? Thomas Schaaf, Mirko Slomka, Jos Luhukay, Horst Steffen und Felix Magath werden derzeit in vielen Medien gehandelt. Bis zum Heimspiel am Mittwoch gegen den FC Augsburg dürfte aber noch kein Favre-Nachfolger gefunden sein. Somit dürfte es zunächst eine Interimslösung geben.