Aachen. Millionenpferd wird Opfer seiner eigenen Hinterbeine, aber auch der Willkür der Punktrichter. Nur Bronze für deutsche Dressur-Equipe.
Kristina Bröring-Sprehe winkte beinahe mechanisch ins Publikum, Totilas-Reiter Matthias Rath hatte Stunden nach seiner fragwürdigen Benotung das Stadion bereits verlassen: Nachdem auch Schlussreiterin Bröring-Sprehe mit Desperados das Gold bei der Dressur-EM in Aachen nicht retten konnte und auf den Bronzerang geritten war, war die Enttäuschung im Lager von Titelverteidiger Deutschland groß. Ein hochdramatischer Tag mit einer fragwürdigen Bewertung von Totilas und Rath war ohne Happy End zu Ende gegangen. "Das haben wir uns anders vorgestellt. Wir hatten Gold als Ziel", sagte Bundestrainerin Monica Theodorescu in der ARD.
Vor 20.000 Zuschauern brachten es Bröring-Sprehe (Dinklage) mit Desperados, Matthias Rath (Kronberg) mit Totilas, Jessica von Bredow-Werndl (Aubenhausen) mit Unee und Isabell Werth (Rheinberg) mit Don Johnson auf 231,157 Punkte und verpassten damit ihr 23. Gold in der EM-Geschichte.
Der Sieg ging überraschend an die Niederlande (235,629). Überragender Reiter bei den Oranjes war der ehemalige Dreifach-Weltmeister Edward Gal, der mit Undercover (82,229) glänzte. Silber ging an Großbritannien (234,443) um Doppel-Olympiasiegerin Charlotte Dujardin, die mit Valero für das beste Einzelresultat sorgte (83,243).
"Die anderen beiden Nationen waren besser"
"Ich habe versucht, alles zu geben, aber es hat leider nicht gereicht", sagte Schlussreiterin Kristina Bröring-Sprehe, die mit Desperados für das beste Teamergebnise sorgte (79,986). "Unser Traum war natürlich Gold, aber die anderen beiden Nationen waren besser", das muss man anerkennen", sagte Rath.
In der Einzelwertung setzte sich Bröring-Sprehe hinter Charlotte Dujardin und Gal auf Platz drei. Rath (75,971), von Bredow-Werndl (75,200) und Werth (74,786) folgten auf den Plätzen sechs, zehn und 13. Am Sonnabend (Grand Prix Special) und Sonntag (Kür) werden in der Soers Einzelmedaillen vergeben.
Stimmung schlägt nach Totilas-Ritt um
Am Nachmittag hatte es großen Wirbel um die Benotung von Rath und Totilas gegeben. Zunächst hatte der 31-Jährige nach seinem Ritt gejubelt und sich vom begeisterten Publikum feiern lassen. Doch als das Ergebnis der Richter durchgesagt wurde, schlug die Stimmung um. "Mein Gefühl lag bei 80 Prozent", brachte Monica Theodorescu die Stimmung auf den Punkt.
Rath selbst konnte die Bewertung ebenfalls nicht verstehen. "Ich war mit der Prüfung eigentlich zufrieden. Natürlich kann man überall sagen, man will es besser haben. Aber wie man jetzt auf diese Prozentzahl kommt, kann ich auch nicht erklären", sagte der Kronberger. Am Ende blieb ein großer Frust. Nach vier Jahren voller Pleiten, Pech und Pannen wollte das Paar in Aachen endlich Gold, doch am Ende platzte der Traum erneut.
Wieder Frust wegen deutscher Richterin
Besonders auffallend war, dass die Richter am Viereck völlig unterschiedlich werteten. 8,5 Prozent lagen zwischen ihrem Votum - völlig aus dem Rahmen. Und ausgerechnet der Brite Andrew Ralph Gardner setzte Totilas mit der höchsten Punktzahl von 80,1 Prozent auf Rang eins, während die deutsche Richterin Katarina Wüst ihn mit nur 72,9 Prozent nur auf Rang elf sah. Erstaunlich: Wüst hatte sogar Werth am Mittwoch um fünf Prozent besser bewertet als Rath mit Totilas.
Einig waren sich die Experten jedoch darin, dass der 15 Jahre alte Millionenhengst Totilas seine Hinterbeine nicht gleich stark belastete. "Bei der Trabverstärkung war er hinten nicht ganz im Takt", räumte Rath ein. Für den deutschen Equipechef Klaus Roeser war das "nichts Neues. Es war bekannt, dass er im starken Trab nicht ganz taktrein war".