Hamburg. Der Spanier bezwingt Fabio Fognini in einem atemberaubenden Finale mit 7:5 und 7:5. 7500 Zuschauer waren begeistert.
„Was für ein geiles Tennismatch!“ Michael Stich war bei der Siegerehrung für Rafael Nadal genau so euphorisch wie die 7500 Zuschauer auf dem voll besetzten Centre-Court am Rothenbaum. Sie standen, sie klatschten, sie johlten. 2:34 Stunden lang bekämpften sich Nadal und der Italiener Fabio Fognini im besten Endspiel, das die traditionsreiche Anlage an der Hallerstraße seit dem Finale zwischen Nadal und Roger Federer im letzten Mastersjahr 2008 gesehen hat. Da schloss sich auch ein Kreis.
Das Finale 2015 war ein Auf und Ab auf höchstem Niveau, das die Fans teilweise von den Sitzen riss. „Großes Tennis“, im wahrsten Sinne der Redensart. Am Ende hatte der spanische Superstar irgendwie 7:5, 7:5 gewonnen, sank auf die Knie und riss die Arme in den Himmel. „Ich bin total glücklich, dieser Titel ist wirklich sehr wichtig für mich.“
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Er wusste ja selbst nicht so richtig, wo er eigentlich stand. Nach der Zweitrundenniederlage in Wimbledon gegen Dustin Brown, dem Absturz auf Platz zehn der Weltrangliste, „nur“ zwei unterklassigen Turniersiegen in dieser Saison. Da begann selbst der beste Sandplatzspieler der Gegenwart an sich zu zweifeln. Bis Hamburg: „Es war genau die richtige Entscheidung, hierherzukommen, ich bin von Runde zu Runde besser geworden und habe ab dem Halbfinale auf dem richtigen Niveau gespielt“, sagte der Mallorquiner, der so auch sein Antrittsgeld von geschätzt 350.000 Euro durchaus wert war. Diese steigende Form musste am Sonnabend in der Vorschlussrunde bereits der Südtiroler Andreas Seppi bei seiner 1:6, 2:6-Niederlage anerkennen, als Nadal die Linien traf, wie er wollte.
Dass es gegen Fognini, den Rothenbaum-Sieger von 2013, schwerer würde, war Nadal allerdings klar: „Er hat mich in diesem Jahr schon zweimal geschlagen, er ist ein exzellenter Spieler, ich habe erwartet, dass es hart wird.“
Das wurde es, von Anfang an. Zwölf Minuten dauerte allein das erste Spiel. Lange Ballwechsel von der Grundlinie, Volleys, Passierschläge, Stopps, Lobs – beide boten alles, was das Tenniszuschauerherz begehrt. Fognini hatte mehr Druck in seinen Grundschlägen, Nadal mehr Spin und Genauigkeit. Beide kratzten noch Bälle aus den Ecken, die jeder im Stadion schon gedanklich aufgegeben hatte. Es war ein „Ah!“ und „Oh!“ der Sandplatztenniskunst, das im ersten Satz mit jeweils zwei Breaks begann und endete, als Fognini durch Nadals Vorhandwinner genau ins Eck zum dritten Mal seinen Aufschlag zum 5:7 verlor. Und nicht anders konnte, als seinem Gegner für diesen Schlag fair zu applaudieren.
Auch der Weltranglisten-32. spielte eine großartige Woche, so wie es ihm bereits bei seinem Hamburg-Sieg 2013 gelungen war, als er im Endspiel gegen den Argentinier Federico Delbonis gewann. Im Halbfinale hatte er sich relativ glatt mit 6:2, 7:6 (7:2) gegen den französischen Qualifikanten Lucas Pouille durchgesetzt und war bereit für Nadal, voller Selbstvertrauen nach seinen Siegen gegen den Spanier in Rio und Barcelona. „Ich habe heute sehr gut gespielt, aber es war am Ende nicht gut genug“, sagte der vom Publikum ebenfalls gefeierte Italiener. „Ich habe heute gegen den besten Spieler der Welt auf diesem Boden verloren.“
300 Weltranglistenpunkte und ein Preisgeld von 140.560 Euro kassierte Fognini für seine Finalteilnahme. Nadal erhielt 311.775 Euro – die braucht er nicht wirklich. Wichtiger waren ihm die 500 Punkte für die Weltrangliste, die ihn von Platz zehn auf Rang neun klettern lassen. „Ich versuche, genug Punkte zu sammeln, um am Jahresende beim ATP-Finale der besten acht in London startberechtigt zu sein.“
Um wie viel es für die beiden Kontrahenten ging, wurde gegen Ende des zweiten Satzes klar, als Nadal beim Stand von 4:5 beim Seitenwechsel laut mit dem Schiedsrichter diskutierte. Fognini mischte sich ein, kam herüber, pöbelte mit großen Gesten zurück. „Das bleibt unter uns auf dem Platz, es gab halt eine Meinungsverschiedenheit“, sagte der Spanier. Danach allerdings verlor er kein Spiel mehr, wehrte erst zwei Satzbälle des Italieners ab, wehrte anschließend zwei Breakbälle ab und nutzte seinen ersten Matchball. Und Fognini? Der gab Nadal die Hand und schlug ihm anerkennend auf die Schulter. „Fabio hat sehr gut gespielt, es war ein Auf und Ab. Nach sieben Jahren hier wieder den Titel zu gewinnen ist besonders für mich“, sagte der Sieger bei der Ehrung und musste abbrechen: „Ich habe einen Krampf.“
Zur Gratulationskur war auch Innen- und Sportsenator Michael Neumann erschienen, der seine Dankesworte an das Publikum und Turnierdirektor Michael Stich gleich um ein kleines Stimmungsbild für die Hamburger Olympiabewerbung ergänzte: „Wer ist dafür?“ Der aufbrandende Applaus ließ keinen Interpretationsspielraum zu. Und so waren alle an diesem sonnigen Sonntagnachmittag glücklich. Der Turnierdirektor, die Spieler und die Fans, denen Stich auch noch einmal ausdrücklich dankte: „Was für ein geiles Publikum.“