Wimbledon. Das Finale zwischen Novak Djokovic und Roger Federer war das erhoffte Spektakel. Mit dem besseren Ende für den Becker-Schützling.
Mit seinem dritten Wimbledon-Triumph hat Novak Djokovic seinen Trainer Boris Becker eingeholt und wie schon vor einem Jahr die Hoffnungen von Roger Federer auf den Rekord-Titel zerstört. Der Weltranglisten-Erste aus Serbien bezwang am Sonntag in einem packenden Finale den siebenmaligen Wimbledon-Champion aus der Schweiz mit 7:6 (7:1), 6:7 (10:12), 6:4, 6:3 und feierte den dritten Triumph nach 2011 und 2014 beim bedeutendsten Tennisturnier der Welt.
Sein prominenter Coach hatte vor 30 Jahren zum ersten Mal beim Rasenklassiker gesiegt und den Coup 1986 und 1989 wiederholt. Rechtzeitig zum Finale präsentierte sich sein Schützling nun so stark wie nie während der vergangenen zwei Wochen. Nach 2:56 Stunden nutzte der 28-Jährige seinen ersten Matchball und wehrte wieder einmal den Angriff des einstigen Branchenprimus auf den achten Wimbledon-Titel ab. So muss sich Federer die Bestmarke von sieben Siegen im All England Club weiter mit Pete Sampras und William Renshaw teilen.
Vom Endspiel der Superlative war die Rede vom ultimativen Gipfeltreffen, vom Traumfinale schlechthin. Noch am Abend vor dem aufgeladenen Duell ließ sich Becker ins ZDF-Sportstudio zuschalten und befürchtete ein „anstrengendes“ Endspiel gegen den Besten aller Zeiten“. Auf die Frage, was er seinem Schützling kurz vor dem Match noch zuflüstern oder raten würde, sagte der 47-Jährige am Sonntag wenige Minuten vor dem Endspiel: „Gewinn’ das Match.“
Nervenaufreibende erste 45 Minuten
Um Punkt 14 Uhr betrat Djokovic ein paar Meter vor Federer die Arena, die Zuschauer erhoben sich von ihren Sitzen. All das Vorgeplänkel, alle Prognosen und Experten-Prophezeiungen zählten nichts mehr. Federer eröffnete mit einem Aufschlagsspiel zu Null, wirkte hochkonzentriert und absolut fokussiert auf sein großes Ziel.
Zum 4:2 gelang ihm ein Break, doch sein Kontrahent schlug sofort zum 4:3 zurück. Bei seiner 6:5-Führung hatte der Schweizer zwei Satzbälle, beide wehrte Djokovic mit einem Service-Winner ab und rettete sich in den Tiebreak. Dort gelang Federer plötzlich fast nichts mehr, 6:7 (1:7) hieß es nach 45 aufreibenden Minuten.
In den vergangenen zwei Wochen schien Federer zeitweise mit einer Leichtigkeit durch das Turnier zu schweben, die ihm zu seinen Glanzzeiten die Spitznamen Maestro oder Rasenkönig eingebracht hatten. Im Halbfinale demontierte er in einem der besten Spiele seiner Karriere den früheren Champion und Olympiasieger Andy Murray.
Doch in seinem zehnten Wimbledon-Finale stand er wieder der unnachgiebigen „Ballmaschine“ gegenüber, wie Philipp Kohlschreiber den Becker-Schützling nach seinem Erstrunden-Aus genannt hatte. Trat Djokovic bislang solide und ohne zu glänzen auf, so schaffte er es, rechtzeitig zum Kräftemessen mit dem Besten sein Niveau anzuheben.
Kaum zu überbietende Spannung
Im zweiten Durchgang sorgten beide Protagonisten für kaum zu überbietende Spannung. Beim Stand von 4:5 servierte Federer mit einem Doppelfehler Djokovic einen Satzball, wehrte den aber ab. Wieder ging es in den Tiebreak. Djokovic zog auf 6:3 davon. Dann aber folgten einige dieser Federer-Momente, die den Schweizer in der Vergangenheit zum unbestrittenen Herrscher des Herren-Tennis gemacht hatten.
Insgesamt sieben Satzbälle wehrte Federer ab, ehe er seinen zweiten zum 12:10 im Tiebreak verwandelte. Seine Frau Mirka und sein Coach Stefan Edberg, der selbst zweimal die Rasenfestspiele in SW 19 gewonnen hatte, sprangen applaudierend von ihren Sitzen auf.
Die 15.000 Zuschauer, unter ihnen IOC-Präsident Thomas Bach und Formel-1-Weltmeister Lewis Hamilton, wurden prächtig unterhalten. Für zusätzlichen Nervenkitzel sorgte im dritten eine 20-minütige Unterbrechung wegen eines kurzen Regenschauers. Das Dach über dem Centre Court aber blieb geöffnet, Djokovics Konzentration ungestört. Federer fand keine Mittel mehr gegen den bärenstarken Serben. Zwölf Jahre nach seinem ersten Wimbledonsieg blieb ihm der achte verwehrt, während sich der Djokovic-Anhang mit Becker in den Armen lag. (sid)