Baku. Staatsrat Holstein und Olympia-Bewerbungschef Hill präsentieren die Pläne der Stadt. Viele Funktionäre zeigten Interesse.
Da gab es diesen kurzen Moment, der Heidrun Tempel die Gesichtszüge entgleisen ließ. Patrick Hickey, Präsident des Europäischen Olympischen Komitees (EOC), hatte in der den Iren eigenen Art schwarzen Humors den deutschen Steuerzahlern dafür gedankt, „dass sie es uns ermöglichen, auf ihre Kosten zu essen und zu trinken“. Das Gelächter unter den 150 geladenen Gästen war groß – und es war an Michael Vesper, dem Generaldirektor des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), zu versichern, dass der Empfang in der Residenz von Frau Tempel, der deutschen Botschafterin in Aserbaidschan, anlässlich der ersten Europaspiele der Geschichte keinesfalls vom Steuerzahler, sondern von Sponsoren finanziert wurde.
Hickeys nicht ganz ernst gemeinte Provokation unterstrich, wie gelöst die Stimmung unter den vielen Funktionären aus dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC), dem EOC und dem DOSB war. IOC-Präsident Thomas Bach hob in seinem Grußwort hervor, „dass nur der Sport es schafft, dass Athleten aus der Ukraine und Russland, aus Armenien und Aserbaidschan oder aus Serbien und dem Kosovo zu friedlichen Wettkämpfen zusammenkommen“. Und Willi Lemke, einst Manager von Werder Bremen und heute bei den Vereinten Nationen als Sonderberater für Sport im Dienste von Frieden und Entwicklung tätig, fasste die allgemeine Stimmungslage prägnant zusammen: „Es ist über das Thema Menschenrechte alles gesagt worden, jetzt muss der Sport als völkerverbindendes Element im Vordergrund stehen, auch wenn wir uns weiter darum bemühen, die drängenden Probleme zu lösen.“
Im Garten der auf einer Anhöhe über der Altstadt Bakus gelegenen Residenz nutzten die Gäste das Beisammensein, um Kontakte zu knüpfen. Allen voran Hamburgs Sportstaatsrat Christoph Holstein und Nikolas Hill, Chef der Olympiabewerbungs GmbH, die seit Donnerstag in Baku sind und an diesem Montag zurückfliegen. Als Delegation des deutschen Kandidaten für die Ausrichtung der Sommerspiele 2024/2028 wollen die beiden zuhören und schauen, wie Aserbaidschan die ersten Europaspiele zu einem Erfolg machen will. „Wir werben nicht offensiv für Hamburg, weil wir mit unserem Ansatz, Zurückhaltung zu zeigen, bislang gut gefahren sind“, sagte Holstein.
Dennoch zeigten viele Funktionäre Interesse an den Plänen der Stadt. Der frühere Weltklasse-Stabhochspringer Sergej Bubka, der das NOK der Ukraine anführt und im August neuer Präsident des Leichtathletik-Weltverbands IAAF werden will, war ebenso interessiert wie Sebastian Coe, zweifacher 1500-Meter-Olympiasieger und Chef des Organisationskomitees der London-Spiele 2012, der sich im „Spiegel“ Korruptionsvorwürfen im Zusammenhang mit der Vergabe der Europaspiele nach Baku ausgesetzt sieht. Was wiederum eins deutlich machte: dass die Diskussionen um den Gastgeber nicht abreißen werden, sosehr sich die hohen Sportfunktionäre dies auch wünschen.