Hamburg. Seltene Dramatik im Abstiegskampf: Auch die Coaches der HSV-Konkurrenten Paderborn, Stuttgart, 96 und Freiburg geben alles.
Vier Spieltage vor dem Saisonende scheint die Bundesliga entschieden. Meister? Natürlich, die Bayern. Gähn. Champions League? Der VfL Wolfsburg, Bayer Leverkusen und Mönchengladbach. Die beiden Letztgenannten streiten nur noch um die Reihenfolge, aber ansonsten: langweilig. Und die Europa League? Die interessiert zwar keinen, aber ein wenig spannend bleibt zumindest die Frage, ob Dortmund tatsächlich noch Schalke einholen kann. Ansonsten. Gähn, Gähn und Gähn. So langweilig war die Bundesliga noch nie? Von wegen!
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Denn Hochspannung bis zum letzten Spieltag garantiert in diesem Jahr der Abstiegskampf. Während es in der vergangenen Saison lediglich darum ging, welche von den drei schlechten die beiden schlechtesten waren – aus Hamburger Sicht Gott sei Dank Braunschweig und Nürnberg – gibt es in dieser Saison einen echten Fünfkampf. Zwischen Schlusslicht Stuttgart und dem Tabellen-14. SC Freiburg liegen gerade mal zwei Punkte. Nicht mal ein Sieg.
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Und was so ein einziges Erfolgserlebnis bewirken kann, das hat Bruno Labbadia eindrucksvoll beim HSV bewiesen. Doch auch Labbadias Kollegen Huub Stevens (VfB Stuttgart), Christian Streich (SC Freiburg), Michael Frontzeck (Hannover 96) und André Breitenreiter, der mit Paderborn am Sonntag 2:2 gegen Bremen spielte, sorgen dafür, dass diese Bundesligasaison alles andere als langweilig wird.
Stuttgarts Trainer Huub Stevens war noch dem 2:2 seines VfB gegen den SC Freiburg „fassungslos, wenn man so ein Spiel aus der Hand gibt. Ich habe das in der ersten Halbzeit gesehen, dass das kommen würde. Ich habe sie davor gewarnt. Aber ich habe gegen die Wand geredet“, beschwerte sich der frühere Hamburger mit grimmiger Miene. Was Stevens so auf die Palme brachte: Bei einem Heimsieg wäre der VfB zumindest für eine Nacht erstmals seit 77 Tagen von den direkten Abstiegsrängen gekommen.
Doch weil Freiburgs Nils Petersen mit seinem Doppelpack (58./Foulelfmeter und 85. Minute) die Führung durch Daniel Ginczek (24.) und Martin Harnik (27.) ausglich, ist Stevens Mannschaft am Ende dieses Wochenendes einer der größten Verlierer dieses Spieltags. Zudem muss der grantige Coach beim Auswärtsspiel auf Schalke kommende Woche auf Adam Hlousek verzichten, der erst den Strafstoß verursachte und nach 66 Minuten mit Gelb-Rot vom Platz musste.
Die Gesamtlage fand dann auch der frühere St. Paulianer Ginczek „echt zum Kotzen. Ich kann mir nicht erklären, warum wir so abfallen“, sagte der VfB-Angreifer bei „Sky“ nach seinem sechsten Tor in den vergangenen fünf Spielen.
Das VfB-Restprogramm: Schalke 04 (A), FSV Mainz 05 (H), HSV (H), SC Paderborn (A).
Freiburgs Christian Streich war nach dem 2:2 in Stuttgart allerdings keinesfalls besser gelaunt als sein Gegenüber Stevens. „Ich habe es nicht verstanden, der Mannschaft Zutrauen, Ruhe und Aggressivität zu geben. Wir haben in der ersten Halbzeit furchtbar gespielt und viele Dinge falsch gemacht. Aber es gibt nur einen Verantwortlichen: Und das bin ich“, räumte Streich offen ein und machte ein Gesicht, als wäre Freiburg gerade eben abgestiegen.
Er sei „maßlos enttäuscht“ und müsse jetzt erst einmal mit sich „in Klausur gehen“, fügte er niedergeschlagen an. So war Doppeltorschütze Nils Petersen der Einzige, der sich nach dem dramatischen Abstiegsfinale freuen konnte: „Natürlich bin ich glücklich. Zwei Tore gemacht, Punkt geholt“, sagte der 26-Jährige.
Freiburgs Restprogramm: SC Paderborn (H), HSV (A), Bayern München (H), Hannover 96 (A).
Hannovers Michael Frontzeck, erst seit vier Tagen im Amt, hatte allerdings auch nicht mehr zu lachen als seine Kollegen. Mit finsterer Miene schlurfte er am Sonnabend durch den Kabinentrakt. „Jetzt nicht“, brummte der „Feuerwehrmann“ von Hannover 96 wenige Minuten nach der bitteren 1:2-Niederlage gegen 1899 Hoffenheim in Richtung der Fernsehteams. 14 Spiele sind die 96er nun schon ohne Sieg – und das Restprogramm hat es in sich.
„Es ist eine enge Geschichte“, sagte Frontzeck, nachdem er kurz durchgeschnauft hatte: „Aber der Glaube ist ungebrochen. Wenn wir den Weg weitergehen, bin ich frohen Mutes, dass wir die nötigen Punkte holen, um die Liga zu halten.“ Doch der neuerliche Rückschlag schmerzte so richtig. Hoffenheims Anthony Modeste hatte 61 Sekunden (!) nach dem Anpfiff aus kurzer Distanz zur Führung für Hoffenheim getroffen, stand dabei aber klar im Abseits (2.).
Auch ein Zusammenprall von Salif Sané mit dem überragenden 1899-Keeper Oliver Baumann legte Schiedsrichter Günter Perl zugunsten der Gäste aus (70.). Doch trotz der Nackenschläge versuchte Frontzeck positiv zu bleiben. Jetzt werde sich „einmal geschüttelt, und dann fokussieren wir uns auf die nächste Aufgabe gegen Wolfsburg“, sagte der Trainer am Sonntag.
Das 96-Restprogramm: VfL Wolfsburg (A), Werder Bremen (H), FC Augsburg (A), SC Freiburg (H).
Paderborns André Breitenreiter stand ebenfalls am Sonntag sinnbildlich im Regen. „Heute hätte es nur einen Sieger geben dürfen, nämlich den SC Paderborn. Wir haben es verpasst, das Spiel vorzeitig zu entscheiden“, sagte Paderborns frustrierter Trainer nach dem unglücklichen 2:2 gegen Werder Bremen. Seine Mannschaft, die den Sprung auf einen Nicht-Abstiegsplatz verpasst hatte, ließ sich unterdessen im Dauerregen von Ostwestfalen für ihre starke Vorstellung von den Fans feiern.
Mario Vrancic (25.) mit einem Volleyschuss und Moritz Stoppelkamp (27.) hatten dem SCP Hoffnung auf den Befreiungsschlag gemacht. Davie Selke verkürzte für weitestgehend ideenlose Bremer (45.). Der kurz zuvor eingewechselte Izet Hajrovic (75.) besorgte den Ausgleich. Mit 28 Punkten liegt Paderborn zwar auf Platz 17, aber dennoch machte das Spiel Mut. „So werden wir noch weitere Punkte holen. Ob es dann reicht, muss man sehen“, so Breitenreiter.
Paderborns Restprogramm: SC Freiburg (A), VfL Wolfsburg (H), Schalke 04 (A), VfB Stuttgart (H)