Hamburg. Zum Rückrundenauftakt in der Feldhockey-Bundesliga verliert der EHL-Vizechampion das Derby beim Club an der Alster.
Der Mann des Spiels saß auf der Ersatzbank, ein Handtuch um die verschwitzten Schultern gelegt, sein rechtes Knie blutete, aber das störte ihn nicht. „Ich bin froh, dass ich der Mannschaft mit meinen Toren helfen konnte. Es soll auf jeden Fall so weitergehen“, sagte Philip Rothländer und grinste breit dabei. Der Auftritt des 21-Jährigen im Anschluss an das Stadtderby zum Rückrundenstart der Feldhockey-Bundesliga, das er mit seinem Club an der Alster 4:3 gegen den Uhlenhorster HC gewonnen hatte, knüpfte in Sachen Coolness nahtlos an das an, was Rothländer zuvor auf dem Feld gezeigt hatte. Mit seinen Treffern zum 1:0 (24.) und 3:2 (41.) führte er seine Farben zweimal auf die Siegerstraße, und er tat das mit einer Abgeklärtheit im Abschluss, die vermuten ließ, dass er niemals etwas anderes gemacht hat.
Tatsächlich spielt Rothländer, der vor zweieinhalb Jahren aus Bad Kreuznach zu Alster gewechselt war, erst seit einigen Wochen im Angriff des Traditionsclubs, der mit dem überraschenden, aber nicht unverdienten Derbysieg enormen Rückenwind im Klassenkampf erhält. „Im Trainingslager in Barcelona bin ich bei einem freien Trainingsspiel in den Sturm gegangen“, sagte Rothländer, der in Bad Kreuznach Stürmer war, von Alster-Cheftrainer Joachim Mahn aber als Abwehrspieler eingesetzt wurde. In den Testspielen traf er so oft, dass Mahn („Philip hat eine enorme Qualität im Abschluss“) die Umstellung als dauerhaft in Erwägung zog. Nun dürfte sich der Mann mit der Mittelstürmer-Rückennummer 9 in der Spitze festgespielt haben.
Die Heldengeschichte wäre allerdings nicht rund, würde man vergessen, den Namen Felix Reuß zu erwähnen. Der Nationaltorhüter dirigierte nicht nur lautstark seine teilweise indisponierten Vorderleute, sondern sorgte mit starken Paraden in Serie dafür, dass dem als Tabellenführer ins Spiel gestarteten UHC trotz acht Ecken und zahlreichen Torchancen aus dem Spiel heraus nur die Treffer von Carl Alt (35.), Florian Fuchs (38.) und Moritz Fürste (65., Ecke) gelangen. Zum Punktgewinn reichten diese nicht, weil die Defensivarbeit in keiner Phase des Spiels an die Qualität heranreichte, die die „Uhlen“ noch am Osterwochenende abgerufen hatten, als sie in der Euro Hockey League (EHL) das Finale erst im Penaltyschießen verloren.
„Es war klar, dass das erste Spiel nach der EHL schwer werden würde. Mit der Energieleistung meines Teams, das sich zweimal von Zwei-Tore-Rückständen erholt hat, bin ich sehr zufrieden“, sagte Cheftrainer Kais al Saadi, „aber wir haben nicht gut genug verteidigt, um so ein Spiel zu gewinnen.“ Mahn, dessen Team sich vor dem direkten Duell mit dem Tabellenvorletzten Düsseldorfer HC am kommenden Sonnabend einen Vorsprung von drei Punkten auf die Rheinländer erkämpfte, war mit der Einstellung seiner Mannschaft, die in der Hinrunde nur einen Sieg geschafft hatte, ebenso höchst zufrieden. „Wir haben ein ganz anderes Gesicht gezeigt, haben sehr geschlossen und mit Hingabe für das Spiel agiert“, lobte er. Den Ausfall von Nationalstürmer Christopher Rühr, der sich mit grippalem Infekt kurzfristig abgemeldet hatte, kompensierte seine Auswahl im Kollektiv – und dank der Treffsicherheit von Rothländer und den weiteren Torschützen Constantin Staib (26.) und Friedrich Gröpper (45.).
Ob die Partie anders verlaufen wäre, wenn Nationalstürmer Fuchs, der wegen kleinerer Blessuren ebenso wie Moritz Fürste den Auswahllehrgang in dieser Woche in England ausfallen lassen muss, in der 17. Minute statt des Innenpfostens ins Tor getroffen hätte? Oder wenn Angreifer Jonas Fürste nicht zwei Minuten zuvor mit einer Oberschenkelverletzung vom Platz gehumpelt wäre? Al Saadi wollte darüber nicht mutmaßen, er blickte bereits voraus auf den Sonnabend, wenn im nächsten Lokalduell der neue Tabellenführer Harvestehuder THC am Wesselblek gastiert. Der Titelverteidiger startete mit einem 8:1 in Düsseldorf in die Rückrunde und wird dem UHC mit breiter Brust entgegentreten.
Für Versöhnlichkeit im UHC-Lager sorgte der Fakt, dass die Damen des Vereins das Duell mit Alster 3:2 gewannen und damit den Anschluss an das durchweg siegreiche Spitzentrio hielten. Dabei machte es sich die Mannschaft von Chefcoach Claas Henkel, dem mit Lisa Altenburg, Katharina Otte, Yvonne Frank, Julia Dudorov (alle verletzt) und Jana Teschke (krank) fünf Nationalspielerinnen fehlten, unnötig schwer. Haarsträubendes Abwehrverhalten ermöglichte den Gastgeberinnen, durch Cosma Nouschirvan (52.) und Jessica Reimann (55.) die UHC-Führung durch Charlotte Stapenhorst (34.) und Kristina Hillmann (45., Ecke) auszugleichen. Erst ein Eckennachschuss von Vivien Tahal drei Minuten vor Spielende brachte den letztlich verdienten Sieg. „Wichtig sind nur die drei Punkte“, sagte Henkel.