Hamburg. Die Herren des Uhlenhorster HC verlieren in der Euro Hockey League ein dramatisches Endspiel gegen Eindhoven mit 6:7.
Ein kurzer Blick über seine rechte Schulter, und Nico Jacobi wusste, dass sie geschlagen waren, er und seine Mannschaftskameraden vom Uhlenhorster HC. Bob de Voogd, niederländischer Nationalspieler in Diensten des einheimischen Tabellenführers Oranje Zwart Eindhoven, hatte dem deutschen Nationaltorhüter den Ball im Nachschuss durch die Beine geschoben, von dort prallte das Spielgerät an den linken Innenpfosten und ins Netz. Es war der 22. Penalty, der das dramatische Endspiel der Euro Hockey League (EHL) am Ostermontag mit 7:6 zugunsten der Niederländer entschied und dem Rekordsieger aus Hamburg den vierten Titel in dem seit 2008 ausgetragenen Nachfolgewettbewerb des Landesmeistercups verwehrte.
„Das war ein unglaubliches Finale. Man denkt, man hat schon alles erlebt, und dann kommt so ein Ende“, sagte UHC-Cheftrainer Kais al Saadi. Tatsächlich war das Ausschießen, in dem zunächst fünf Spieler jedes Teams innerhalb von acht Sekunden inklusive Nachschuss den Ball im Tor unterzubringen versuchten und danach im K.-o.-Modus eins gegen eins weitergeschossen wurde, eine Nervenprobe der besonderen Art. Als fünfter Schütze scheiterte UHC-Stürmer Jonas Fürste an der Acht-Sekunden-Regel, weil die Uhr auf 0:00 sprang, als sich der Ball einen halben Meter vor der Torlinie befand. Erst der Videoschiedsrichter, der mehrmals zurate gezogen wurde, konnte die Zeitüberschreitung feststellen. Weil auch Eindhovens Thomas Briels nur die Latte traf, ging das Ausschießen in die nächste Runde. „Am Anfang war es nervenzerfetzend, am Ende wegen der vielen Videobeweise nur nervig“, sagte al Saadi. Torhüter Jacobi dagegen verspürte kaum besonderen Druck. „Ich verlasse mich immer auf meine Intuition. Zuschauen ist viel aufregender, als selbst im Tor zu stehen“, sagte er.
Dass es nach weiteren zehn Versuchen schließlich mit Moritz Fürste der Leitwolf des Teams war, dem der entscheidende Fehlschuss unterlief, wollte zu Recht niemand überbewerten. Immerhin hatte der Welthockeyspieler von 2012 zuvor zwei Penaltys und einen Siebenmeter nach Stockfoul gegen Jan-Philipp Rabente verwandelt. „Dass ich den dritten nicht reinmache, ist bitter, aber so ist es. Ich bin traurig und angesichts der Teamleistung unfassbar stolz zugleich“, sagte Fürste. Eindhovens Bob de Voogd, der als einziger Spieler seine drei Versuche allesamt verwandelte, sagte: „Natürlich hat man mehrere Varianten im Kopf, aber wenn man dann da steht, muss man erst einmal cool bleiben. Das war eine extreme Belastung, aber ich denke, wir haben uns den Sieg angesichts der Enttäuschung im Vorjahr verdient.“ 2014 hatte Oranje Zwart auf eigener Anlage das Finale nach Penaltyschießen gegen den Harvestehuder THC verloren. Der Titelverteidiger war im Achtelfinale mit 2:6 an Belgiens Topclub KHC Dragons gescheitert.
Mit der Dramatik, die das halbstündige Penaltyschießen bot, hatten die regulären viermal 17,5 Minuten des Endspiels auf der Anlage des im Halbfinale an Eindhoven gescheiterten zweimaligen EHL-Champions HC Bloemendaal nicht mithalten können. Der UHC hatte schwer ins Spiel gefunden und lag nach einem Tor von Matchwinner de Voogd verdient mit 0:1 zurück. In der zweiten Spielhälfte kämpften sich die „Uhlen“ jedoch zurück in die Partie und kamen durch einen flachen Schlagschuss von Niklas Bruns acht Minuten vor dem Spielende zum verdienten Ausgleich, der das irrwitzige Penaltyschießen ermöglichte.
Angesichts der Tatsache, dass sich seine Auswahl ohne Wettkampfpraxis auf dem Feld mit Siegen über Russlands Meister Dinamo Kasan (1:0), Kampong Utrecht (3:2) und Royal Daring aus Belgien (2:0) ins Finale vorgearbeitet hatte, durfte al Saadi ein durchweg positives Fazit ziehen. „Man versucht das Thema vor dem Turnier kleinzureden, aber natürlich war es ein klarer Nachteil, dass Belgier und Niederländer schon seit Wochen wieder auf dem Feld aktiv sind. Die Startschwierigkeiten hat man allen deutschen Teams angemerkt“, sagte der 38-Jährige. Der dritte Bundesligavertreter Rot-Weiß Köln war im Viertelfinale im Penaltyschießen mit 3:5 an Royal Daring gescheitert. Ein Sonderlob zollte der Coach seiner medizinischen Abteilung um die Physiotherapeuten Patrick Welker und Moritz Falcke. „Die haben rund um die Uhr gearbeitet, um die Jungs fit zu machen.“ Einzig bei Mittelfeldspieler Philip Witte, der sich im Halbfinale eine Oberschenkelblessur zugezogen hatte, misslang die Heilung.
An die Bundesliga, die für den UHC an diesem Sonntag (16.30 Uhr) mit dem Stadtderby beim Club an der Alster in die Rückrunde startet, wollten sie beim Tabellenführer nach Abpfiff und auch beim Empfang im Clubhaus am Montagabend noch keinen Gedanken verschwenden. Dass bei der Endrunde Anfang Juli in Hamburg der erste Feldmeistertitel der Clubgeschichte eingefahren werden soll, daran hat der Ausgang der EHL nichts verändert. „Ich hoffe, dass wir aus dieser Endrunde viel mitnehmen. Zum Beispiel, dass wir im Kollektiv verteidigen können, was viele ja immer bezweifeln“, sagte al Saadi. „Wir wollten die deutsche Meisterschaft vor der EHL gewinnen und wollen es jetzt immer noch“, sagte Jacobi, dessen letzter Schulterblick im nächsten Finale einzig dem gewonnenen Pokal gelten soll.