Seit 2004 hat Maria Scharapowa nicht mehr gegen ihre Angstgegnerin Serena Williams gewonnen. Und auch im Endspiel der Australian Open 2015 änderte sich das nicht. Williams hat jetzt Martina Navratilova und Chris Evert in der Grand-Slam-Rekordliste hinter sich gelassen.

Melbourne. Auf ihrer Ehrenrunde mit dem silbernen Daphne Akhurst Memorial Cup schreckte Serena Williams auch vor einer innigen Umarmung mit einem verkleideten fremden Fan nicht zurück. Der Mann mit grüner Perücke und Tennisbällen im Dekolleté drückte der ältesten Australian-Open-Siegerin in der Geschichte des Profi-Tennis nach ihrem Erfolg gegen Maria Scharapowa einen dicken Kuss auf die Wange.

Zum sechsten Mal nach 2003, 2005, 2007, 2009 und 2010 triumphierte die 33 Jahre und 127 Tage alte Amerikanerin Down Under und hat mit nun 19 Grand-Slam-Titeln die legendären Martina Navratilova und Chris Evert hinter sich gelassen. „Hier zu stehen mit 19 Grand-Slam-Siegen ist etwas, womit ich niemals gerechnet hätte“, sagte Williams in ihrer „wohl längsten Ansprache, die ich jemals gehalten habe“.

Einzig Rekordhalterin Steffi Graf hat mit 22 Siegen mehr Major-Titel. „Ich fühle mich so geehrt, das heute hier in einem meiner Lieblingsstadien geschafft zu haben“, rief Williams den Fans zu. „Das Publikum ist wirklich gut zu mir hier, das erfahre ich nicht überall. Mein Herz ist wirklich hier“, sagte die Siegerin, als sie um zehn Minuten vor Mitternacht Ortszeit zur Pressekonferenz erschien.

Eine Stunde und 51 Minuten brauchte die Weltranglisten-Erste in ihrem 23. Endspiel bei einem der vier wichtigsten Turniere für den 6:3, 7:6 (7:5)-Sieg gegen die bedauernswerte Scharapowa. Die 27 Jahre alte Russin verlor auch das 16. Match in Serie gegen ihre Dauerkontrahentin und hat von insgesamt 19 Partien nur zwei gewonnen – zuletzt 2004 bei der damaligen WTA-WM in Los Angeles.

„Es hat heute nicht gereicht, aber ich bin stolz auf die Leistung“, sagte die Australian-Open-Siegerin von 2008 und erwies sich bei der Siegerehrung als bemerkenswert faire Verliererin. „Ich gratuliere Serena dafür, Geschichte geschrieben zu haben. Es ist eine Ehre, gegen sie zu spielen“, sagte die Weltranglisten-Zweite gefasst.

Nach einem spielerisch eher mäßigen Finale hatte sie zuvor wieder einmal mit ansehen müssen, wie ihre Gegnerin nach dem Matchball erst ungläubig in Richtung Tribüne schaute und dann in bewährter Serena-Williams-Flummi-Manier in ihrem neongelb-pinken Kleid über den blauen Betonboden hüpfte. Dabei ging es der jüngeren der beiden Williams-Schwestern nicht nur in den vergangenen Tagen dreckig.

Im Interview des TV-Senders Channel 7 verriet die neue Australian-Open-Championesse, dass sie sich während der Regenpause beim Stand von 3:2 und 30:30 übergeben habe. Schon am Freitag hatte sie ihr Vormittagstraining abbrechen müssen, zeigte sich in der entscheidenden Phase der Partie dann aber nervenstark und abgeklärt.

Beim Stand von 5:4 vergab Williams ihren ersten Matchball und wurde von Scharapowa in den Tiebreak gezwungen. Beim 6:5 glaubte Williams, mit einem Ass das Spiel beendet zu haben. Doch die Stuhlschiedsrichterin hatte eine Berührung der Netzkante gesehen. Williams stemmte die Hände in die Hüfte, schaute die Britin Alison Hughes an und schien zu sagen: „Das ist jetzt nicht dein Ernst?“ Sie wiederholte ihren Aufschlag – und schlug erneut ein Ass. „In dem Moment dachte ich erst: Okay, ich soll dieses Turnier nicht gewinnen. Aber ich habe mich einmal geschüttelt und so hart aufgeschlagen wie ich konnte“, erzählte sie später.