Die Reaktionen auf das Chaos beim Fußball-Weltverband Fifa um die Bewertung der Korruptionsvorwürfe bei der Vergabe der WM-Endrunden 2018 und 2022 fallen international verheerend aus. Das miserable Krisenmanagement bringt auch Fifa-Boss Joseph S. Blatter in Bedrängnis.

Köln. Nach dem Eigentor des Fußball-Weltverbandes Fifa in der Aufarbeitung der Korruptionsvorwürfe bei den WM-Vergaben 2018 und 2022 kann sogar Fifa-Boss Joseph S. Blatter ins Abseits geraten. „Der offene Zwist zwischen den beiden entscheidenden Personen ist ein Zeichen dafür, dass das System nicht funktioniert, dass die Strukturen nicht ausreichend sind. Alles zusammen ist für mich ein Zeichen dafür, dass Blatter den Laden Fifa überhaupt nicht mehr im Griff hat“, sagte Anti-Korruptions-Kämpferin Sylvia Schenk von Transparency International zur peinlichen Posse.

Weltweit stießen die Einstufung der Untersuchungsergebnisse von US-Chefermittler Michael J. Garcia durch den Münchner Richter Hans-Joachim Eckert als Beleg für korrektes Verhalten der beiden nächsten WM-Gastgeber und Garcias prompter Widerspruch auf ein verheerendes Echo. „Die Fifa macht sich lächerlich“, meinte The Guardian, in Spanien titelte Marca von einem „Bürgerkrieg in der Fifa“ und beschrieb Sport „eine Zerreißprobe“. Die New York Times verspottete den gesamten Vorgang: „Eine Organisation lässt sich selbst überprüfen, und das Ergebnis: Bitte gehen Sie weiter, es gibt nichts zu sehen.“

Für die Londoner Times zwar „schlägt das Blatter-Imperium zurück“, doch selbst der von Blatter einst in die Fifa geholte und im Vorjahr abgetretene Reformer Pieth warnt seinen einstigen Chef vor verfrühter Erleichterung über einen vermeintlichen Schlussstrich unter die unselige Bestechungsdebatte: „Das wäre das Dümmste, was man im Moment sagen kann. Zu viele Fragen sind offen“, sagte der Schweizer der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

Auch für Blatters Präsidenten-Kollegen Wolfgang Niersbach vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) scheint der Fall noch nicht reif zur Ablage: „Dieser Bericht ist leider nicht der erhoffte Befreiungsschlag, der die Zweifel in der Öffentlichkeit verschwinden lässt“, sagte Niersbach in der ARD.

Diese Zweifel liegen für Schenk hauptsächlich in Blatters Person begründet. „Wäre ein neuer integrer Mann an der Spitze, würde sich alles nur auf die verwunderlichen Vorgänge zwischen Eckert und Garcia konzentrieren. So aber ist es wieder eine Fifa-Krise, und Blatter kann nicht mehr für eine saubere Zukunft stehen. Das nimmt man ihm einfach nicht mehr ab“, sagte Schenk dem SID.

Für die Juristin ist die bereits vielfach geforderte, von Eckert und auch Blatter jedoch abgelehnte Offenlegung von Garcias Bericht der einzige Weg zur Rückeroberung von Glaubwürdigkeit. „Datenrechtlich bedenkliche Stellen könnten geschwärzt werden. Aber Garcias Ergebnisse müssen öffentlich gemacht werden.“ Das Gleiche verlangten auch nochmals der Kontinentalverband CONCACAF (Nord- und Mittelamerika und Karibik) und der US-Verband nachdrücklich.

Beim vor vier Jahren für 2022 unterlegenen Kandidaten Australien ging unterdessen der Nationalverband FFA wegen Eckerts Vorwürfen des Missbrauchs von Steuergeldern auf die Barrikaden. FFA-Chef Frank Lowy warf seinerseits der Fifa Anstiftung und Doppelzüngigkeit vor: „Die Ermutigungen der Fifa, Fußball-Entwicklungsprogramme zu unterstützen, hat uns zu Entscheidungen verleitet, die uns jetzt als Veruntreuung ausgelegt werden.“

Eckert reagiert offenbar gelassen auf die Reaktionen zu seiner Stellungnahme. „Kritik gehört zum Leben“, sagte der Richter der Zeitung Die Welt. Garcias Einspruchsankündigung wegen „unvollständiger und fehlerhafter Darstellungen der Tatsachen und Schlussfolgerungen der Untersuchungskammer“ bezeichnete Eckert laut Süddeutscher Zeitung als „interessant“, setzte hinter den juristischen Ansatz des früheren US-Bundesanwaltes für eine Berufung allerdings ein Fragezeichen.

Bei der Fifa selbst enthielt sich Generalsekretär Jerome Valcke weitgehend einer Bewertung des Konfliktes zwischen den Vorsitzenden der Ehtikkommission-Kammern: „Wir können nur sagen, dass es traurig ist, dass die beiden über solch wichtige Dinge im Fußball unterschiedliche Meinungen haben.“