Der Wimbledonsieger im Abendblatt: “Ich habe nur gesagt, dass ich kein eigenes Team aufstellen kann. Aber ich stünde für ein Übergangspräsidium durchaus zur Verfügung.“

Hamburg/Frankfurt/Main. Das Chaos im Deutschen Tennis-Bund (DTB) um die Wahl eines neuen Präsidenten am 16. November in Berlin ist perfekt. Wimbledonsieger Michael Stich stünde nur als Vizepräsident bereit, sagte der Vorsitzende des Bundesausschusses, Robert Hampe, am Dienstag. „Es fehlt ihm bis zur Mitgliederversammlung die Zeit, eine Mannschaft zusammenzustellen, um als Präsident zu kandidieren“, erklärte Hampe, der sich seit Tagen darum bemüht, den Direktor des ATP-Turniers am Hamburger Rothenbaum in die Verbandsarbeit einzubinden.

Stich selber, der am Montag im Abendblatt bereits angekündigt hatte, aus Zeitgründen innerhalb von zwei Wochen kein eigenes Team aufstellen zu können, dementierte diese Aussagen zumindest teilweise. "Ich habe nur gesagt, dass ich kein eigenes Team aufstellen kann. Aber ich stünde für ein Übergangspräsidium durchaus als Präsident zur Verfügung, würde aber ebenso als Vizepräsident antreten", sagte er.

Der 46-Jährige hatte den Landesfürsten am Sonntag in Hamburg sein Konzept vorgestellt und dabei nach Aussage von Hampe einen „beeindruckenden“ Vortrag gehalten. Der Bundesausschuss hatte danach vereinbart, dass Stich, der rheinland-pfälzische Landespräsident Ulrich Klaus und der bayerische Landespräsident Helmut Schmidbauer sich untereinander verständigen sollten, wer sich mit wem eine Zusammenarbeit vorstellen könnte. Schmidbauer schloss am Dienstag eine eigene Kandidatur „aus beruflichen Gründen“ aber nahezu aus.

Auch eine Kampfabstimmung zwischen ihm und Klaus werde es „definitiv nicht“ geben. Er kritisierte stattdessen die Rolle des Bundesausschusses. Die Vorgehensweise des Gremiums sei „nicht zielführend“, sagte Schmidbauer. „Das Miteinander im Bundesausschuss ist nicht immer so, wie es sein sollte.“

Diskussionen um DTB-Präsident kommen zur Unzeit

Hampe reagierte verwundert auf die Aussagen des BTV-Bosses. „Das ist nicht besonders kameradschaftlich“, sagte der Vorsitzende des westfälischen Verbandes. Zudem habe Schmidbauer am Sonntag den Eindruck hinterlassen, dass er sich eine Kandidatur als Präsident sehr wohl vorstellen könne. Auch Stich zeigte sich über Schmidbauers Rückzieher verwundert. Dass er unter einem Präsidenten Klaus als Vizepräsident Leistungssport agieren könnte, ist ausgeschlossen.

Der vom Bundesausschuss im Juli und im September als Nachfolger für Amtsinhaber Karl-Georg Altenburg auserkorene pensionierte Lehrer hatte sich am Sonntag geweigert, Stichs Präsentation anzuhören, was er am Dienstag mit der Ausrede verteidigte, er habe nicht gewusst, dass Stich nicht Präsident werden wolle. "Hätte ich gewusst, dass er nicht als Gegenkandidat antritt, hätte ich ihm selbstverständlich zugehört."

Unterstützung für seine Kritik am Bundesausschuss erhielt Schmidbauer vom hessischen Verbandspräsidenten Dirk Hordorff. „Beständigkeit ist nicht gerade das Schlagwort, für das der Bundesausschuss steht“, sagte der langjährige Trainer von Ex-Profi Rainer Schüttler. Hordorff bemängelte, dass zwölf Tage vor der Versammlung immer noch nicht klar sei, was Stich eigentlich wolle. „Das einzige, was sicher ist, ist, dass Stich Wimbledonsieger ist“, witzelte Hordorff. Ansonsten würde er immer neue Sachen über dessen Konzept hören, „das ist ein stündlicher Liveticker“.

Hordorff war der Präsentation wie auch Stichs Konkurrent Klaus am Sonntag demonstrativ ferngeblieben. Seine Kollegen hätten ihm aber auch danach nicht genau sagen können, mit welchem Programm Stich die Zukunft des deutschen Tennis voranbringen wolle. Er habe deshalb keine Lust, sich mit Dingen zu beschäftigen, „die der Haltbarkeit eines Joghurts nicht standhalten.“

Zudem kämen die Diskussionen wenige Tage vor dem Fed-Cup-Finale der deutschen Tennis-Damen in Tschechien zur Unzeit. „Es ist doch eine Schande, dass wir die Fed-Cup-Damen in den Schatten stellen, nur weil wir uns mit uns selbst beschäftigen“, sagte Hordorff.

Er und Schmidbauer unterstützen den rheinland-pfälzischen Verbandsvorsitzenden Klaus bei dessen Kandidatur. „Wir haben uns zweimal für Ulrich Klaus ausgesprochen“, sagte Schmidbauer. Er ist unter Klaus als Vize-Präsident vorgesehen, auch Hordorff soll in dessen Team eingebunden werden. Allerdings müsste dafür die Satzung geändert werden. Bislang ist es nicht zulässig, dass ein Landeschef auch im Präsidium des DTB sitzt. Der Bundesausschuss hatte am vergangenen Sonntag in Hamburg beschlossen, dass die Satzung nicht geändert werden soll.

Mit Material von dpa