Jens Lehmann könnte der Gewinner der historischen Pleite der Deutschen gegen Polen sein. Nach dem Spiel kritisierte der ehemalige Nationaltorhüter überraschend stark, aber sachlich.

Hamburg. Nach dem Spiel gegen Schottland musste sich TV-Kommentator und ehemaliger Nationaltorhüter Jens Lehmann viel negative Kritik gefallen lassen. Er sei zu langweilig und zu wenig informiert, was sich hinter den Kulissen abspiele, hieß es in mehreren Stimmen nach dem Spiel. Genauso wie der Sender RTL, auf dem das erste Spiel ebenfalls übertragen wurde. Zu viel Werbung und zu wenig Informationen, hieß die Kritik zusammengefasst.

Wie sah es nun nach der historischen Pleite der Deutschen gegen Polen aus? Lehmann hat sich die Kritik offenbar zu Herzen genommen, kritisierte überraschend offen, aber sachlich. Zunächst war sein ehemaliger Kollege Manuel Neuer dran, der beim ersten Gegentreffer unglücklich aussah. Neuer war aus dem Tor gelaufen, um eine hereinkommende Flanke abzufangen, verpasste aber den Ball.

Lehmann dazu: „Neuer war mutig. Manchmal irritiert man den Spieler, wenn man ihm entgegen springt. Aber seine Startposition war nicht gut, wenn er rausläuft. Das macht er häufig, da muss er ein bisschen üben.“ Damit endete aber die Kritik nicht. Lehmann hatte auch etwas zu den Außenverteidigern zu sagen: „Was wir nach wie vor nicht haben, sind Außenverteidiger. Wenn wir über die Außenverteidiger spielen, haben wir einen Tempoverlust. Rechts ist Antonio Rüdiger durch mangelnde Erfahrung und weil er die Position sonst nicht spielt, nicht in der Lage Druck auszuüben.“

Lehmann machte dann auch vor seinem ehemaligen Förderer und Nationaltrainer Jogi Löw nicht halt: „Ihr hattet während der Weltmeisterschaft acht Wochen Zeit, um auf den Außenverteidiger-Positionen etwas zu entwickeln. Das ist euch nicht gelungen!“

Bundestrainer Löw reagierte verdutzt auf die scharfe Kritik und entgegnete dann: „Wir wussten, dass wir über rechts nicht so die Durchschlagskraft haben, wie wir uns das vielleicht wünschen. Aber man muss auch sehen, dass wir auf der Position in der Bundesliga nicht gerade ein Überangebot haben."

Löw wird diesmal nicht von RTL unterbrochen


Kritik äußerte Lehmann auch zu Thomas Müller und Mario Götze, beziehungsweise die Spielweise, mit der Löw spielen lässt: „Müller ist auf der Seite besser aufgehoben. Er hat solchen Bewegungsdrang. Wir produzieren im deutschen Fußball keine Außenverteidiger und Stürmer mehr. Damit muss Jogi zurecht kommen. Das ist nicht ganz so leicht. Mario Götze bleibt bei jedem Dribbling hängen.“

Besser weggekommen ist RTL in den sozialen Netzwerken. Zwar waren erneut viele Werbeblöcke zu sehen, vor dem Spiel überdramatisierte Spielervorstellung von Robert Lewandowski und Manuel Neuer - es wurde sogar die Handlänge des Torhüters vorgestellt. Auch der Livestream, der beim ersten Spiel noch kostenfrei war, dieses Mal aber 1,79 Euro kostete, stand im Zentrum der Kritik.

Doch RTL hielt sich dieses Mal während des Spiels und der Interviews mit Werbung zurück. Noch beim letzten Spiel war Löw zum Interview gebeten worden und nach einer gestellten Frage durch einen Werbeblock unterbrochen worden.

Sehr authentische und offene, sachliche Kritik von Lehmann. Was meinen Sie, hat der ehemalige Nationaltorhüter recht und seine Arbeit dieses Mal besser gemacht? Stimmen Sie ab.