Vor dem WM-Fight seines Bruders Wladimir gegen Alex Leapai sollte Klitschkos Ehefrau Natalia die ukrainische Hymne singen. Doch der Auftritt begann mit einer Panne.
Oberhausen. Den einzigen Schockmoment des entspanntesten Abends seit vielen Wochen musste Vitali Klitschko vor dem Kampf überstehen. Als seine Frau Natalia für seinen Bruder Wladimir die ukrainische Nationalhymne singen wollte, streikte das Mikrofon. Erst im dritten Anlauf tönte ihre durchaus hörenswerte Stimme durch die Arena. „Natalia war so aufgeregt, und als dann die Panne kam, bin ich fast in Ohnmacht gefallen“, sagte der 42-Jährige, „zum Glück hat es dann doch noch geklappt. Sie hat das toll gemacht.“
Auch für seinen Bruder hatte der Exweltmeister, der seit Monaten als Chef der Partei Udar in der Ukraine um Reformen kämpft, nur Lob übrig. „Wladimir war unglaublich dominant, ich habe gespürt, wie sehr er diesen K.-o.-Sieg wollte. Er ist zu einem so selbstsicheren und beherrschenden Champion geworden, dass ich glaube, dass er noch zehn Jahre so weitermachen kann, wenn er gesund bleibt“, sagte er.
Erst am Sonnabendmorgen war Vitali Klitschko aus Kiew kommend in Düsseldorf gelandet und von dort nach Oberhausen weitergereist, um seinem Bruder wie gewohnt in der Ringecke beizustehen. Am Sonntagmorgen um 9.30 Uhr ging der Flieger zurück in die Ukraine. Trotz aller Hektik genoss der Zweimeterhüne die Ablenkung sehr. „Ich war mit dem Kopf nur bei Wladimirs Kampf. Ich konnte sehr gut abschalten, habe zum ersten Mal seit vielen Wochen wieder einen Mittagsschlaf gehalten“, sagte er. Tatsächlich wirkte der ältere Klitschko sehr gelöst, eine gute Stunde nahm er sich Zeit, um die Fragen der Reporter aus Deutschland, Russland, der Ukraine, den USA und Australien zu beantworten.
Dass die Strapazen der vergangenen Wochen ihn ausgezehrt haben, war trotz aller Lockerheit nicht zu übersehen. „Es gibt unheimlich viel zu tun“, sagte er, „ich hätte mir vor meinem Einstieg in die Politik niemals vorstellen können, dass es so schlimm kommen könnte. Jetzt hoffe ich, dass es keinen Krieg gibt.“ Am 25. Mai wird in der Ukraine ein neuer Präsident gewählt, Klitschko hatte auf eine Kandidatur verzichtet und sich stattdessen auf die Seite des Großindustriellen Petro Poroschenko geschlagen, dem größere Siegchancen eingeräumt werden. Er selbst will einen erneuten Anlauf nehmen, um Bürgermeister von Kiew zu werden. Auch dieser wird am 25. Mai gewählt, in den Umfragen liegt Klitschko mit 52 Prozent mehr als 40 Prozent vor seinem ärgsten Rivalen. Wie viele Kandidaten es insgesamt gibt, weiß er nicht. „Man muss abwarten“, sagte er, „gegen Politik ist Boxen ein Kinderspiel.“