2014 steht für Joachim Löw ganz im Zeichen der WM. Sein Neujahrswunsch lautet: Finale! Die Vorbereitungen für die deutsche Titelmission laufen im Verborgenen ab. Baustellen und Sorgenkinder bringen den Bundestrainer (noch) nicht um den Schlaf.
München. Für Fotos durfte Joachim Löw schon mit dem goldenen WM-Pokal posieren. Das fühlte sich gut an. Aber in diesem Sommer will der Bundestrainer mehr: „Es wäre ein Traum, am 13. Juli 2014 in Rio de Janeiro im WM-Finale zu stehen.“ Und anschließend möchte der dann 54 Jahre alte Löw im Maracanã-Stadion endlich als Trainer des neuen Fußball-Weltmeisters den Pokal in Händen halten. Es wäre die Krönung seiner noch unvollendeten Titelmission mit der deutschen Nationalmannschaft. „Wir werden alles dafür tun, werden unser Bestes geben, wenngleich es keine Garantie auf den Titel geben kann“, versprach Löw maximalen Einsatz für den Jahreshöhepunkt.
Seit dem EM-Triumph 1996 wartet Deutschland auf einen Titelgewinn. Für Löw wird Brasilien der vierte Versuch als DFB-Chefcoach. Und er möchte im Land des Rekordweltmeisters mehr als das Halbfinale (WM 2010, EM 2012) oder Finale (EM 2008) erreichen. „Wir brauchen natürlich ein Top-Level und keine Verletzungen. Und dann müssen wir hart darum kämpfen, wenn wir den Titel gewinnen wollen“, sagte Löw. Er strahlt Zuversicht und Selbstvertrauen aus: „Ich weiß, dass wir eine gute Mannschaft haben, deswegen kann ich gut schlafen.“
Der Großteil seiner Arbeit wird sich bis zum Start der direkten Turniervorbereitung im Verborgenen abspielen. Denn vor der Nominierung des erweiterten WM-Kaders Anfang Mai findet nur ein Länderspiel statt, am 5. März in Stuttgart gegen Chile. Für Löw und seine engsten Mitarbeiter um Teammanager Oliver Bierhoff beginnt die WM dennoch im Grunde schon jetzt: „Anfang Januar setzen wir uns zusammen und besprechen die ganzen Abläufe, die Organisation, die Logistik, die Trainingsinhalte. Und wir kümmern uns vor allem ganz intensiv um unsere Gegner“, sagte er dem Hörfunksender B5 aktuell.
Portugal mit Weltstar Cristiano Ronaldo (16. Juni), Ghana mit Schalke-Profi Kevin-Prince Boateng (21. Juni) und die USA mit dem früheren Bundestrainer Jürgen Klinsmann (26. Juni) sind die ersten WM-Prüfsteine der DFB-Auswahl. Eine günstige Auslosung hat den Weg bis zum Halbfinale geebnet, frühestens dann könnte der dreimalige Weltmeister auf Topfavorit Brasilien, Titelverteidiger Spanien, Angstgegner Italien, England oder die Niederlande treffen.
Löw erwartet ein Turnier der Extreme: „Diese WM wird wahrscheinlich alles übertreffen, was man in den letzten Jahren erlebt hat. Ich war zweimal in Brasilien und habe gelernt, welche Urkraft in diesem Land herrscht, wenn es um Fußball geht.“ Sein Topfavorit ist das Team des Gastgebers um Jungstar Neymar vom FC Barcelona. „Wer denkt, dass er Brasilien so einfach hinter sich lassen kann, der täuscht sich ganz gewaltig. Die Brasilianer sind eine wahnsinnsgute Mannschaft mit einer Unterstützung im Land, wie es wahrscheinlich noch nie der Fall war bei einem Turnier.“
Als „Schlüssel zum Erfolg“ wird beim Deutschen Fußball-Bund die Anpassung an die besonderen Bedingungen in Brasilien angesehen. „Wir müssen uns auf Land, Leute, Hitze einstellen“, mahnte DFB-Präsident Wolfgang Niersbach. „Eine WM der Strapazen“, prophezeit Löw. „Es wird nicht nur um fußballerisches Können gehen, sondern um Willenskraft, Durchsetzungsvermögen und Mentalität“, glaubt Niersbach.
Nach dem Trainingslager in Südtirol (21. bis 31. Mai) soll vom 8. Juni an im „Campo Bahia“ im Atlantik-Örtchen Santo André der nötige Weltmeister-Teamgeist entstehen. Eine „tolle Energie“ verspürte Löw schon bei seinem Besuch in der noch nicht fertiggestellten Anlage Anfang Dezember. „Wir haben ein wirklich gutes Basecamp gefunden“, glaubt der Trainer. Man sei in der Vergangenheit stets gut damit gefahren, sich „der Hektik einer großen Stadt“ zu entziehen.
Erster Knackpunkt wird die Zusammenstellung des WM-Kaders sein. „Man holt Titel nur, wenn das Gefüge passt“, sagte Kapitän Philipp Lahm. Löw weiß, dass bei der Auswahl der 23 Akteure Härtefälle nicht zu vermeiden sein werden. „Mitte Mai müssen wir wahnsinnig viele personelle Entscheidungen treffen“, sagte der Bundestrainer.
Er muss hoffen, dass wichtige Akteure wie Bastian Schweinsteiger, Ilkay Gündogan, Miroslav Klose, Mario Gomez, Mats Hummels oder Lukas Podolski nach ihren Verletzungen in den kommenden Monaten topfit werden und in WM-Form kommen. Ob die Zeit für Sami Khedira (Kreuzbandriss) reichen wird, steht in den Sternen. „Wir wollen zeigen, dass wir zurecht zur Weltspitze zählen, und wir wollen den letzten Schritt machen“, kündigte Deutschlands Rekordtorschütze Klose an, der im Sommer sein viertes WM-Turnier bestreiten möchte.
Brasilien wird eine Zäsur darstellen, auch für Löw (und das trotz seines bereits bis 2016 verlängerten Vertrages). Für Akteure wie Klose (35), Lahm (30), Schweinsteiger (29) werden die Titelchancen weniger. „Klar, allzu viele Weltmeisterschaften werden diese Spieler nicht mehr machen, vielleicht noch eine 2018“, sagte Löw. Er sieht die Nationalelf in Brasilien dennoch nicht zum Erfolg verdammt, sondern verweist auf „junge Spieler“ wie Götze (21), Reus (24), Özil (25): „Diese Generation hat noch mehrere Chancen, Titel zu gewinnen.“