Kapitän Philipp Lahm warnt davor, die WM nur im Falle eines Titelgewinns als erfolgreich zu bewerten. DFB-Präsident Wolfgang Niersbach mache sich hingegen „berechtigte Hoffnungen“ auf den Titel.
Berlin. Diese Nachricht wird bei vielen Fußball-Fans Kopfschütteln auslösen. Nationalmannschafts-Kapitän Philipp Lahm hat davor gewarnt, nur den Titel als Maßstab für eine erfolgreiche WM zu nehmen. „Alles andere als eine Enttäuschung zu bezeichnen, empfinde ich auch als Respektlosigkeit vor der Arbeit und dem Talent anderer Nationen“, sagte Lahm in einem Interview, das am ersten Weihnachtsfeiertag auf der Homepage des DFB veröffentlicht wurde. „Wir wissen, wie schwierig es ist, Weltmeister zu werden.“ Gleichwohl ist der Profi des FC Bayern überzeugt, dass die DFB-Auswahl 2014 die Qualität und das Potenzial hat, um an einem guten Tag „jedes Team“ zu besiegen.
So sieht es auch Wolfgang Niersbach. Laut dem DFB-Präsidenten dürfen sich Lahm & Co. bei der Endrunde in Brasilien daher berechtigte Hoffnungen auf den WM-Titel machen. „Allerdings immer in dem Wissen, dass wir auf der berühmten Augenhöhe mit vielen Mannschaften sind“, sagte Niersbach in einem Video-Interview auf der Verbands-Homepage. Neben dem derzeit bestens aufgelegten Gastgeber und Rekordweltmeister Brasilien rechnet Niersbach Titelverteidiger Spanien, Argentinien mit Superstar Lionel Messi und die wiedererstarkten Italiener zu den Hauptkonkurrenten.
Spanien (2010), Italien (2006) und Brasilien (2002) holten die bis dato letzten drei WM-Titel. Insgesamt dreimal triumphierte Deutschland: 1954, 1974 und 1990. „Und die Konkurrenz ist sicher nicht schlechter geworden“, betonte Lahm. Für ihn wäre die WM erfolgreich, „wenn wir einen guten Teamspirit entwickeln, wenn wir unsere fußballerische Klasse auf den Platz bringen, wenn wir uns taktisch intelligent verhalten – und vor allem, wenn wir mit viel Begeisterung, viel Leidenschaft und viel Herz guten Fußball spielen“, bekräftigte der 104-malige Nationalspieler.
Lahm war bei der Heim-WM 2006 und der Endrunde 2010 in Südafrika mit dabei. Dabei erreicht das Team beide Male das Halbfinale, ins Endspiel kam die DFB-Elf aber nicht. 2006 gab es eine dramatische Niederlage in der Vorschlussrunde gegen Italien, 2010 war Spanien Endstation.
Die DFB-Auswahl sei gereift in ihrer Spielweise, allein schon, weil viele Spieler über mehr Erfahrung verfügen würden als noch bei der EM 2012, wo im Halbfinale Endstation gegen Italien war. „Wir spielen mittlerweile nicht mehr abwartend, wir wollen das Spiel selber gestalten. Wir spielen Ballbesitzfußball, wir reagieren nicht, wir agieren“, erklärte Lahm. Ziel bei der WM 2014 müsse es sein, das vorhandene Potenzial auszuschöpfen und so weit wie möglich zu kommen.
Um dafür die optimalen Voraussetzungen zu schaffen, sollten die strapaziösen Bedingungen, die die WM-Endrunde in Brasilien mit sich bringen wird, nicht zum Dauer-Beschwerde-Thema werden. „Wir dürfen den Fehler nicht machen, das jeden Tag zu beklagen, zu lamentieren und zu nörgeln, denn wenn wir das anfangen, dann werden wir nicht bestehen“, betonte Niersbach. Er forderte, die Bedingungen so anzunehmen, wie sie sind.
Mit Blick auf die Fans hierzulande hofft er, dass die Begeisterung aus Brasilien nach Deutschland schwappt und beim Public Viewing gefeiert wird. „Hoffentlich dann auch siebenmal“, sagte Niersbach. Sieben Spiele mit einem Sieg im letzten davon würden nicht anderes bedeuten als den vierten WM-Titel für Deutschland.