Bayerns Sportvorstand Matthias Sammer übt heftige Kritik an den Spielern. Das gefällt dem Präsidenten gar nicht. Er will nun mit dem ehemaligen Profi sprechen.

München. Bayern Münchens Präsident Uli Hoeneß hat die harte Kritik von Matthias Sammer an der Mannschaft zurückgewiesen und ein Gespräch mit dem Sportvorstand angekündigt. „Wenn man das zu oft macht, nutzt man sich ab. Ich bin auch dafür, antizyklisch zu kritisieren, aber ich sehe die Situation nicht so kritisch. Zum jetzigen Zeitpunkt ist das nicht notwendig“, sagte Hoeneß der „Bild“-Zeitung und betonte: „Man kriegt ja das Gefühl, als ob wir uns für ein souveränes 2:0 entschuldigen müssten.“

Ähnlich äußerte sich Hoeneß im „Kicker“: „Matthias muss aufpassen, dass er nicht über das Ziel hinausschießt. Wenn man so etwas jede Woche macht, verbrennt man sich irgendwann dabei. Der Feind sitzt draußen, nicht bei uns. Unsere Lage in der Bundesliga ist nicht dramatisch, dazu kommt das überragende Spiel im Supercup gegen Chelsea“, sagte der Präsident. „Ich verstehe, dass Matthias den Finger in die Wunde legen will. Allerdings finde ich nicht, dass wir eine Wunde haben.“

Sammer hatte nach dem 2:0-Erfolg des deutschen Rekordmeisters gegen Hannover 96 die Profis öffentlich kritisiert. Hoeneß zeigte sich nach der Sammer-Ansprache überrascht. „Wir werden sicherlich darüber reden, weil ein Eindruck vom FC Bayern entsteht, der nicht gut ist. Man hat den Eindruck, als ob wir von fünf Spielen drei verloren und zwei unentschieden gespielt hätten, in Dortmund lachen sie sich doch tot.“

„Dienst nach Vorschrift, lethargisch, Fußball ohne Emotionen“ – Sammer schmeckte der siegreiche Bayern-Auftritt zuvor ganz und gar nicht. „Wir müssen raus aus einer gewissen Komfortzone und uns gegenseitig mitreißen“, forderte der verstimmte Sportvorstand nach dem 2:0-Erfolg über Hannover 96. Während die Bayern-Stars die Königsklassen-Generalprobe als Pflichtsieg abhakten, startete Sammer einen Auftritt als Mahner. „Wir verstecken uns zur Zeit hinter unserem Trainer“, kritisierte Sammer in den Arena-Katakomben den keineswegs mitreißenden Auftritt des Münchner Millionen-Ensemble.

„Den Hype, für den er ja überhaupt nichts kann, mit ihm jeden Tag, Pep hin, Pep her, Pep hoch, Pep runter, finden wir alle so prima, dass wir sagen, ach gut Mensch, da stehen wir alle auch ein bisschen weniger in der Verantwortung“, monierte Sammer. „Wir spielen zum Teil lethargisch, wir spielen ohne Emotionen Fußball, wir machen Dienst nach Vorschrift.“

Neue Saison und neuer Trainer, dazu ein altes Erfolgsrezept. Wie vor knapp einem Jahr beim 2:0 in Bremen („Wir waren nicht richtig hellwach, wir waren nicht richtig gallig. Wir waren zu lätschern“) erhebt Sammer kurz vor dem Auftakt der neuen Champions-League-Spielzeit die Stimme. Das auch noch „zu einem Zeitpunkt in der Saison, wo letztes Jahr Borussia Dortmund alles verschenkt hat“, wie der Sportvorstand erinnerte. Und jetzt? Jetzt zeigt der BVB wie bei der 6:2-Show gegen den HSV im Gegensatz zu den Bayern Fußball mit jeder Menge Leidenschaft.

Beckenbauer unterstützt Sammer

Unterstützung für Sammer gab es von Franz Beckenbauer. Zwar würden sich die Bayern-Profis nicht bewusst hängen lassen, aber: „Nach einem Traum-Jahr besteht jedoch die Gefahr, dass man sich innerlich ein bisschen zurücklehnt und glaubt, dass nichts mehr schiefgehen kann“, sagte Beckenbauer der „Bild“-Zeitung. „Ich denke, Matthias handelt nach dem Motto: Wehret den Anfängen! Und das finde ich auch in Ordnung.“

Zwei Stunden durften sich die Münchner nach dem vierten Saisonsieg durch Treffer von Mario Mandzukic (51. Minute) und Franck Ribéry (64.) über die Tabellenführung freuen, ehe die Borussia wieder vorbeizog. Der Erzrivale BVB als Motivationshilfe oder pusht etwa das Auftaktmatch in der Königsklasse am Dienstag gegen ZSKA Moskau? Das kann es nach Ansicht von Sammer nicht sein. „Jeder will, das ist keine Frage des Wollens, aber wir emotionalisieren uns nicht in gewissen Phasen“, betonte er beim TV-Sender Sky. „Ich rede ja nicht über 20 Prozent, ich rede nur über 2, 3 Prozent, die uns fehlen, aber die kommen niemals von außen, die kommen immer von innen.“

Die Profis gingen mit sich selbst nicht so hart ins Gericht. „Man braucht die Siege, um Punkte zu bekommen in der Tabelle, das haben wir geschafft. Das war ein hartes Stück Arbeit, man hat die Länderspielpause schon gemerkt“, befand etwa Thomas Müller. Widersprechen mochte aber auch keiner der Sammer-Kritik. „Da hat er vielleicht recht“, erklärte Arjen Robben in der ARD-Sportschau. Öffentlich gab es von Trainer Pep Guardiola keine Kritik und wieder eine leise Analyse, aber in der Kabine geht es laut den Worten von Sammer anders zu. „Unser Trainer muss jedes Mal eine Brandrede halten, dass wir in die Gänge kommen. So geht das nicht“, kritisierte Sammer den Auftritt im neuen Spiel-Dress in Wiesn-Tracht-Optik.