Im Relegationsspiel um den Verbleib in der Daviscup-Weltgruppe haben die beiden deutschen Topspieler Philipp Kohlschreiber und Florian Mayer eine Führung gegen Brasilien herausgespielt.

Neu-Ulm. Erfolg ist immer auch eine Frage der Perspektive. Als Daniel Brands und Martin Emmrich am Freitag ihre Plätze auf der Teambank eingenommen hatten, da wussten sie, dass ihre Aufgabe sich nur unwesentlich unterscheiden würde von der der anderen 3000 Zuschauer in der Ratiopharm-Arena in Neu-Ulm. Die beiden deutschen Tennisprofis feuerten an und freuten sich mit, als die Spitzenspieler Philipp Kohlschreiber (Augsburg), 6:3, 7:5, 6:4 gegen Rogerio Dutra Silva, und Florian Mayer (Bayreuth), 6:4, 6:1, 6:2 gegen Thomaz Bellucci, am Eröffnungs-Freitag des Relegationsspiels um den Verbleib in der Daviscup-Weltgruppe eine 2:0-Führung gegen Brasilien herausarbeiteten.

An diesem Sonnabend wird sich das Bild radikal ändern. Dann werden Kohlschreiber und Mayer auf der Bank sitzen und Brands und Emmrich anfeuern. Um 13 Uhr (live bei Sat.1 Gold und im Internet auf tennis.de) versuchen die beiden Debütanten, im Doppel gegen Marcelo Melo und Bruno Soares den entscheidenden dritten Punkt zu holen. Nicht nur dank der 2:0-Führung liegt der Druck allein auf Seiten der Südamerikaner, sondern auch, weil Melo/Soares im Paarspiel zur Weltspitze zählen, während Brands und Emmrich noch nie auf Wettkampfniveau Seite an Seite aufgetreten sind.

Aufgeregt werden sie trotzdem sein, „denn natürlich ist es etwas ganz Besonderes, für sein Land zu spielen, vor allem, wenn es das erste Mal ist“, sagt Brands. Der 26 Jahre alte Deggendorfer wäre angesichts seiner starken Saison auch für das Einzel eine Alternative gewesen. Letztlich entschied sich Daviscup-Teamchef Carsten Arriens, der im vergangenen Herbst das Amt von Patrik Kühnen übernommen hatte und nach dem 0:5 in Argentinien im Februar nun sein Heimdebüt nicht verpatzen darf, für die Erfahrung seiner Topspieler und gegen den Einsatz des Weltranglisten-60., der sich aber über seinen Start im Doppel genauso freut. „Ich liebe es, im Team zu spielen, dieser besondere Geist, für andere da zu sein und gemeinsam zu gewinnen, bedeutet mir viel“, sagt Brands, der das Teamgefühl aus seinen Bundesligaeinsätzen für Kurhaus Aachen kennt.

Der Einsatz des 1,95 Meter langen Bayern war schon in Argentinien erwartet worden, damals zog Arriens ihm jedoch den Hamburger Tobias Kamke vor. Brands ließ sich davon nicht beirren, arbeitete hart weiter und feierte im Juli ein ganz besonderes Erfolgserlebnis. Nachdem er am Hamburger Rothenbaum in Runde zwei noch knapp am Schweizer Topstar Roger Federer gescheitert war, besiegte er diesen eine Woche später bei dessen Heimatturnier in Gstaad. „Das war ein entscheidender Schritt für mein Selbstwertgefühl. Ich weiß jetzt, dass ich mit den weltbesten Spielern nicht nur mithalten, sondern sie schlagen kann“, sagt Brands, dem es lange Jahre an ebenjener Selbstsicherheit gemangelt hatte.

Im Gegensatz zu Brands ist Martin Emmrich ein ausgewiesener Doppelspezialist, in der Doppel-Weltrangliste belegt er den 35. Rang, während Brands dort nur an Position 213 gelistet ist. Die Fokussierung auf das Paarspiel verdankt der 28-Jährige, der bevorzugt mit dem Lemgoer André Begemann antritt, seinem Vater, in dessen Schatten er vor allem in den Anfängen seiner Karriere als Einzelspieler gestanden hatte. Thomas Emmrich war der einzige Weltklassespieler aus der DDR, dem eine Weltkarriere jedoch wegen des Verbots von Reisen ins kapitalistische Ausland versagt blieb. „Mein Vater hat mir geraten, mich aufs Doppel zu konzentrieren. Ihm verdanke ich alles“, sagt der Magdeburger, der seinen Spitznamen „Ossi“ mit Stolz trägt. Sich aus dem Schatten des Vaters herauszuspielen, das ist sein großer Wunsch. Mit einem Sieg an der Seite von Brands kann dieser Schritt gelingen. Welch eine Perspektive!