Der Einsatz in der Schalke-Arena beim Spiel gegen Saloniki hat ein Nachspiel: Die Polizei will künftig im Stadion keine Präsenz zeigen. Das Vertrauensverhältnis zum Verein sei gestört.

Düsseldorf. Der Streit um den harten Polizei-Einsatz im Fanblock beim Europapokalspiel von Schalke 04 gegen PAOK Saloniki eskaliert. Die Polizei wird sich aus der Arena des Fußball-Bundesligisten zurückziehen und die Ordnungskräfte des Vereins künftig nur noch in Notfällen unterstützen. Das kündigte Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger am Donnerstag in einer Sitzung des Landtags-Innenausschusses in Düsseldorf an.

„Die Polizei wird sich bis auf Weiteres nicht mehr im Stadion aufhalten. Die Sicherheit hat dann der Verein zu gewährleisten. Die Polizei wird aber in einem Bereitschaftsraum außerhalb des Vereinsgeländes zur Verfügung stehen. Und wenn eine Gefahr für Leib und Leben, Gefahr für Dritte vorhanden ist, dann wird sie natürlich einschreiten“, sagte der SPD-Politiker im Interview mit Radio Emscher Lippe.

Jäger kritisierte den Verein harsch. „Wer nicht in der Lage ist, für die Sicherheit der eigenen Fans zu sorgen, dann die Polizei um Hilfe bittet und anschließend den Einsatz öffentlich kritisiert, ist kein Partner für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit“, wurde der Minister in einer Pressemitteilung zitiert: „Es kann nicht sein, dass einem millionenschweren Klub wie Schalke 04 die VIPs in den Business-Loungen wichtiger sind als die Ultras auf den Stehplätzen.“

Polizeibeamte waren während des Hinspiels der Play-offs zur Champions League gegen Saloniki (1:1) am 21. August mit Schlagstöcken und unter Einsatz von Pfefferspray in den Schalker Block eingedrungen. 80 Personen mussten sich anschließend in ärztliche Behandlung begeben. Zur Begründung ihres Einsatzes hatte die Polizei erklärt, die Anhänger des griechischen Vize-Meisters hätten sich durch eine mazedonische Fahne „als Volksgruppe beleidigt und erheblich verunglimpft“ gefühlt. Vereinsvertreter hatten fassungslos reagiert und den Einsatz als „völlig unverhältnismäßig“ bezeichnet.

Jägers Vorstoß vom Donnerstag ist eine brisante Reaktion auf diese scharfe Kritik – und das kurz vor dem Schalker Champions-League-Heimspiel am Mittwoch gegen Steaua Bukarest und dem Liga-Duell mit Bayern München am 21. September. Schalkes Sportdirektor Horst Heldt reagierte vollkommen überrascht. „Ich habe davon offiziell noch nichts erfahren, ich kann es mir aber auch nicht vorstellen“, sagte er während der Pressekonferenz vor dem Liga-Spiel beim FSV Mainz 05 am Sonnabend.

Jäger signalisierte aber auch Gesprächsbereitschaft. „Jetzt liegt der Ball in der Spielhälfte von Schalke“, sagte er: „Der Verein muss beweisen, dass er vertrauensvoller Partner sein kann. Unsere Tür steht offen – wir sind gesprächsbereit.“ Schalke befindet sich nach eigenen Angaben seit den Vorkommnissen in „konstruktiven Gesprächen“ mit der Polizei.

In Gelsenkirchen stieß Jägers Ankündigung auf Unverständnis. „Eine Lex Schalke ist vollkommen unangemessen“, sagte Oberbürgermeister Frank Baranowski: „Entweder zieht der Innenminister die Polizei aus allen Fußballstadien in NRW ab oder gar nicht. Einzig und allein die Polizei aus der Veltins-Arena abzuziehen, ist ein völlig unakzeptabler Vorgang.“

Das Innenministerium gab an, dass 274 Polizisten bei dem Spiel im Einsatz waren. Schalke habe 650 Ordner eingesetzt. Laut offiziellem Polizeibericht, der den Mitgliedern des Innenausschusses auf FDP-Anfrage übersendet wurde, sind bei dem Vorfall vor drei Wochen auch „Helfer und friedliche Fans durch den Polizeieinsatz gegen Gewalttäter von dem eingesetzten Pfefferspray getroffen“ worden, was das Ministerium für Inneres und Kommunales „sehr bedauert“.

Die Deutsche Polizeigewerkschaft begrüßte Jägers Ankündigung wie erwartet ausdrücklich. „Das ist die logische und richtige Konsequenz aus dem Verhalten der Schalker Verantwortlichen“, sagte der DPolG-Bundesvorsitzende Rainer Wendt dem SID. „Die Polizei wird natürlich weiter ihren gesetzlichen Auftrag erfüllen, erwartet aber von Schalke 04 höhere Anstrengungen, um die Sicherheit selbst zu gewährleisten. Die Vereinsführung redet mit gespaltener Zunge: Einerseits wirft sie der Polizei auf der Schalker Internetseite immer noch unverhältnismäßiges Einschreiten vor, intern aber hat sie im Gespräch mit dem Innenministerium längst eingeräumt, dass die Polizei rechtmäßig gehandelt hat.“

Der Mainzer Manager Christian Heidel dagegen kann sich „nicht vorstellen“, dass ein Rückzug der Polizeikräfte überhaupt möglich ist. „Ich bin mir auch sicher, dass es nicht so kommen wird. Es ist der Auftrag der Polizei, bei Großveranstaltungen vor Ort zu sein. Das funktioniert seit Menschendenken so. Dafür zahlen die Vereine auch sehr viele Steuern“, sagte er bei Sky Sport News HD.