Tommy Haas scheitert am Rothenbaum zum zweiten Mal binnen einer Woche im Viertelfinale am Italiener Fabio Fognini – Roger Federer besiegt Florian Mayer.
Hamburg. Als Roger Federer am Freitagabend bei Einbruch der Dunkelheit seinen Teil der Verabredung eingehalten hatte, war der Traum vom Finale der Tennis-Superstars am Rothenbaum trotzdem längst ausgeträumt. Zerstört hatte ihn der Italiener Fabio Fognini, der Mann, der Deutschlands Nummer eins Tommy Haas den Weg zum ersten Titelgewinn in seiner Geburtsstadt verbaute.
Ebenjener Fognini, der schon in der vergangenen Woche in Stuttgart mit demselben Ergebnis, 6:2 und 6:4, als Haas-Bezwinger im Viertelfinale den Spielverderber gegeben und anschließend im Schwäbischen sogar das erste ATP-Turnier seiner Karriere gewonnen hatte.
Er ist so etwas wie der Mann der Stunde, dieser 26-Jährige aus San Remo, aber das konnte weder Haas noch die 7500 Fans auf dem ausverkauften Centre-Court trösten. Immerhin sorgte Federer mit seinem 7:6 (7:4), 3:6, 7:5-Erfolg über den stark aufgelegten Bayreuther Florian Mayer („Wenn man Angst vorm Gewinnen bekommt, dann muss man sich nicht wundern, so ein Spiel zu verlieren“) dafür, dass wenigstens eins der Zugpferde noch am Abschlusswochenende zu bewundern ist.
„Ich habe zu viele einfache Fehler gemacht und die langen Ballwechsel nicht für mich entscheiden können. Gegen einen Spieler wie Fabio, der im Moment unglaublich spielt, ist es dann schwer“, sagte Haas, der vielleicht nie mehr so nah an einen Rothenbaum-Triumph heranreichen wird wie im Vorjahr, als er im Finale gescheitert war. Ob er 2014 einen neuen Anlauf startet, ließ der 35-Jährige offen. „Ich wünsche mir das, aber bis dahin ist es noch eine lange Zeit.“ Bereits an diesem Sonnabend fliegt er in seine Wahlheimat Florida zurück, wo die Verlobte Sara Foster und Tochter Valentina, 2, warten.
Der Weltranglistenelfte hatte sich das erneute Scheitern gegen den 14 Plätze hinter ihm eingestuften Italiener selbst zuzuschreiben. Viel zu passiv war er in den ersten Durchgang gestartet, er hatte den technisch perfekt ausgebildeten Fognini das Spiel diktieren lassen. Erst im zweiten Satz begann er, sich selbst anzufeuern und auch das Publikum zu lautstärkerer Unterstützung zu animieren. „Es macht Höllenspaß, vor so einer Kulisse zu spielen, das hätte ich gern noch länger genossen“, sagte er.
Nachdem Fognini jedoch das Break zum 5:4 geschafft hatte, war Haas’ Widerstand gebrochen, der Italiener nutzte seinen ersten Matchball nach 81 Minuten, um sich für das Semifinale gegen Nicolás Almagro zu qualifizieren.
Dass der Weg zum Titel in diesem Jahr nur über ihn führt, das konnte Almagro in seinen bisherigen Auftritten am Rothenbaum eindrucksvoll unter Beweis stellen. Nach glatten Zweisatzsiegen über den Hamburger Tobias Kamke und seinen Landsmann Guillermo García-López setzte sich der spanische Weltranglisten-15. am Freitag in einem hochklassigen Viertelfinalmatch gegen Titelverteidiger Juan Mónaco aus Argentinien mit 4:6, 6:0 und 6:3 durch und revanchierte sich damit zugleich für das Halbfinalaus im vergangenen Jahr.
Nach dem ersten Satz zerlegte der impulsive 27-Jährige seinen Schläger – und pushte sich dadurch zu mehr Aggressivität. „Es tut mir leid, aber es musste sein“, sagte er, „danach habe ich viel besser gespielt und ihn zu Fehlern gezwungen. Also hat es mir geholfen.“ Auf dem Platz tobt der Mann mit der Raketen-Vorhand gern wie ein Derwisch, er schimpft mit sich und den Schiedsrichtern, er ballt nach jedem wichtigen Punktgewinn die Faust und wirkt mit der stolz geschwellten Brust und dem mit viel Gel auf dem Kopf betonierten schwarzen Haar wie ein eitler Pfau. Abseits des Platzes und der öffentlichen Beschau gibt er sich dagegen höflich und bescheiden und gilt beim Turnierpersonal als beliebt.
Nach der Finalniederlage 2011 gegen den Franzosen Gilles Simon und dem Halbfinalaus gegen Mónaco 2012 ist Almagro durchaus zuzutrauen, als erster Spanier seit Rafael Nadal 2008 in Hamburg zu gewinnen. Es wäre sein 13. ATP-Titel, alle seine zwölf vorangegangenen feierte er auf Sand. „Ich werde alles geben, um hier zu gewinnen. Aber ich weiß, dass ich hart kämpfen muss“, sagte er. Gegen Fognini hat er drei von bislang vier Matches gewonnen.
Die Hoffnungen darauf, dass Federer der Finalgegner sein wird, liegen angesichts der nicht rundum überzeugenden Leistungen des Grand-Slam-Rekordsiegers auch auf seinem Halbfinalgegner. Der Argentinier Federico Delbonis, 22, könnte zwar als erster Qualifikant nach dem Spanier Albert Portas 2001 am Rothenbaum triumphieren, war nach dem längsten Match der Woche, das er nach 3:14 Stunden mit 6:7 (5:7), 7:6 (10:8) und 6:4 gegen den Spanier Fernando Verdasco gewann, jedoch körperlich am Ende. „Das war wie Krieg. Jetzt muss ich sehen, dass ich mich schnell erhole“, sagte der Weltranglisten-114., der in seiner Karriere noch kein ATP-Turnier gewann.
Federer, der erneut viele einfache Fehler produzierte und selbst nach einer 4:2-Führung im dritten Satz nicht so sicher wie in früheren Maestro-Zeiten agierte, freute sich vor allem darüber, sich durchgebissen zu haben. „Es war nicht mein Spiel, Flo hat super gespielt und mich richtig ins Schwitzen gebracht. Umso glücklicher bin ich, dass ich hier das Halbfinale erreicht habe“, sagte der Weltranglistenfünfte.
Ein Sieg fehlt dem 31-Jährigen nun noch, um dem Hamburger Publikum wenigstens ein halbes Traumfinale servieren zu können.