Die Jubiläumsausgabe der Tour verspricht spannende Duelle und weckt Hoffnungen für die deutschen Fahrer. Das Thema Doping ist dennoch allgegenwärtig.

Porto Vecchio. Vive le Tour! Am Sonnabend startet die Tour de France in ihre 100. Ausgabe – und zu ihrem Jubiläum geizt die Frankreich-Rundfahrt nicht mit Höhepunkten. Der respekteinflößende Anstieg zum Mont Ventoux oder der doppelt zu bezwingende Pass ins legendäre Tour-Mekka Alpe d'Huez versprechen einen spannenden Schlagabtausch der Favoriten um den Briten Christopher Froome. Aber zum Auftakt könnte die Stunde der deutschen Radprofis schlagen.

Bei seiner Premiere auf der Mittelmeerinsel Korsika startet das wichtigste Radrennen der Welt mit einer 213 km langen Flachetappe von Porto Vecchio nach Bastia. Ein Kurs, der wie gemacht ist für die Top-Sprinter André Greipel und Marcel Kittel. Das Duo hat beste Chancen auf den Etappensieg und könnte die Durststrecke der deutschen Fahrer beenden, die seit fünf Jahren auf einen Tag im Gelben Trikot warten.

„Es gibt nicht viele solcher Chancen, das ist selbstverständlich etwas Besonderes“, sagte der Rostocker Greipel. Der frisch gekürte deutsche Meister vom Team Lotto-Belisol bestreitet am Sonnabend sein erstes Rennen im Trikot mit dem schwarz-rot-goldenen Brustring – und würde das „sehr schöne“ Jersey doch am liebsten gleich wieder eintauschen. Der 25-jährige Kittel (Arnstadt/Argos), der von „einem Geschenk der Veranstalter“ sprach, könnte seinen ersten Tour-Etappensieg auf besondere Art veredeln. Ein gewaltiges Wort um den Tageserfolg zum Auftakt wird jedoch auch der 23-malige Tour-Etappensieger Mark Cavendish (Großbritannien/Quick Step) mitreden.

Allzu lange würden Greipel und Kittel das maillot jaune aber nicht tragen. Bereits die zweite Etappe ist deutlich anspruchsvoller und dürfte sie die Führung kosten, für den Kampf um den Gesamtsieg sind andere Fahrer zuständig. Der Vorjahreszweite Christopher Froome gilt als heißester Anwärter, sich am Abend des 21. Juli auf dem Prachtboulevard Champs-Élysées als strahlender Triumphator feiern zu lassen.

„Ich bin in einer großartigen Verfassung und fühle mich bereit. Ich habe ein sehr starkes Team und freue mich, dass es endlich los geht“, sagte Froome. Der Kapitän vom Team Sky geht mit der Startnummer eins ins Rennen, nachdem Vorjahressieger und Teamkollege Bradley Wiggins seinen Titel aufgrund einer Verletzung nicht verteidigt.

Froomes größter Konkurrent ist der zweimalige Tour-Sieger Alberto Contador, der nach seiner Dopingsperre im Vorjahr sein Comeback bei der Großen Schleife gibt. „Wenn ich nicht daran glauben würde, Froome zu schlagen, würde ich nicht an den Start gehen“, sagte der höchst umstrittene Saxo-Tinkoff-Kapitän Contador. Neben dem 30-jährigen Spanier könnten Froome auch Ex-Champion Cadel Evans (BMC/Australien), dessen Teamkollege Tejay van Garderen (USA), Joaquim Rodriguez (Spanien/Katjuscha) gefährlich werden. Der wiedergenesene Andy Schleck (Luxemburg/Radio Shack) gilt bestenfalls als Außenseiter.

Abzuwarten bleibt, wie stark das Thema Doping die Feierstimmung rund um die Tour beeinträchtigen wird. Der Radsport-Weltverband UCI hat angekündigt, wieder enger mit der französischen Anti-Doping-Behörde AFLD zusammenzuarbeiten, die während der Tour 2008 den Epo-Nachfolger Cera aufspürte. Dies vergrößert den Rahmen für Kontrollen beträchtlich. Zudem dürfte der umstrittene UCI-Präsident Pat McQuaid, der im September in seine dritte Amtszeit gewählt werden will, positive Dopingbefunde bei der Tour als Erfolg seiner Anti-Doping-Politik verkaufen wollen.

Bereits im Vorfeld sorgte die offensichtliche Absicht des Tour-Veranstalters ASO, zur 100. Ausgabe mit eindrucksvollen Etappen zu punkten, für Verstimmung. Gestandene Profis wie Zeitfahr-Weltmeister Tony Martin (Cottbus/Quick Step) oder Andy Schleck kritisierten die mörderische Abfahrt auf der Alpe-d'Huez-Etappe scharf. Diese Diskussion dürfte die Tour noch einige Zeit begleiten.