„Herzlich Willkommen, Pep“- Josep Guardiola soll eine neue Bayern-Ära prägen, die Zeitrechnung hat begonnen. Der Star-Trainer zeigte sich bescheiden und trat seinen Dienst mit einem freundlichen „Grüß Gott“ an.
München. Flankiert von den stolzen Bossen Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge betrat Pep Guardiola nach seiner pompösen Präsentation erstmals den Rasen der Arena. Dort nahm der Startrainer des FC Bayern den neuen Dienstwagen in Empfang, die erste Sitzprobe auf der Bank wurde von über 50 Fotografen und Kameraleuten festgehalten – und trotz des großen Hypes um seine Person gab sich der Spanier bei der Vorstellung am Montag selbst sehr bescheiden. „Ich bin ein bisschen nervös. Sie haben alle Titel gewonnen, da ist die hohe Erwartung normal“, gestand der 42-Jährige bei der größten Pressekonferenz der Club-Geschichte auf Deutsch. Kein Wunder, wird doch von dem Heynckes-Nachfolger nichts anderes erwartet, als mit dem Triple-Triumphator eine neue Ära zu begründen.
Lächelnd verfolgte Vereinspatron Hoeneß den ersten großen Auftritt Guardiolas in München vor rund 250 Journalisten. Der Erbauer des in den vergangenen Jahren so dominanten FC Barcelona präsentierte sich im edlen grauen Anzug und mit weinroter Krawatte eher zurückhaltend. „Die Fans kommen in die Arena, um die Spieler zu sehen und nicht mich als Trainer“, betonte der Katalane. Anders als etwa beim Amtsantritt in Barcelona, als sich der Club von Ronaldinho und Deco trennte, wird zunächst kein Star weggeschickt. „Ich glaube, wenn eine Mannschaft vier Titel gewonnen hat, muss man weniger Wechsel machen.“ Bislang steht einzig Mario Götze (Borussia Dortmund) als großer Zugang fest.
Im Gegensatz zum experimentierfreudigen Jürgen Klinsmann mit visionären Ideen oder dem polternd auftretenden Alleswisser Louis van Gaal, wies Guardiola erst einmal auf die Größe der Bayern hin. „Ich übernehme eine Mannschaft, die in der letzten Saison außergewöhnlich gespielt hat. Wir haben – sie haben vier Titel gewonnen“, erklärte er in überraschend gutem Deutsch mit spanischer Färbung; und mit einem sympathischen Versprecher. Das „wir haben“ drückte vielleicht aus, dass er sich mit dem Job bei der „sehr großen Institution“ FC Bayern schon seit seiner Verpflichtung im Januar intensiv beschäftigt. Immerhin versprach er, was man sich beim Triple-Gewinner erhofft: „Ich liebe es anzugreifen, das ist meine Idee von Fußball.“
Bis zum 30. Juni 2016 läuft der Vertrag des global bewunderten Trainers, der nun das beste Team Europas übernommen hat. „Oben zu sein, ist das eine, oben zu bleiben, das andere. Das ist die schwierigste Herausforderung, die ein Trainer haben kann“, hob Präsident Hoeneß hervor. „Deshalb ist Pep Guardiola genau der richtige Mann, um die enorme Herausforderung nach einem gigantischen Jahr mit diesem Verein, den Fans, mit uns allen zusammen anzunehmen. Ich bin überzeugt, wenn nicht er, wer sonst, könnte diese Herausforderung bestens bestehen.“
Zwei Tage vor dem Trainingsauftakt an diesem Mittwoch vor erwarteten 25 000 Zuschauern frohlockte auch Rummenigge. „Wir empfinden es als großes Glück, Stolz und große Herausforderung, den erfolgreichsten Trainer der Welt zum FC Bayern zu holen“, erklärte Rummenigge. „Es ist für Bayern München eine wunderbare Geschichte, aber ich denke auch für den deutschen Fußball.“ Neugierig sei er auf das, was komme – und am Ende des Tages müssen Titel her. „Das Maß aller Dinge ist die Bundesliga, und in den anderen beiden Wettbewerben wollen wir eine gute Rolle spielen“, erklärte der Vorstandschef der Nummer 2 des UEFA-Rankings. „Nach wie vor die Nummer 1 ist weiter der FC Barcelona – dank Pep Guardiola.“
Nun sind der Hochgelobte und seine Entourage von vier vertrauten Assistenten („Toll, dass die genannten Personen bereit waren, mir zur folgen.“) aber in München. Von einer Ära selbst mochte Guardiola, der die deutschen Fragen auf Deutsch und die spanischen auf Spanisch beantwortete, nicht sprechen. „Es wäre arrogant von vorneherein zu sagen, dass eine neue Ära eingeleitet wird. Der Fußball ist sehr komplex. Man muss Schritt für Schritt gehen.“
Für den Erfolg will sich Guardiola möglicherweise bei Vorgänger Jupp Heynckes erkundigen. „Seine Meinung wäre super für mich“, sagte der Mann, der in vier Jahren 14 Titel mit Barça gewann. Es sei „ein Geschenk“ in München zu sein, eine Ehre, Heynckes zu folgen. „Ich hoffe, dieses Niveau der Mannschaft aus der letzten Saison zu halten.“ Ein bestimmtes System schwebt ihm dabei nicht vor. „Ich muss mich 100 Prozent unseren Spielern anpassen. Fußball gehört den Spielern und nicht den Trainern“, bekräftigte der Olympiasieger von 1992.
„Herzlich willkommen, Pep“, prangte auf einem rötlichen gehaltenen Foto im Hintergrund – von den Verantwortlichen des deutschen Fußball- Rekordmeisters bekam er beim Auftritt in der Arena reichlich Vorschusslob. „Guten Tag, grüß Gott, meine Damen und Herren. Verzeihen Sie mir mein Deutsch, aber ich habe ein Jahr in New York gelebt und es ist nicht der optimale Ort, um Deutsch zu lernen“, waren die ersten Worte des Spaniers auf dem Pressepodium. Wohlvorbereitet war er von seiner Deutschlehrerin, pikanterweise eine Anhängerin von Borussia Dortmund.
Im Laufe der Präsentation taute Guardiola aber auf, scherzte mit Sportdirektor Matthias Sammer und berichtete über die immense Vorfreude auf seinen ersten Job als Trainer fernab der Heimat. Sammer selbst verspürte vor allem den „Wunsch“, dass der am Sonntagabend mit der Familie in München angereiste Coach, „sich so schnell wie möglich in München wohlfühlt, weil Pep dann auch frei arbeiten kann“, hob der Sportvorstand hervor.
Zu den ersten beiden Übungseinheiten unter Guardiola werden am Mittwoch und Donnerstag jeweils 25 000 Fans erwartet. Der Erlös der Tickets für jeweils fünf Euro soll für Flutopfer gespendet werden. An diesem Samstag treten die Münchner zum ersten Testspiel in Weiden in der Oberpfalz gegen ein Fanclub-Team an, am Sonntag steht eine Partie beim TSV Regen im Bayerischen Wald an.