Zum Teil heftige Ausschreitungen im Ausrichterland der WM 2014. Die Behörden gingen ihrerseits teilweise brutal gegen die Demonstranten vor. Hunderte Festnahmen in Sao Paulo und Rio.

Rio de Janeiro. Massenproteste, Gewalt auf den Straßen und brennende Autoreifen: Vor dem Beginn des Confed Cups am Sonnabend ist die Lage in Brasilien angespannt. Trotz der zum Teil heftigen Ausschreitungen im Ausrichterland der WM 2014 sieht der Fußball-Weltverband FIFA die Sicherheit jedoch nicht gefährdet. „Es gibt das Grundrecht auf Redefreiheit. Wir respektieren die Proteste und haben vollstes Vertrauen in die örtlichen Behörden, mit denen wir in engem Kontakt stehen. Die Sicherheitsfrage bei jedem Turnier obliegt den Behörden. Aber wir beobachten die Situation“, sagte Fifa-Sprecher Pekka Odriozola am Freitag in Rio de Janeiro.

Dort wie auch in Sao Paulo, der Hauptstadt Brasilia sowie in Belo Horizonte und Natal hatte es aus unterschiedlichen Gründen Proteste gegeben, die zum Teil in gewaltsame Ausschreitungen mündeten. Die Behörden gingen ihrerseits teilweise brutal gegen die Demonstranten vor. In Brasilia richteten sich die Demonstranten gegen die „WM der Reichen“, von denen der normale Bürger nichts habe. In den anderen Städten wehrten sich vor allem Studenten gegen die jüngsten Fahrpreiserhöhungen im öffentlichen Nahverkehr. In Sao Paulo und Rio kam es in der Nacht auf Freitag zu Hunderten Festnahmen.

Präsidentin Dilma Rousseff versuchte, die Lage bei einem Besuch in Rocinha, Rios größter Favela, zu beruhigen. „Wir profitieren von der WM - nicht nur durch Freude am Fußball, wenn wir Brasilien spielen sehen, sondern in Sachen Sicherheit und Infrastruktur“, sagte sie. Sportminister Aldo Rebelo nannte die Demonstrationen wegen der derzeitigen weltweiten Aufmerksamkeit „vorhersehbar. Das ist ja nur ein Ausdruck eines demokratischen Landes, in dem jeder seine Meinung frei äußern kann. Das Einzige, um was wir bitten, ist, dass die Prinzipien des Rechtsstaats eingehalten und Gewalt vermieden wird - auf beiden Seiten.“

„Wir sind für jede Art von Bedrohung gerüstet“

Regis Fichtner, Sekretär für Innere Angelegenheiten des Bundeslandes Rio de Janeiro, ergänzte: „Die Wahrheit ist, dass hier einige Personen den Umstand ausnutzen, dass wir zur Zeit ein großes Event hier haben. Um die Stadien haben wir einen Sicherheitsgürtel, nur Personen mit Akkreditierung oder Eintrittskarte haben Zugang. Dort werden wir nicht solche Probleme haben.“ Die Polizei in Rio hat die Sicherheitsvorkehrungen in den vergangenen Tagen deutlich erhöht. Über dem Maracana-Stadion kreisen immer wieder Hubschrauber. Zudem kommen bei der Eröffnungs- und Schlussfeier des Confed Cups in Brasilia und Rio Drohnen zum Einsatz. „Sie dienen der Überwachung und sind nicht bewaffnet“, sagte General Jamil Megid Junior aus dem Verteidigungsministerium am Freitagnachmittag bei der Vorstellung des Sicherheitskonzeptes, die in einem Fort an der Copacabana stattfand.

Die „Mini-WM“ gilt in der Sicherheitsfrage nicht nur als Testlauf für die WM, sondern auch für Olympia 2016 in Rio. Zusätzlich zu den ohnehin eingesetzten Polizisten stehen für diese Sport-Events 54.000 Sicherheitsleite zur Verfügung, die Kosten des Sicherheitsprogramms belaufen sich auf 1,17 Milliarden Reais (350 Millionen Euro). „Wir sind für jede Art von Bedrohung gerüstet“, versicherte Jose Monteiro, der zuständige Operationschef des Justizministeriums. Die Unruhen erforderten aber nicht das Eingreifen der Spezialkräfte. Die lokalen Behörden hätten Erfahrung damit und er sei sicher, „dass sie diese Dinge schnell in den Griff bekommen werden“, betonte Monteiro: „Verbieten können wir die Demos nicht, das ist ein Menschenrecht.“

„Die WM ist nicht für die Brasilianer“

Am Freitagmorgen hatte in Brasilia eine Gruppe von rund 200 Demonstranten für Tumulte vor dem Nationalstadion gesorgt, wo am Samstag mit der Partie Brasilien gegen Japan der Confed Cup startet. Die Anhänger der „Bewegung obdachloser Arbeiter“ (MTST) versperrten die Hauptverkehrsstraße Eixo Monumental mit Autoreifen und steckten diese in Brand. Weitere Aktionen sind für den Spieltag angekündigt. „Morgen sind wir wieder hier“, sagte Thiago Avila, einer der Führer der lokalen MTST-Gruppe.

„Die WM ist nicht für die Brasilianer, nur eine Minderheit aus dem Volk wird die Spiele sehen. Wir aus den unteren Schichten haben keinen Zugang“, sagte Edenilson Parana von MTST. Auf Flugblättern kündigten die Demonstranten für die nächsten Tage Proteste in allen zwölf WM-Spielorten an. „Während die Welt zusieht, wie Männer mit dem Ball spielen, sind mehr als 250.000 Menschen ohne Unterkunft“, hieß es auf einem Plakat.