Javi Martinez greift beim Confed Cup mit Spanien nach dem nächsten Titel. Für den Bayern-Profi ist das Turnier aber vor allem die Chance, sich bei Nationalcoach Vicente del Bosque zu empfehlen.

Rio de Janeiro/Recife. Seine Mutter würde ihn am liebsten im Angriff sehen, er selbst wollte mal Torhüter werden, spielt aber bei Bayern München im Mittelfeld - doch bei Spanien sitzt Javi Martinez zumeist auf der Bank. Der 24-Jährige sei ein Spieler mit sehr großer Zukunft in der Seleccion, sagte Nationaltrainer Vicente del Bosque zwar häufiger. Doch diese Zukunft ließ lange auf sich warten.

Jetzt, beim Confed Cup in Brasilien, könnte sie endlich Gegenwart werden. Wenn der Welt- und Europameister am Sonntag (0 Uhr MESZ/ZDF) in Recife gegen Südamerika-Champion Uruguay in die „Mini-WM“ startet, könnte dem Münchner eine Hauptrolle zukommen. Del Bosque fehlt Xabi Alonso von Real Madrid, einer der beiden Stamm-Sechser, der Platz neben Sergio Busquets (FC Barcelona) ist frei - sofern der Coach nicht wieder wie beim 2:0 im letzten Test gegen Irland im 4-3-3-System mit nur einem zentralen Abräumer spielen lässt. Die Besetzung der defensiven Schaltzentrale ist nicht die einzige offene Frage in del Bosques Gedanken.

Im Tor ist Iker Casillas, bei Real zuletzt nur noch die Nummer 2, nicht mehr unumstritten. Und im Angriff ist gleich alles offen: Mit dem bei Barca zuletzt schwachen Cesc Fabregas als „falscher Neun“? Oder doch mit echter Spitze? Aber wenn ja, mit wem? „Es fällt mir schwer, aus einer sehr guten Gruppe die Besten auszuwählen“, bekannte del Bosque vor wenigen Tagen. Im vorletzten Test durfte Martinez 90 Minuten vorspielen, doch Spanien mühte sich mit ihm zu einem 2:1 gegen Fußball-Zwerg Haiti.

Dass der Münchner nicht gesetzt ist, das überrascht in Deutschland viele. Dort hat er die Rekordablöse von 40 Millionen Euro, die der FC Bayern im vergangenen Sommer an Athletic Bilbao überwies, längst gerechtfertigt. Mit Nationalspieler Bastian Schweinsteiger bildet „Xaver“, wie der ihn neckisch nennt, ein kongeniales Wadlbeißer-Duo. Eines für die großen Spiele. Beim Triumph im Champions-League-Endspiel gegen Borussia Dortmund trumpfte Martinez groß auf. Als einziger Startspieler blieb er ohne Fehlpass, gewann 72 Prozent seiner Zweikämpfe. „Mit so einem Mann gewinnst du Schlachten“, schwärmte Franz Beckenbauer. Und Titel.

Holt Spanien erstmals den Pokal beim „Festival der Champions“, ist Martinez der erste Spieler, der als Gewinner des Confed Cups, Welt-, Europa- sowie nationaler Meister, Pokalsieger und Champions-League-Sieger amtiert. Das Duell mit Uruguay ist auf dem Weg zum Sieg in der Gruppe B so etwas wie ein Finale, Afrikameister Nigeria und besonders Ozeanienmeister Tahiti gelten als Außenseiter. Del Bosque freut sich auf „ein großartiges Turnier“, betont aber: „Es wird nicht einfach, es zu gewinnen.“

Martinez könnte dabei helfen - so, wie er es in München tat. Da ist er längst angekommen, sogar sprachlich. Schweinsteiger bringe ihm Bairisch bei, verriet er kürzlich. Nach dem Gewinn des Triples twitterte er am 1. Juni: „MIA SAN GESCHICHTE“. Für Kapitän Philipp Lahm ist Martinez „genau der Spieler, der uns gefehlt hat“. Del Bosque denkt (noch) nicht so. Er schätzt ihn, lobte ihn als „kompletten Spieler“ und „großartigen Menschen“. Doch beim wichtigen WM-Qualifikationsspiel in Frankreich am 26. März (1:0) verzichtete er auf ihn. Martinez äußerte Verständnis und versuchte, sich weiter anzubieten. Das will er jetzt wieder tun, dafür verzichtet er erneut auf einen Teil seines Urlaubs. Das ist er bereits gewohnt, seit 2009 nahm Martinez in jedem Sommer an einem großen Turnier teil - ob mit der U21, der Olympia-Auswahl oder der Seleccion. Das soll sich nun auszahlen. Damit Martinez endlich seinen Platz findet. Nicht im Sturm, nicht im Tor - und auch nicht auf der Bank.