Der besiegte Gegner von Wladimir Klitschko, Tony Thompson, spricht fair und nachdenklich über die Niederlage. Der 40-Jährige resümierte nach seiner K.-o.-Niederlage nicht nur den Kampf, sondern seine gesamte Karriere.
Bern. Es war eine Wohltat, nach einem Klitschko-Kampf einem Gegner zuzuhören, der sich nicht nur fair, sondern auch sehr nachdenklich und klug zu äußern wusste. Tony Thompson, 40, resümierte nach seiner K.-o.-Niederlage nicht nur den Kampf, sondern seine gesamte Karriere.
Hamburger Abendblatt: Herr Thompson, nach einem Knock-out muss die erste Frage lauten: Wie geht es Ihnen?
Thompson: Danke, alles ist gut. Er hat mich hart erwischt, vor allem in der fünften Runde, aber mir fehlt nichts.
Wie geht es Ihren drei Kindern, die Ihre Niederlage live am Ring mitansehen mussten?
Interviews nach dem Klitschko-Sieg
Thompson: Kinder sind stärker, als wir oft glauben. Natürlich war es hart für sie, mich am Boden zu sehen. Aber ich habe ihnen sofort ein Zeichen gegeben, dass es mir gut geht, und da war für sie alles in Ordnung. In der Kabine haben wir schon wieder gescherzt und Pläne geschmiedet für die nächsten Wochen, in denen wir all die Spiele machen werden, die in der Vorbereitung zu kurz gekommen sind.
Warum haben Sie diesmal nicht die Leistung zeigen können wie vor vier Jahren in Hamburg, als Sie es im ersten Duell mit Wladimir in die elfte Runde schafften?
"Schneller, stärker, besser": Klitschko sucht Gegenwehr
Thompson: Ich hatte einfach zu viel Respekt heute. Ich habe an mich geglaubt, aber mein Plan ist nicht aufgegangen. Ich wollte den Kampf bestimmen und diktieren, aber das hat Wladimir nicht zugelassen. Er ist ein großartiger Champion und war einfach zum zweiten Mal besser als ich.
Sie wirkten längst nicht so aggressiv wie im ersten Kampf. Haben Sie dafür eine Erklärung?
Thompson: Das Problem ist, dass ich in den vergangenen vier Jahren nicht auf dem Level geboxt habe wie Wladimir. Ich hatte nie einen starken Promoter, der mir die Kämpfe gegen die großen Namen verschafft hat. Ich wollte gegen alle boxen, die Adameks, Hayes und Arreolas, aber die wollten nicht gegen mich antreten. Also musste ich die Jungs aus der zweiten Reihe boxen, alles keine schlechten Jungs, aber eben nicht auf dem Niveau von Wladimir. Diese Erfahrung hat mir gefehlt, und das hat man heute gesehen.
Sind Sie neidisch auf das, was Wladi-mir Klitschko hat und kann?
Thompson: Neidisch nicht, ich gönne es ihm und wünsche weiterhin viel Erfolg, er ist auf dem Weg, eine Legende in unserem Sport zu werden, und er verdient jeden Respekt. Aber ich denke schon manchmal, wo ich jetzt stehen würde, wenn ich das gehabt hätte, was Wladimir hatte. Als er 1996 Olympia-sieger wurde, hatte ich drei Jobs, um die Familie durchzubringen. Als er zum ersten Mal Weltmeister wurde, habe ich mit dem Boxen begonnen. Dieser Sport hat mich nie geliebt.
Jetzt sind Sie 40 Jahre alt. Wie geht es für Sie in diesem Sport weiter?
Thompson: Ehrlich gesagt weiß ich das heute noch nicht. Ich werde ernste Gespräche mit meinem Team und meiner Familie führen, und dann werde ich eine Entscheidung treffen. Im Moment weiß ich jedoch nicht, warum ich noch weiterboxen sollte. Ich glaube weiterhin daran, dass ich die Fähigkeiten habe, um jeden Schwergewichtler der Welt zu besiegen – außer eben Wladimir Klitschko. Aber er ist die Herausforderung, und wenn du den Champion nicht schlagen kannst, welchen Sinn hat es dann noch, weiterzumachen?
Klitschko bleibt Fernseh-Zugpferd
Die besten Box-Weltmeister Wladimir Klitschko bleibt ein Fernseh-Zugpferd. 8,36 Millionen haben am Samstagabend den 51. k.o.-Sieg des ukrainischen Schwergewichtschampions gegen den Amerikaner Tony Thompson vor dem Bildschirm verfolgt. Die RTL-Übertragung aus Bern erreichte nach Angaben des Senders einen starken Marktanteil von 41,5 Prozent. Das zeitgleich ausgestrahlte „Aktuelle Sportstudio“ des ZDF rutschte dagegen unter die Millionen-Marke. Nur 940 000 wollten den TV-Klassiker um 23 Uhr sehen. Der Marktanteil betrug fünf Prozent.
Zur Prime-Time um 20.15 lockte der skandinavische ZDF-Krimi „Der Kommissar und das Meer: Der sterbende Dandy“ die meisten Zuschauer: 4,22 Millionen (18,6 Prozent) verfolgten den Fall um einen ermordeten Kunsthändler. Die ARD-Show „Brot und Spiele – Das große Geschichts-Spektakel“ mit Matthias Opdenhövel kam auf 3,11 Millionen (13,6 Prozent). Die Actionkomödie „G-Force – Agenten mit Biss“ auf Sat.1 schauten 2,18 Millionen (9,5 Prozent), die Pro Sieben-Show „17 Meter – Wie weit kannst Du gehn“ erreichte 1,38 Millionen Zuschauer (6 Prozent)