Die Münchner zeigen beim Sieg in Augsburg puren Ergebnisfußball – Flitzer glänzt mit Flickflacks

Augsburg. Plötzlich flitzte dieser Mann über den Rasen und zog die ganze Aufmerksamkeit auf sich. Sogar die Auswechslung von Bayern-Spieler Franck Ribéry in der Nachspielzeit geriet am Sonntagabend in Augsburg in den Hintergrund. Und der nackte Mann, nur mit einer Baseballkappe und Schuhen bekleidet, muss ein guter Turner sein. Nicht weniger als vier astreine Flickflacks bot er den 30.660 Zuschauern. Und die freuten sich genauso über die gelungenen Handstütz-Überschläge wie hinterher Bayern-Stürmer Mario Gomez.

„Wenn schon ein Flitzer, dann muss er auch etwas bieten können“, sagte der Nationalstürmer. Er machte eine Kunstpause und fügte mit einem Kenner-Lächeln hinzu: „Und er hatte etwas zu bieten.“

Da hatte der Flitzer dem FC Bayern – zumindest dem der zweiten Hälfte – etwas voraus. Nach Wochen des Erlebnisfußballs zeigte der deutsche Rekordmeister bei den tapferen Augsburgern erstmals Ergebnisfußball. Es war ein schmutziger Sieg, dieses 2:1 beim Aufsteiger. „Es war glücklich, aber nicht unverdient“, fasste Gomez das Geschehen treffend zusammen.

Dabei hatte es so gut begonnen. Mit zwei frühen humorlosen Toren von Gomez (16.) und Ribéry (28.) hatten die Münchner in diesem ersten bayerischen Derby die Hoffnungen der Augsburger auf eine Überraschung schnell zunichtegemacht. Auch das Fehlen von Bastian Schweinsteiger nach dessen Schlüsselbeinbruch führte nicht zu einer Störung der Balance im defensiven Mittelfeld. Der 19 Jahre alte David Alaba spielte neben Anatoli Timoschtschuk furcht- und größtenteils auch fehlerlos. Doch die Präsenz, diese Gespür für den Tempowechsel, für den langen präzisen Pass kann der Österreicher natürlich nicht haben. „Wir wissen, dass wir Bastian nicht Eins zu Eins ersetzen können“, sagte Bayern-Kapitän Philipp Lahm. „Aber wir wollen jetzt nicht nach jedem Spiel über ihn reden.“

Ob Lahm will oder nicht, über die Besetzung der Sechserposition dürfte es vor dem Spitzenspiel gegen Dortmund in zwei Wochen weitere Debatten geben. Erst recht, nachdem Timoschtschuk in der Nachspielzeit die Rote Karte wegen eines ungestümen Fouls gegen Daniel Baier gesehen hatte. Ein Kandidat ist dabei auch Toni Kroos, der sich aber eher als offensiver Spieler auf der Zehn sieht. „In Luiz Gustavo und Danijel Pranjic haben wir ja auch zwei gute Leute für diese defensive Rolle“, sagte Kroos.

Auch Jupp Hynckes ärgerte sich über die Rote Karte von Timoschtschuk, wollte sich aber nicht lange damit aufhalten. „Wenn wir das 3:0 gemacht hätten, wäre das Spiel gegessen gewesen“, sagte der Bayern-Trainer. Doch es kam anders – dramatischer, als es sich der 66 Jahre alte Fußballlehrer hätte vorstellen können. Seine Mannschaft spielte unsauber, unkonzentriert, mitunter sogar überheblich. Nachdem der Japaner Hajime Hosogai den 1:2-Anschlusstreffer (59.) erzielt hatte, war Augsburg dem Ausgleich näher als München dem 3:1. Der eingewechselte Edmond Kapllani hätte sich sieben Minuten vor Schluss „unsterblich machen können“, wie es Augsburgs Manager Andreas Rettig ein wenig pathetisch ausdrückte.

Kapllani lief allein auf Manuel Neuer zu. Doch der Nationaltorhüter parierte den Ball mit einem unfassbaren Reflex. „Ich bin lange stehen geblieben und habe auf die Reaktion des Stürmers gewartet. Er konnte nur noch rechts einschieben, und da habe ich mich halt lang gemacht“, beschrieb Neuer später unaufgeregt die Szene, in der er dem FC Bayern in seinem 19. Pflichtspieleinsatz erstmals den Sieg bescherte. „Heute hat Manuel auch mal seinen großen Beitrag zum Sieg leisten können“, sagt Gomez anerkennend, nicht abwertend. „Er ist so wichtig für uns, doch das ist oft nicht sichtbar, wenn man 4:0 gewinnt.“

Für Uli Hoeneß war Neuer aber kein Matchwinner. „Er hat nur seinen Job gemacht“, sagte der Bayern-Präsident zunächst freudlos, um dann genüsslich hinzufügen: „Jetzt hat Manuel eine Million abbezahlt.“ Der Flitzer erhält für seine akrobatische Einlage dagegen nichts. Im Gegenteil: Er muss eher noch mit einem Bußgeld rechnen.

Die Statistik

Augsburg: Amsif - Reinhardt, Callsen-Bracker, Sebastian Langkamp, Verhaegh - Hosogai - Brinkmann (59. Gogia), Davids (80. Rafael) - Baier, Werner - Mölders (75. Kapllani). - Trainer: Luhukay

München: Neuer - Rafinha (68. Luiz Gustavo), van Buyten, Badstuber, Lahm - Timoschtschuk, Alaba - Thomas Müller, Toni Kroos (89. Contento), Ribery (90.+1 Pranjic) - Gomez. - Trainer: Heynckes

Schiedsrichter: Felix Zwayer (Berlin)

Tore: 0:1 Gomez (16.), 0:2 Ribery (28.), 1:2 Hosogai (59.)

Zuschauer: 30.660 (ausverkauft)

Beste Spieler: Werner, Hosogai - van Buyten, Ribery

Rote Karte: Timoschtschuk wegen groben Foulspiels (90.+3)

Gelbe Karten: Reinhardt (2) - Rafinha (3), Ribery (2)

Torschüsse: 10:14

Ecken: 1:3

Ballbesitz: 39:61 Prozent

Fouls: 16:14