Der englische Formel-1-Fahrer gewinnt den Großen Preis von Deutschland. Der Weltmeister belegt auf dem Nürburgring nur Platz vier.
Nürburgring. Der Besiegte suchte gar nicht erst nach Entschuldigungen. "Wir waren einfach nicht schnell genug. Ich hatte keine Chance, konnte nicht mithalten und habe mich eigentlich das ganze Wochenende nicht so richtig wohlgefühlt", sagte Sebastian Vettel nach dem Großen Preis von Deutschland. Seinen Traum, endlich den Heim-Grand-Prix zu gewinnen, hatte ihm nicht nur der überragende Engländer Lewis Hamilton zerstört. Auch Vettel selbst leistete sich ungewohnte Fehler.
Denn vor 68 000 Zuschauern fuhr der sonst so souveräne Formel-1-Weltmeister erstmals in dieser Saison am Podest vorbei. Der Red-Bull-Pilot belegte am Nürburgring nach ungewohnten Patzern einen für ihn enttäuschenden vierten Platz. Wenigstens diesen bekam er in der letzten Runde durch einen verpatzten Ferrari-Boxenstopp bei Felipe Massa noch geschenkt. "Das war das Maximum, was wir noch rausholen konnten", sagte Vettel. "Die Boxencrew hat am Ende alles richtig gemacht."
Der Titelverteidiger liegt zwar mit 77 Punkten weiterhin deutlich in der Gesamtwertung vorn, doch die Konkurrenz wittert Hoffnung im zuletzt langweiligen Titelrennen. Red Bulls Dominanz nimmt ab, Ferrari und McLaren werden besser. Abgesehen von seinem Ausfall in der vergangenen Saison in Südkorea bedeutete dieser vierte Rang für Vettel das schlechteste Ergebnis seit rund zehn Monaten. Diesen Platz hatte er zuletzt beim Großen Preis von Italien im September 2010 geholt. "Red Bull ist mit den Bedingungen hier überhaupt nicht zurechtgekommen", sagte Formel-1-Legende Niki Lauda.
Es war ein spannendes Rennen, das den ausgebliebenen Regen gar nicht benötigte: Duelle, Überholmanöver, Fahrfehler, Dreher und spektakuläre Abflüge. Sebastian Vettel hatte bereits durch einen mäßigen Start Rang drei an Alonso eingebüßt. Als er in der neunten Runde mit einem Hinterrad auf die nasse Spur geriet und von der Piste kreiselte, verlor er viel Zeit. "Ich habe das Auto verloren", gab Vettel zu. Auch danach konnte er auf die Spitze keine Zeit gutmachen. In den Dreikampf an der Spitze konnte er nicht mehr eingreifen - zur Enttäuschung der Fans.
Der Meister des Rennens aber war der Brite Lewis Hamilton auf dem 5,148 Kilometer langen Kurs. Der britische McLaren-Pilot setzte sich vor Fernando Alonso im Ferrari und Mark Webber im zweiten Red Bull durch. "Super", jubelte Hamilton nach seinem zweiten Saisonerfolg ins Helmmikrofon. "Das war eines der besten Rennen in meiner bisherigen Karriere." Später präzisierte er: "Die Emotion, die Anstrengung und die Energie, die unser Team in diesen Erfolg gesteckt hat, macht den Sieg zu etwas ganz Besonderem. Ich bin aggressiv gefahren, aber zu jeder Zeit kontrolliert. Wir sind zurück im Titelkampf."
Hamilton hatte seinen Triumph bei der zweiten Serie der Boxenstopps zwischen Runde 30 und 32 zementiert. Zunächst behauptete er in einem harten Manöver gegen Webber die Führung, dann überholte er den vor ihm auf die Strecke zurückgekehrten Alonso und zog unwiderstehlich davon.
Adrian Sutil (Gräfelfing), der als Sechster im Force India sein bislang bestes Saisonergebnis feiern konnte, war der einzige Deutsche, der bei seinem Heim-Grand-Prix jubeln konnte. Nico Rosberg (Wiesbaden) landete im Mercedes auf Rang sieben vor seinem Teamkollegen Michael Schumacher - eine große Enttäuschung für den Altmeister. Der Nürburgring-Rekordsieger aus Kerpen büßte ebenfalls durch einen Dreher viele Plätze ein. "Mein Fehler", sagte Schumacher. "Platz sechs wäre drin gewesen." Die größte Schmach: Beide Mercedes-Piloten wurden beim Heimspiel vom Sieger mit einem Kunden-Motor überrundet. Die Kritik wird also nicht abebben. Bereits vor dem Rennen hatte Daimler-Chef Dieter Zetsche Druck auf das werkseigene Team MercedesGP gemacht. "Wir müssen vor allem unsere Hausaufgaben bei den Fahrzeugen machen", sagte er in "Bild am Sonntag".
Seit der Übernahme des Weltmeister-Teams BrawnGP wartet Mercedes sehnsüchtig auf einen Sieg. "Sie sind derzeit sicherlich wettbewerbsfähig, aber nicht so gut, wie wir uns das gewünscht haben", sagte Zetsche.
Timo Glock (Wersau), der seinen Vertrag mit dem Hinterbänkler-Team Virgin um drei Jahre verlängerte, fuhr auf Rang 17. Nick Heidfeld schied als einziger Deutscher schon in der elften Runde aus: Sebastien Buemi drängte den Lotus-Renault-Rivalen in eine Werbetafel, und nach einem Hüpfer blieb der Mönchengladbacher im Kiesbett stecken. "Wenn ich nach rechts gehe, kann er nicht einfach rechts rüberziehen. Das war dumm und ein bisschen gefährlich", beschwerte sich Heidfeld nach dem Rennen. "Zum Glück ist nichts passiert." Die Rennkommissare gaben Heidfeld recht und stuften Buemi für das nächste Rennen fünf Startplätze zurück.