Nur Philipp Petzschner stört mit einem Eklat die deutsche Erfolgsstory in Hamburg
Hamburg. Dem deutschen Tennis, so lautet eine häufig verwendete Unterstellung, fehle es an Typen. Vielleicht wollte Philipp Petzschner dem Abhilfe schaffen, als er am Dienstagmittag vor den versammelten Pressevertretern saß. Vielleicht wollte er lustig sein oder cool wirken, als er nach seiner 2:6, 6:4, 6:7 (5:7)-Niederlage gegen den türkischen Qualifikanten Marsel Ilhan Fragen nach seiner indiskutablen Leistung mit Stellungnahmen zur anstehenden Fußballbundesliga-Saison des HSV beantwortete. Wahrscheinlich jedoch wollte der 27 Jahre alte Bayreuther nur die Geldstrafe umgehen, die ihm bei Schwänzen der Pressekonferenz gedroht hätte. Ganz sicher war sein Auftritt unhöflich und respektlos.
Doch es gab gestern eine Reihe deutscher Profis, die das Auftreten des Daviscup-Spielers kompensierten. Was der Lübecker Tobias Kamke beim 6:1, 6:4-Erfolg über den argentinischen Sandplatzspezialisten Juan Ignacio Chela bot, verzückte die 3000 Besucher auf dem Centre-Court - insgesamt waren 7000 auf die Anlage gekommen. Der 25-Jährige dominierte die Nummer 21 der Weltrangliste nach Belieben. "Dass es so gut läuft, hätte ich nicht erwartet. Dieser Sieg bedeutet mir sehr viel", sagte Kamke, der morgen im Achtelfinale auf den Sieger der heutigen Partie zwischen Bastian Knittel (Stuttgart) und Marin Cilic (Kroatien) trifft.
Julian Reister stand seinem Kumpel in nichts nach. Der Reinbeker setzte sich gegen den Spanier Guillermo Garcia-Lopez 7:6 (7:5) und 6:2 durch und darf sich morgen auf ein Duell mit dem russischen Topmann Michail Juschni freuen. "Das ist ein ganz anderes Kaliber, aber wenn ich mich noch einmal steigere, kann ich auch ihn mit der Unterstützung der Fans besiegen", sagte der 25-Jährige. An das mögliche Viertelfinalduell mit Kamke will Reister nicht denken. "Für uns steht nur das Achtelfinale im Vordergrund", sagte er.
Die Überraschung des Tages gelang Cedric-Marcel Stebe (Vaihingen). Der 20-Jährige, per Wildcard ins Hauptfeld gelangt, bezwang den früheren Weltrangliste-Ersten Juan Carlos Ferrero 6:3 und 6:2. Der Spanier hatte am vergangenen Sonntag das ATP-Turnier in Stuttgart gewonnen. "Möglicherweise war er noch etwas müde. Aber ich habe eine Klasseleistung hingelegt", sagte der Schwabe, der es heute in Runde zwei mit dem Russen Nikolai Dawidenko zu tun bekommt. Diesen hatte er in Stuttgart auf dem Weg ins Viertelfinale in Runde eins besiegt. Am Abend schaltete der Augsburger Philipp Kohlschreiber den kasachischen Titelverteidiger Andrej Golubjew mit 7:5, 6:3 aus. Er trifft heute auf den Spanier Albert Montanes.
Turnierdirektor Michael Stich erlitt am Sonntag bei seinem Schaukampf mit Ivan Lendl einen Knorpelschaden im rechten Knie.