Das Aus in Wimbledon, das endgültige Aus für die Olympischen Spielen. Dennoch ist der Altmeister noch nicht auf seiner Abschiedstour.

London. Der schwarze Dienstag im All England Club hatte seine Spuren hinterlassen. Mit hängenden Schultern und glasigem Blick saß Tommy Haas da, die Enttäuschung wollte und konnte er nicht verbergen. „Ich bin mit meinem Kopf gerade überall“, sagte Haas und holte tief Luft: „Nur nicht mehr in Wimbledon.“

Das Abenteuer Rasentennis, das mit dem Turniersieg inklusive Erfolg über Roger Federer in Halle/Westfalen begonnen hatte, ist tatsächlich bereits beendet. An nur einem Tag erlangte Haas traurige Gewissheit, dass er in diesem Jahr kein Spiel mehr auf dem Belag absolvieren wird, auf dem er an guten Tagen mit der Weltspitze mithalten kann.

Erst verkündete der Tennis-Weltverband ITF, wer die Wildcards für das olympische Tennisturnier (28. Juli bis 5. August) in Wimbledon bekommt. Haas war erwartungsgemäß nicht dabei. „Es ist frustrierend, wenn einen die eigenen Leute vom DOSB nicht nominieren. Ich weiß von der ITF, dass ich eine Wildcard so gut wie sicher gehabt hätte“, beklagte er sich. Dann erwies sich ausgerechnet sein deutscher Erzrivale Philipp Kohlschreiber (Augsburg) als der bessere Spieler im Krimi über 3:14 Stunden und gewann 3:6, 7:6 (10:8), 6:7 (5:7), 7:6 (7:1), 6:2.

+++ Nach mehr als drei Stunden: Kohlschreiber bezwingt Haas +++

Es gab Momente in den vergangenen Jahren, da gefährdeten solche Rückschläge ernsthaft die Karriere des ehemaligen Weltranglistenzweiten. Haas schien auf seiner Abschiedstour. Noch einmal Melbourne, noch einmal Paris: „Die Fans kommen, weil sie nicht wissen, ob ich im nächsten Jahr noch dabei bin“, lautete einer seiner Standardsätze und es klang, als stelle er sich selbst die Frage, wie lange er sich die Tortur der Tennis-Tour noch antun soll.

Als Vater einer Tochter und mit einem Körper, der sich zuverlässig gegen den Hochleistungssport wehrt, ist das Karriereende nicht mehr weit. Immerhin ist Haas bereits 34 Jahre alt. Und doch richtete er seinen Blick nach den bitteren Niederlagen, die auf und abseits des heiligen Rasens im Londoner Bezirk SW19 einstecken musste, nach vorne. Er schaute dabei müde aus und war doch kämpferisch: „Ich hasse es zu verlieren. Niederlagen kotzen mich an.“

+++ Federer fordert Olympiaticket für Hamburger Haas +++

Das hatte wenig von Endzeitstimmung, sondern eher etwas von einem Tennisprofi, der gelernt hat, sich trotz herber Pleiten nicht von seinen Zielen abbringen zu lassen. Sein 13. ATP-Titel bei den Gerry Weber Open hatte Haas bestätigt, dass sich die Qualen nach dem Comeback im vergangenen Jahr ausgezahlt haben. „Es liegen gute Wochen hinter mir. Mein Körper fühlt sich gut an“, sagte Haas: „Ich fühle diesen positiven Schwung im Rücken.“

Was den Routinier hoffnungsvoll in die Zukunft blicken lässt, ist vor allem sein Ranking. Platz 50 bedeutet nicht mehr auf das Wohlwollen der Turnierdirektoren angewiesen zu sein, er braucht keine Wildcards mehr und muss sich nicht mehr durch die Qualifikation quälen wie noch bei den French Open in Paris: „Ich habe jetzt endlich wieder Planungssicherheit. Darüber freue ich mich tierisch.“

Ursprünglich wollte Haas noch in Stuttgart, Hamburg und Kitzbühel spielen, um vor der amerikanischen Hardcourtsaison in der Weltrangliste zu klettern. Nach dem bitteren Aus in Wimbledon ließ Haas allerdings offen, ob er seine Pläne umsetzt oder aber frühzeitig in die USA zurückkehrt.

Dort hat er sich Zeit seiner Karriere immer am wohlsten gefühlt, dort lebt seine Familie und dort kann ihn Tochter Valentina, die im November zwei Jahre alt wird, vielleicht einmal live erleben. Haas hat genügend Ziele - die Rückkehr nach Wimbledon ist eines davon.