Hockeyspieler, Handballer, Fußball-Profis - viele Hamburger Sportler tummeln sich in sozialen Netzwerken und kommentieren Privates.
Hamburg. Nur einen kurzen Moment lang hatte Hans Lindberg seinen Laptop samt dem geöffneten Facebook-Profil aus den Augen gelassen. Der HSV-Handballer bekam nichts davon mit, dass sich ein Kumpel kurzerhand den Rechner schnappte und den bei Facebook angegebenen Geburtstag des dänischen Nationalspielers scherzeshalber auf den nachfolgenden Tag vorverlegte. "Als ich dann tags darauf auf mein Profil guckte, traf mich fast der Schlag", erinnert sich Lindberg, "über 4000 Leute hatten mir auf die Pinnwand geschrieben und mir Glückwünsche gesendet. Sogar Familienangehörige waren darunter ..."
Dieser Vorfall während der Beachhandball-WM 2010 in Antalya war der einzige, der Lindberg bei der Nutzung sozialer Netzwerke Unannehmlichkeiten bereitete. "Ansonsten hatte ich nur positive Erlebnisse mit dem Social Web", sagt der HSV-Handballer, der wie Millionen Deutsche in sozialen Netzwerken aktiv ist, Twitter, Facebook und andere Online-Plattformen nutzt.
Laut einer repräsentativen Erhebung von Forsa vom Oktober 2011 sind rund 74 Prozent der Internetnutzer in mindestens einem sozialen Netzwerk angemeldet; 66 Prozent sind aktive Mitglieder. Hans Lindberg gehört dazu. Der Rechtsaußen hat jüngst den Kurznachrichtendienst Twitter für sich entdeckt. In seiner Heimatsprache Dänisch schreibt er regelmäßig Mitteilungen, veröffentlicht Fotos, die ihn mit seinem Hund oder in Anwesenheit der Nationalmannschaftskollegen zeigen. "Ich schreibe und poste Dinge, von denen ich hoffe, dass sie nicht so langweilig sind", sagt der 30-Jährige, "aber sicherlich kann ich noch einiges lernen."
Facebook und Twitter
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Gelernt hat auch Teamkollege Pascal Hens. Und zwar, dass Popularität im Social Web durchaus ihre Tücken haben kann. Unter seinem Namen finden sich bei Facebook derzeit gleich drei Personen, deren Profil auch das Foto des HSV-Kapitäns ziert. Kurios: Hens selbst besitzt keinen eigenen Facebook-Account, sondern lediglich eine Fan-Seite, die von Stefan Mellin von der Agentur kaliber5 in Absprache mit Hens und seiner Ehefrau Angela betreut wird. Mellin berät den Handball-Star in Medienangelegenheiten und hat vor ein paar Monaten gefälschte Fan-Seiten seines Klienten auf Facebook löschen lassen. "Bei Profilen von Personen ist das allerdings nicht so einfach möglich", erklärt Mellin, "man kann sehr schlecht nachweisen, dass diejenigen, die diese Profile angelegt haben, nicht ebenfalls Pascal Hens heißen." Der Rechtsrahmen sei hier sehr vage formuliert, betont der PR-Experte: "Leute, die gefälschte Profile betreiben, zur Rechenschaft zu ziehen, ist zwar grundlegend möglich, gestaltet sich in der Realität aber schwierig."
Diese Erfahrung hat auch der Hamburger Schwimmer Steffen Deibler gemacht, der häufig und gerne im Social Web aktiv ist, leidenschaftlich gerne twittert, Nachrichten postet und auch bloggt. Vor einigen Jahren hatte jemand bei dem Portal "schüler.vz" ein Profil unter seinem Namen angelegt. "Die Polizei hat nicht rausbekommen, wer das war", erzählt Deibler. Immerhin: Das Profil wurde gelöscht und bereitete keinerlei Probleme mehr.
Trotz des Vorfalls ist Deibler eher Fan als Kritiker sozialer Netzwerke. "Twitter und Facebook geben einem als Profisportler die Möglichkeit, sich mitzuteilen und den Menschen einen Einblick in das Leben eines Athleten zu gewähren", sagt der Schwimmer. Auch aus diesem Grund informiert er seine derzeit 330 Follower über unliebsame Dopingkontrollen, Wettkampfzeiten, Trainingsflair und Reisestrapazen. Dem 24-Jährigen ist es wichtig, Fan-Seiten und Accounts selbstständig zu betreuen und persönliche Nachrichten zu verfassen - "sonst geht die Authentizität verloren", sagt Deibler. Ganz intime Dinge gibt er nicht preis, "aber Buchtipps, Filmhighlights und Konzertgänge gerne". Persönlich informiert sich Deibler etwa bei Twitter vor allem über die Vorgänge in der internationalen Schwimmerszene. "Es gibt weltweit viele Athleten, die twittern - in Australien, den USA, Neuseeland ... Über sie erhalte ich Informationen, die ich über die Medien hierzulande niemals bekommen könnte", sagt Deibler, für den der Kurznachrichtendienst insofern "einen echten Mehrwert" hat.
Den kann auch Hockey-Ass Moritz Fürste bestätigen. Der Nationalspieler vom Uhlenhorster HC verfolgt auf Twitter vor allem die Entwicklungen in der Hockeyszene, schreibt meist auf Englisch, "da das Angebot in Deutschland bislang nur zögerlich genutzt wird". Während Fürste selbstständig twittert, wird seine Facebook-Fanseite von seinem Management betreut. Und auch bei Twitter ist Fürste lieber vorsichtig mit Inhalten, die er seinen 478 Followern zur Verfügung stellt. "Man muss sich bewusst sein, dass theoretisch jeder Mensch diese Nachrichten lesen kann", sagt der 27-Jährige, "deshalb halte ich mich mit ganz privaten Details zurück."
Drei bis fünf persönliche Anfragen von Fans erhält Fürste pro Woche über Twitter oder Facebook - und sie alle werden von ihm persönlich beantwortet. Die Möglichkeit zum Kontaktaustausch mit Fans und Anhängern sei eine spannende Sache, betont Fürste. Er selbst habe einmal eine Nachricht von der Tennisspielerin Andrea Petkovic erhalten, die er persönlich nicht kennt. "Sie hat mir und meinen Nationalmannschaftskollegen viel Erfolg für Olympia gewünscht, weil wir eines der wenigen Teams sind, das sich qualifiziert hat. Das war schon eine riesige Überraschung", erzählt Fürste.
Seine Teamkameraden vom UHC konnte der Hockeyspieler dennoch nicht vom Twittern überzeugen. "Die sträuben sich und halten das Ganze für nicht sonderlich sinnvoll", sagt Fürste, "sich mitzuteilen, ist offensichtlich nicht jedermanns Sache."
Eher zurückhaltend präsentiert sich auch HSV-Profi Marcell Jansen. Zwar twittert er selbstständig, die Nachrichten ranken sich allerdings meist um Spielergebnisse, Trainingseinheiten oder große Sportevents. "Mein Privatleben mag ich nicht an die große Glocke hängen, da hab ich gern meine Ruhe", sagt Jansen, "ich bin kein Hollywoodstar. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es interessiert, wo ich gerade mit meinem Hund spazieren gehe. Oder wenn ich mal den Tag im Bett bleibe."
Großzügiger geht da Teamkollege Jeffrey Bruma mit privaten Informationen um. Er gratuliert seiner Schwester zum Geburtstag, postet Lebensweisheiten, vermerkt Shoppingtouren mit seiner Mutter und veröffentlicht auch mal ein Foto von einem Ölgemälde, das er sich in sein Haus hängen will. "Ich kommuniziere über Twitter viel mit Freunden oder Fans. Deswegen gebe ich persönliche Sachen preis", sagt der Niederländer, der häufig auf Englisch twittert. Doch auch Bruma setzt sich Grenzen: "Über jede aktuelle Gefühlslage muss ich nicht berichten."
Wer sich dazu entscheidet, Hamburgs Profisportlern auf ihrer Reise durch das World Wide Web zu folgen, sollte also nicht zu viel erwarten. Dennoch bieten soziale Netzwerke die vielleicht einmalige Gelegenheit, direkt mit den Stars zu kommunizieren und vor allem einen Einblick in den Lebensalltag der Profisportler zu erhalten. "Diese Chance ist einzigartig", sagt Schwimmer Steffen Deibler und prophezeit: "Die Netzwerke werden sicher weiter an Bedeutung gewinnen."