Im Achtefinale der Champions League gab Super-Star Lionel Messi Bayer Leverkusen mit seinem FC Barcelona beim 7:1-Sieg eine Lehrstunde im Fußball.
Barcelona. Ein Spiel, das in die Fußball-Geschichtsbücher eingehen wird: In einer bitteren Lehrstunde zeigte Super-Star und Weltfußballer Lionel Messi, in verschiedenen Medien zum Gott ernannt, Bayer Leverkusen, wie man Fußball spielt. Quasi im Alleingang besiegte der Argentinier den Bundesligisten mit 7:1. Fünf Tore schoss der kleine Wirbelwind selbst, das ist Rekord. Bisher hatte kein Fußball-Spieler mehr Tore in einem Champions League Spiel geschossen. Titelverteidiger FC Barcelona fügte zudem die für Bayer Leverkusen höchste Niederlage in einem Europacup-Spiel zu. Die bisher höchste Niederlage seit der Europacup-Premiere 1986/87 gab es 2002 mit dem 2:6 bei Olympiakos Piräus.
Lionel Messi hat mit seinen fünf Treffern am Mittwoch nun schon zwölf Tore in sieben Champions-League-Spielen geschossen. Im Hinspiel in Leverkusen war Titelverteidiger FC Barcelona mit einem 3:1 noch gnädig zur Werks-Elf. Am Mittwoch aber verabschiedete sich Leverkusen sang- und klanglos von der großen europäischen Fußball-Bühne. So hoch hatte Bayer seit der Europacup-Premiere 1986/87 noch nicht verloren, die höchste Niederlage hatte es zuvor 2002 mit dem 2:6 bei Olympiakos Piräus gegeben.
Als seine Gala beendet war, hatte Hauptdarsteller Lionel Messi alle Hände voll zu tun. Zunächst gab es Trost für die Statisten aus Leverkusen, dann den ausgiebigen Dank an die anderen katalonischen Künstler. Ein kurzer Blick gen Himmel, dann schlenderte der Argentinier gedankenversunken zu seinem Arbeitsgerät und schnappte sich traditionell den Spielball. Wahrscheinlich realisierte er erst in diesem Moment, dass er beim 7:1 seines FC Barcelona gegen Bayer Leverkusen mal wieder ein neues Kapitel Fußball-Geschichte geschrieben hatte. Und was für eines. Messis Meisterstück war für eine völlig überforderte Werkself ein Drama in fünf Akten.
Fünf Tore, und das in einem Achtelfinale der Champions League. Dazu stellte Messi den eigenen Rekord von zwölf Toren in einer Saison in der Königsklasse ein – und das in bislang nur sieben Spielen. Doch Zahlen sind zweitrangig. Sein Auftritt war eine Demonstration allerhöchster Fußballkunst, seine Tore irgendwo zwischen Genie und Wahnsinn und selbst banale Abstauber wie beim 4:0 sehen leichtfüßiger aus. Seine unerreichte Zärtlichkeit in der Beziehung zum Ball ein Zusammenspiel von Tempo und Poesie. Und was sagte der König Kataloniens selbst? "Es ist schön, fünf Tore zu machen. Das Wichtigste ist aber, dass wir weitergekommen sind.“ Aha.
Seine Bescheidenheit und Demut sind ein Schlag ins Gesicht für Glamour-Fußballer wie Cristiano Ronaldo, der gerne für sich den Titel des besten Fußballers der Welt beansprucht. Messi ist Magie, und die 75.632 Zuschauer im Camp Nou können stolz von sich behaupten: "Ich war dabei“. Schon während des Spiels standen sie auf, verneigten sich und feierten ihren 1,69 Meter kleinen "Floh“ mit "Messi, Messi“-Sprechchören. Und auch die spanischen Medien überschlugen sich in Lobeshymnen.
Die dem großen Rivalen Real Madrid nahe stehende "AS“ druckte gleich eine Liebeserklärung. "Eines Tages wird er aufhören zu spielen, und wir werden anfangen, uns an ihn zu erinnern. Eines Tages werden wir unseren Nachfahren erzählen, dass wir ihn haben spielen sehen. Wir werden versuchen, ihn zu beschreiben und dafür werden wir eine Sintflut von Adjektiven benötigen. Aber ganz sicher wird es ein Lächeln auf unser Gesicht zaubern.“ Für die "Sport“ ist Messi "kein Fußballer. Er ist ein Außerirdischer. So sehr man sich auch müht, es gibt keine Worte, um Leo Messi zu beschreiben.“
Das Starensemble von Startrainer Pep Guardiola war gegen die Werks-Elf aber auch nicht wirklich gefordert. Mit traumwandlerischer Sicherheit wanderte der Ball durch die Reihen des spanischen Meisters, dazu hatten sie wieder einen Messi in bestechender Form in ihren Reihen. Der Argentinier erzielte seine Champions-League-Tore Nummer acht bis zwölf (25., 42., 50., 58. und 85.). Außerdem traf Tello zweimal für Barca (55. und 62.). Den Ehrentreffer markierte Karim Bellarabi in der 90. Minute.
"In dieser Deutlichkeit tut eine Niederlage gegen jeden Gegner weh“, sagte Leverkusens Trainer Robin Dutt, ließ aber nichts auf seine Spieler kommen: "Man tut der Mannschaft Unrecht, wenn man sagt, sie hätte aufgegeben. Wir haben versucht, weiter mitzuspielen und sind dafür mit einem Konter nach dem anderen bestraft worden.“ Stefan Kießling richtete den Blick derweil bereits nach vorne: "Wir haben ein hartes Programm in der Bundesliga, das ist ohnehin viel wichtiger“, sagte der Leverkusener Stürmer.
Bereits der Führungstreffer war das Eintrittsgeld wert, als der Argentinier nach einem Traumpass von Xavi den Ball über Leno hinweg ins Tor lupfte. Sehenswert auch Messis zweiter Geniestreich: Nach Zuspiel von Andres Iniesta drang er in den Bayer-Strafraum ein und düpierte schließlich erneut Leno. Nach der Pause ging die Messi-Gala unvermindert weiter. Nach Pass von Cesc Fabregas lupfte er den Ball erneut über Leno, beim vierten Treffer musste er zur Abwechslung den Ball mal nur über die Linie schieben, den krönenden Schlusspunkt setzte er kurz vor Schluss aus 16 Metern.
+++ Kommentar: So hat Leverkusen auch die Bayern blamiert +++
Die Leverkusener wurden von Messi regelrecht zu Statisten degradiert. Im Laufe des Spiels fiel das Bayer-Gefüge mehr und mehr wie ein Kartenhaus zusammen. Die gut 4000 Leverkusener Fans reagierten mit Galgenhumor und skandierten "Auswärtssieg“. Damit scheiterte der Versuch der Rheinländer, mit dem großen FC Barcelona ein wenig mitzuspielen, auf ganzer Linie.
Dabei hatte Bayer-Trainer Robin Dutt diesmal die mutige Variante mit zwei Stürmern gewählt, die bereits in der zweiten Halbzeit am vergangenen Sonnabend den 2:0-Sieg gegen Bayern München eingebracht hatte. So spielten Stefan Kießling und Eren Derdiyok in der Spitze. Dafür musste Nationalspieler Andre Schürrle auf der Bank Platz nehmen. Auch Kapitän Simon Rolfes erhielt eine Chance und kam für Manuel Friedrich ins Team.
25 Minuten lang ging die Taktik auch auf, bevor Bayer doch arg unter die Räder geriet. Dabei waren die Spanier mit personellen Problemen – Kapitän Carles Puyol, Eric Abidal, Thiago, Alexis Sanchez und David Villa fielen aus – ins Spiel gegangen, bemerkbar machte sich das nicht. Vielmehr hatten die Zuschauer ihre helle Freude an der Darbietung, bereits nach gut einer Stunde schwappte die La Ola durch das Stadion.
Statistik:
Barcelona: : 1 Valdes - 2 Dani Alves, 3 Pique, 14 Mascherano, 21 Adriano (63. Muniesa) - 6 Xavi (53. Keita), 16 Busquets, 8 Iniesta (53. Tello) - 17 Pedro, 4 Fabregas, 10 Messi. - Trainer: Guardiola
Leverkusen: 23 Leno - 27 Castro, 2 Schwaab, 21 Toprak, 24 Kadlec - 6 Rolfes, 3 Reinartz - 8 Lars Bender (55. Schürrle), 10 Renato Augusto (67. Oczipca) - 19 Derdiyok (55. Bellarabi), 11 Kießling. - Trainer: Dutt
Schiedsrichter: Svein Oddvar Moen (Norwegen)
Zuschauer: 50.000
Tore: 1:0 Messi (25.), 2:0 Messi (43.), 3:0 Messi (50.), 4:0 Tello (56.), 5:0 Messi (58.), 6:0 Tello (62.), 7:0 Messi (82.), 7:1 Bellarabi (90.)
Von Stefan Tabeling und Andreas Reiners mit dapd