Zur 1:4-Erstrunden-Pleite in Frankreich und dem bitteren Gang in die Abstiegsrunde kommen die Umstände der Absage von Philipp Petzschner.

Toulon/Frankreich. Das deutsche Davis-Cup-Team kämpft wieder um das sportliche Überleben und gegen Querelen abseits des Tennis-Platzes. Zur 1:4-Erstrunden-Pleite in Frankreich und dem bitteren Gang in die Abstiegsrunde kommen die Umstände der Absage von Philipp Petzschner, der vor der Partie in Toulon als einer von mehreren Kandidaten abgewunken hatte.

Doch Petzschner fehlt 2010 nicht nur wegen seiner eigenen Turnierplanung – der in Doppel und Einzel einsetzbare Bayreuther hat nach Angaben des Deutschen Tennis Bundes (DTB) erst gar nicht die notwendige Athletenvereinbarung unterschrieben, die der Nationalen Anti-Doping-Agentur (NADA) vorgelegt werden muss. Seine Gründe dafür sind bisher nicht bekannt. Ob es darüber hinaus Verstöße gegen die Meldepflicht gegeben hat, wollte DTB-Verbandsdirektor Klaus Eberhard am Sonntag nicht kommentieren.

Der von Absagen geplagte Teamchef Patrik Kühnen hat Petzschner nach eigenen Angaben nach den Australian Open telefonisch darauf hingewiesen, dass er die Vereinbarung noch nicht unterschrieben hatte. „Dann hat er mir für den Davis Cup abgesagt“, erklärte Kühnen am Sonntag nach der Partie in Frankreich.

Sein vorhandenes Personal beurteilte Kühnen ungewohnt deutlich: „Es ist kein Geheimnis, dass uns ein Spieler gut tun würde, der bei Grand-Slam-Turnieren regelmäßig vorn mitspielt.“. Zunächst aber müssen Philipp Kohlschreiber und Co. vom 17. bis 19. September den Sturz in die Zweitklassigkeit vermeiden. „Das ist eine harte Nuss“, warnte Kühnen, der 2003 den Abstieg miterlebte. Der Gegner für die erste Relegation seit vier Jahren steht erst am 11. Mai fest.

Kohlschreiber war in Toulon der Verlierer des Wochenendes, nachdem er bei der knappen Viertelfinal-Niederlage in Spanien im Vorjahr noch überragt hatte. Doch nach dem verpatzten Auftakt gegen Gael Monfils konnte der Weltranglisten-30., der seit 2007 in die Fußstapfen von Thomas Haas zu treten schien, auch im Doppel nicht überzeugen. An der Seite des stärkeren Spezialisten Christopher Kas war nach dem 1:6, 4:6, 6:1, 5:7 gegen Michael Llodra und Julien Benneteau wie schon 2006 am Samstag die Partie zugunsten der Franzosen entschieden. Damit bleiben DTB-Teams seit 1938 sieglos gegen den Nachbarn.

Kohlschreiber war am Sonntag nicht mehr dabei. Neuling Simon Greul profitierte bei seinem Debüt von einer Verletzung des Weltranglisten- Elften Jo-Wilfried Tsonga. Der gut spielende Greul führte 4:6, 6:2, 1:0, als der im Davis Cup bisher unbesiegte Tsonga mit dem rechten Fuß umknickte und aufgeben musste. Danach verlor Benjamin Becker 2:6, 5:7 gegen Benneteau, der Gael Monfils ersetzte. Becker blieb damit auch in seinem vierten Davis-Cup-Einzel sieglos.

Verbandsdirektor Eberhard nannte den neunmaligen Cup-Sieger Frankreich „die an diesem Wochenende stärkste Mannschaft der Welt“. Das lenkte zwar von den vorhandenen, aber vergebenen deutschen Chancen ab. Doch ohne einen Kohlschreiber in Hochform nützen selbst elf deutsche Spieler unter den besten 100 der Welt wenig – und ein neues Supertalent für den dreimaligen Cup-Sieger ist nicht in Sicht.

Auch in Sachen Teamgeist eilen die zentralistisch organisierten „Blauen“ voraus. „Die Franzosen sind auch auf der Tour eng zusammen. Die meisten haben seit Jahren eine enge Freundschaft“, berichtete Kohlschreiber. Neben Petzschner fehlten Mischa Zverev, Florian Mayer, der verletzte Andreas Beck und Michael Berrer. Wie Eberhard am Sonntag mitteilte, hat auch Berrer die Athletenvereinbarung nicht unterschrieben, weil er am Stichtag nicht dem A-Kader angehörte.

Noch am Samstag hatte Eberhard dem zuletzt starken Stuttgarter vorgeworfen: „Er hätte die Chance gehabt, als Nummer zwei zu spielen. Das passiert nicht so oft im Leben. Wir spielen ja hier kein Trainingsspiel, sondern eine Weltmeisterschaft.“ Einen Affront der Spieler gegen Teamchef Kühnen schloss Eberhard aus. Kühnen will für die Relegation die bestmögliche Mannschaft aufbieten, wieder alle Kandidaten ansprechen und niemanden hinauswerfen. Auch Kohlschreiber fragte: „Warum sollte man Spieler kategorisch ausschließen?“