Toulon/Hamburg. Die deutschen Tennisherren treffen von Freitag bis Sonntag in der ersten Runde des Daviscups in Toulon auf Frankreich. Teamchef Patrik Kühnen (44) genießt das frühlingshafte Wetter, obwohl er im Vorfeld einige Absagen verkraften musste - am bittersten die von Thomas Haas, der nach einer Hüftoperation um seine Karriere bangt.

Abendblatt:

Herr Kühnen, hatten Sie Probleme, überhaupt vier Spieler für die Partie in Frankreich zusammenzubekommen?

Patrik Kühnen:

Nein, es ist ja nichts Außergewöhnliches, dass Spieler absagen. Zum Glück haben wir in Deutschland eine sehr gute Auswahl an Profis, die in den Top 100 der Weltrangliste stehen. Deswegen denke ich, dass wir die Ausfälle verkraften und Frankreich alles abverlangen werden.

Abendblatt:

Mit Verlaub, aber Spieler wie Benjamin Becker, Simon Greul und Christopher Kas sind nicht diejenigen, die den französischen Einzelspielern Jo-Wilfried Tsonga und Gael Monfils schlaflose Nächte bereiten.

Kühnen:

Sie sind aber die besten Spieler, die mir zur Verfügung stehen, und sie haben mein Vertrauen. Benni ist in toller Form und absolut heiß. Simon hat sich sein Debüt mit konstant starken Leistungen verdient, und Christopher hat 2009 bewiesen, dass er an der Seite von Philipp Kohlschreiber im Doppel sehr erfolgreich spielen kann. Aber mir ist auch klar, dass wir als klarer Underdog in die Matches gehen.

Abendblatt:

Muss es Sie nicht maßlos ärgern, dass Spieler wie Philipp Petzschner oder Michael Berrer, die zuletzt sehr gut in Form waren, den Daviscup nicht spielen, weil er nicht in ihre Turnierplanung passt?

Kühnen:

Natürlich ärgert mich das, aber ich muss es akzeptieren. Für mich war und ist der Daviscup das Größte. Für sein Land anzutreten, sollte für jeden Sportler ein Feiertag sein. Aber ich nehme es hin, dass es manche Spieler anders sehen. Ich versuche immer, ihnen zu erklären, dass man durch gute Auftritte im Daviscup viel mehr Imagegewinn verzeichnen kann als bei Turnieren in Übersee. Aber ich kann niemanden zwingen, für uns zu spielen.

Abendblatt:

Auch der Hamburger Profi Mischa Zverev hat Ihnen abgesagt. Er fühlt sich nach seinem Handgelenksbruch noch nicht fit genug für den Daviscup.

Kühnen:

Ja, das kann ich auch verstehen. Wir fordern von mündigen Profis ja, dass sie ehrlich sagen, wenn sie sich nicht gut fühlen. Andererseits hat Mischa zuletzt ansteigende Form gezeigt. Er hat in Marseille Tommy Robredo geschlagen. Und er als junger Spieler muss doch versuchen, so viel Erfahrung wie möglich zu sammeln.

Abendblatt:

Das heißt, Sie hätten ihn nominiert?

Kühnen:

Ich habe das in Erwägung gezogen. Aber er muss sich keine Gedanken machen. Wenn er seine Leistung wieder bringt, werde ich ihn wieder einladen. Er hatte im zweiten Halbjahr 2009 eine echte Formkrise, aber wenn er daraus lernt, sich hinterfragt und die richtigen Schlüsse zieht, dann ist er ein wichtiger Spieler, der noch viel erreichen kann.

Abendblatt:

Wer spielt neben Kohlschreiber im Einzel?

Kühnen:

Das ist eine Frage, die ich mir selber noch nicht beantwortet habe. Aber egal, wer es ist, er wird sich für Deutschland zerreißen. Und darauf kommt es an.