Dank des Verzichts von Magdalena Neuner rutschte sie in das deutsche Team: Martina Beck verabschiedet sich mit Bronze von Olympia.

Whistler. Die frohe Kunde erreichte Martina Beck (30) bei einem Frustkaffee. Die Biathletin aus Mittenwald verarbeitete gerade mit ihrem Mann Günther, einem ehemaligen österreichischen Skijäger, die für sie ernüchternden Olympiatage, da riss sie ein Handyklingeln aus der Apathie. Am Apparat Magdalena Neuner. Beck eilte ein paar Stufen die Treppe des Apartments in Whistler hinauf, das ihr Manager für eine deutsche Clique, zu der auch Neuners Eltern zählen, angemietet hatte. Strahlend kam sie wieder herunter. Die zweimalige Olympiasiegerin hatte der ahnungslosen Beck mitgeteilt, dass sie von ihrem Staffeleinsatz zurücktrete. Dafür, dass die sieben Jahre ältere Freundin und langjährige Weggefährtin ein würdiges Karriereende begehen kann. Neuner: "Ich hoffe, sie kann sich den olympischen Traum noch erfüllen."

Konnte sie - wenigstens teilweise. Beck, die in Turin 2006 dreimal Silber gewonnen hatte, verabschiedete sich mit Bronze von ihren letzten Winterspielen. Noch einmal ging die routinierte Riege auf Medaillenjagd, eine "Ü-30-Formation", wie manche spotteten. Neben Beck die dreimalige Olympiasiegerin Kati Wilhelm (33), Bronzegewinnerin Simone Hauswald (30) und die Doppelolympiasiegerin von 2002, Andrea Henkel (32).

"Ich freue mich für die Mädels", gluckste Neuner, die das Rennen an der Strecke verfolgt hatte. "So hat jede von uns eine Medaille. Ich bin froh, dass ich die Entscheidung so getroffen habe". So rückte sie elegant das Bild einer ausgebrannten Athletin zurecht, die allein deswegen zurückgezogen hatte, "weil ich im Kopf leer bin".

Bundestrainer Uwe Müssiggang sprach seinen Bronzegewinnerinnen ein Kompliment aus und vom "besten Schießergebnis der ganzen Saison. Sehr schade, dass wir auf der Strecke nicht mithalten können". Im Gegensatz zu den zweitplatzierten Französinnen hatten die Skijägerinnen des Deutschen Skiverbandes (DSV) allerdings die sichtbar schlechteren Ski. Die Materialdiskussion wird daher auch bei der späteren Analyse ganz oben auf der Agenda stehen.

Die Frage aller Fragen blockte Müssiggang diplomatisch ab: "Es ist hypothetisch zu behaupten, dass wir mit Magdalena besser gewesen wären." Er hatte sich gegen Neuner entschieden, weil "in der Staffel die Schießleistung entscheidet".

"Ich empfinde große Dankbarkeit", sagte Martina Beck und versuchte, einen Grund für die Großherzigkeit zu finden. Vielleicht habe Magdalena Neuner früher von ihr etwas abschauen können, von der professionellen Einstellung, von dem unbedingten Willen, von der Leidenschaft. Aber sie hätte "nie im Leben" gedacht, dass sie sich auf diese Weise revanchieren würde. Nun wolle sie sich wiederum erkenntlich zeigen, sagte Beck. "Ich muss mir noch etwas überlegen."

Beck ist die gute Seele der Mannschaft. Gibt Wilhelm die "Rudelführerin" (Neuner), so ist Beck die Mutter der Kompanie. "Sie ist die Liebenswürdigkeit in Person mit einer intensiv ausgeprägten sozialen Ader", sagt Hauswald. Und Beck verbindet eine besondere Beziehung zu Neuner. Als 14-Jährige blickte die zu Beck auf, die damals noch Glagow hieß und den Gesamtweltcup 2003 gewonnen hatte. Die Juniorin durfte manchmal mit ihr zum Training fahren und träumte, auch mal so einen coolen Kombi vom DSV zu bekommen. "Sie ist mein Vorbild", sagte Neuner bis vor kurzem. Dann musste Beck den Star zur Seite nehmen. Sie könne unmöglich mehr ihr Vorbild sein, raunte sie ihr zu. "Mit deinen Titeln bist du jetzt selbst ein Idol."