DFB-Präsident Theo Zwanziger will niemanden “vorverurteilen, aber auch nichts verharmlosen“. Junger Schiedsrichter bereits vernommen.
Frankfurt/Main. Die Hauptpersonen wurden schon angehört, weitere Vernehmungen sollen folgen: Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) wird aktiv. Mit erheblichem Zeitverzug treibt der Verband seine Ermittlungen in der Angelegenheit um Manfred Amerell nun voran.
Nachdem Vizepräsident Rainer Koch als erste Führungskraft bereits Konsequenzen gezogen und seine Zuständigkeit für die Schiedsrichter abgegeben hat, erklärte DFB-Präsident Theo Zwanziger: „Wir werden niemanden vorverurteilen, aber ganz sicher auch nichts verharmlosen. Wir wissen um unsere hohe Verantwortung und werden sie mit allem Nachdruck wahrnehmen.“
Amerell hatte die Vorwürfe gegen seine Person bereits zurückgewiesen. Volker Roth, der Vorsitzende des DFB-Schiedsrichterausschusses, war bereits am 17. Dezember des Vorjahres davon unterrichtet worden, dass ein junger Bundesliga-Referee von Ausschuss-Mitglied Amerell belästigt worden sein soll. Koch hatte nach eigenen Angaben jedoch erst am 3. Februar von den schweren Vorwürfen erfahren; das Vertrauensverhältnis war erschüttert: Der DFB-Vizepräsident sah eine Fortsetzung seiner Zuständigkeit für das gesamte Schiedsrichterwesen nicht mehr möglich.
„Nach den DFB-Statuten ist der Präsident zu informieren und nicht der Vizepräsident. Genau das habe ich getan“, sagte Schiedsrichter- Chef Roth im Fachmagazin „kicker“. Zwanziger hatte nach eigenen Angaben erst Mitte Januar von den Vorwürfen gegen Amerell erfahren.
„Ich kann nachvollziehen, dass Herr Roth in diesem Fall zunächst einmal Rücksprache mit den beteiligten Personen halten wollte und dass dieser Vorgang auch durch die Weihnachtsfeiertage und den Jahreswechsel bei ihm eine gewisse Zeit in Anspruch genommen hat“, sagte Zwanziger zu dem Zeitverzug. Am 29. Januar kam es zu einer ersten Telefonkonferenz mit dem jungen Referee.
Den Namen des Schiedsrichters, der sich „mit der Bitte um Hilfe“ an DFB-Schiedsrichterchef Roth gewandt hatte, nannte Zwanziger weiter nicht. Auch ob der DFB wegen des Vorwurfs einer Nötigung oder Belästigung ermittelt, bestätigte der Verband offiziell nicht. Der Präsident appellierte in der Angelegenheit Amerell, „im Sinne der Personen verantwortungsbewusst mit dem Thema umzugehen“.
Amerell, der sich „aus gesundheitlichen Gründen“ von seinen Aufgaben im DFB- Schiedsrichterausschuss entbinden ließ, nannte die Vorwürfe „haltlos und aus der Luft gegriffen“. Zudem schaltete der frühere Bundesliga- Referee, der dem Schiedsrichterausschuss als Vertreter des Regionalverbandes Bayern angehörte, einen Anwalt ein.
Inzwischen soll es nach übereinstimmenden Medien-Berichten in Frankfurt auch zu einer Anhörung des jungen Schiedsrichters gekommen sein, der die Vorwürfe erhoben hatte. Amerell war am 1. Februar zu einer Unterredung gebeten worden. Mit weiteren Vernehmungen ist Verbands-Justiziar Jörg Englisch beauftragt worden. „Wir werden unsere Linie mit der gebotenen Diskretion konsequent weiter verfolgen: Schnell und umfassend alles prüfen und auf Grundlage dieser Ergebnisse die entsprechenden Maßnahmen ergreifen“, sagte Zwanziger.