Nach den geplatzten Vertragsverhandlungen zwischen der sportlichen Führung und dem (DFB) ist die Situation für Löw und Bierhoff äußerst grotesk.

Warschau. Die Stimmung in der deutschen Delegation passt zu den Außentemperaturen von gefühlten minus 15 Grad in der polnischen Hauptstadt, wenn Bundestrainer Joachim Löw und Teammanager Oliver Bierhoff auf der einen und DFB-Präsident Theo Zwanziger und sein Generalsekretär Wolfgang Niersbach auf der anderen Seite am Sonntag (12.00 Uhr/live in der ARD und Eurosport) gemeinsam im Warschauer Kulturpalast die Auslosung der EM-Qualifikationsgruppen verfolgen.

Nach den mit einem Knall geplatzten Vertragsverhandlungen zwischen der sportlichen Führung und dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) ist die Situation für Löw und seinen mit überzogenen finanziellen Forderungen aufgetretenen Verhandlungsführer Bierhoff äußerst grotesk. "Wir nehmen es so, wie es kommt. Ich habe keine Wunschgegner", hatte Löw Ende vergangenen Monats gesagt, als er noch fest davon ausging, bei der EURO 2012 in Polen und der Ukraine die DFB-Auswahl zu betreuen.

Am Sonntag wird der gerade 50 Jahre alt gewordene Badener zwar wissen, wie es mit der DFB-Auswahl nach der WM (11. Juni bis 11. Juli) ab September in der EM-Quali weitergeht, ob er selbst dann aber noch auf der Bank sitzt, steht seit Donnerstag in den Sternen. Löw, Bierhoff und auch DFB-Boss Zwanziger tauchten am Freitag ab, um nicht noch mehr Öl ins Feuer zu gießen. Damit heizten die Protagonisten die Spekulationen aber nur zusätzlich an.

"Da muss viel passiert sein, dass es zu so einem Eklat kommen kann", mutmaßte Bayern-Präsident Uli Hoeneß (58) in der Bild: "Ich bin überrascht. Im Dezember habe ich noch gelesen, dass sich Zwanziger und Löw per Handschlag geeignet haben. Ich dachte, dass bei den beiden Handschlag-Qualität vorhanden ist." In der DFB-Zentrale in Frankfurt/Main war man im Laufe des Freitags um Schadenbegrenzung bemüht, eine Lösung war aber nicht in Sicht. Auf den Fluren machte der Vorwurf einer «unmoralischen Forderung» an die sportliche Führung die Runde.

Zugleich machte die Süddeutsche Zeitung bekannt, dass der Verband Löw und Bierhoff ein Ultimatum von 48 Stunden gesetzt hatte, um den neuen Kontrakt zu unterzeichnen. Dies ist ebenso aberwitzig wie die Tatsache, dass in diesem Zusammenhang bewusst Interna über den Boulevard gestreut wurden, um die Seite Löw/Bierhoff in ein schlechtes Licht zu stellen.

Die hatte in Person von Ex-Kapitän und Diplom-Betriebswirt Bierhoff verlangt, dass den Topführungskräften bei der Unterzeichnung eines neuen Vertrages ein Bonus in Höhe eines Jahresgehaltes überwiesen wird, was im Falle Löw rund drei Millionen Euro wären. Zwanziger und seine Präsidiumskollegen, die eine angemessene Gehaltsaufstockung vorgesehen hatten, sollen von dieser Nachforderung regelrecht geschockt gewesen sein, was das Verhältnis trotz aller anderslautenden Statements auch im Vorfeld der WM gravierend belasten kann. Erst nach dem Turnier in Südafrika sollen die Verhandlungen wieder aufgenommen werden, falls es bis dahin noch eine Schnittstelle gibt.

Der Machtkampf zwischen Löw/Bierhoff und dem DFB hat auch die EM-Auslosung völlig in den Hintergrund gerückt. Der dreimalige Welt- und Europameister Deutschland befindet sich gemeinsam mit Titelverteidiger Spanien, den Niederlanden, Weltmeister Italien, England, Kroatien, Portugal, Frankreich und Russland in Topf eins. Direkte Duelle mit diesen Mannschaften sind damit ausgeschlossen.

In Topf zwei befinden sich mit Serbien, Griechenland mit Trainer Otto Rehhagel, der Schweiz mit Ottmar Hitzfeld auf der Bank, Dänemark und der Slowakei gleich fünf Teams, die sich für die WM 2010 in Südafrika qualifiziert haben. Gegen die Serben muss die DFB-Auswahl am 18. Juni in Port Elizabeth in der WM-Vorrunde antreten. In Topf drei wartet mit Finnland ein möglicher Gegner, mit dem sich das DFB-Team bereits in der Qualifikation für die WM 2010 auseinandersetzen musste, der damalige Qualifikationsgegner Wales befindet sich in Topf vier.

Insgesamt kämpfen in neun Gruppen 51 Nationen um die 14 freien Startplätze, die beiden Gastgeberländer sind automatisch qualifiziert. In jede Gruppe wird je eine Mannschaft aus den ersten fünf der insgesamt sechs Setztöpfe gelost, in den Gruppen A bis F spielen sechs Mannschaften. Hier wird noch je ein Team aus dem sechsten Topf hinzugelost.

Die neun Gruppensieger und der beste Gruppenzweite aus den EM-Qualifikationsspielen, die von September 2010 bis Oktober 2011 ausgetragen werden, qualifizieren sich direkt für die EM-Endrunde. Die acht weiteren Gruppenzweiten ermitteln in Play-off-Duellen im November 2011 die restlichen EURO-Starter.