Die Wettmafia hat auch in Italiens Fußballwelt zugeschlagen. Am Montag nahm die Polizei vorerst neun tatverdächtige Personen fest.

Rom. Ein weiterer Wettskandal erschüttert den europäischen Fußball und diesmal steht Italien im Mittelpunkt: Der Präsident des italienischen Drittligisten Potenza Calcio, Giuseppe Postiglione, sowie acht weitere Funktionäre des Vereins und Mitglieder krimineller Organisationen sind am Montag festgenommen worden.

Ermittlungen laufen gegen insgesamt 20 Personen. Sie werden beschuldigt, Fußballspiele manipuliert und ein illegales Wettsystem aufgebaut zu haben. Erst 2006 war das Land des Weltmeisters in den Sog eines riesigen Manipulationsskandals geraten.

Die Europäische Fußball-Union (UEFA) hat derweil für Mittwoch in ihrer Zentrale im schweizerischen Nyon einen Krisengipfel zum Thema Wettskandal einberufen. Der Europaverband hat nach Angaben von UEFA-Mediendirektor Robert Faulkner zu diesem Treffen Vertreter der neun Verbände eingeladen, die nach Angaben der Staatsanwaltschaft Bochum vom jüngsten Manipulationsskandal betroffen sind. Dies bestätigte Faulkner auf SID-Anfrage.

In Nyon werden hochrangige Verbandsfunktionäre aus Deutschland, Belgien, der Schweiz, Kroatien, Slowenien, der Türkei, Ungarn, Bosnien-Herzegowina und Österreich erwartet. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) könnte durch Präsident Theo Zwanziger oder Generalsekretär Wolfgang Niersbach vertreten sein.

Strikte Gegenmaßnahmen haben unterdessen die Wettanbieter nach dem größten Wettskandal in Europa angemahnt, der am Freitag von der Staatsanwaltschaft Bochum publik gemacht wurde. Rund 200 Spiele in neun europäischen Staaten, darunter 32 in Deutschland, sollen betroffen sein - Italien war von den Ermittlern am vergangenen Freitag nicht genannt worden.

„Wir fordern schon seit langem deutlich effektivere Schutzmaßnahmen für die gesamte Branche, und das nicht erst seit dem Hoyzer-Skandal 2005. Die Politik muss beispielsweise die erlaubten Einsatz- und Gewinnhöhen viel stärker limitieren und die Abgabe anonymisierter Wetten strikt verbieten“, sagte bwin-Chef Jörg Wacker im Welt-Interview (Montag-Ausgabe). Die Möglichkeiten des Internets seien dabei sehr hilfreich, „weil sie Wetteinsätze in Echtzeit kontrollieren und zuordnen können“.

Hohe Wellen schlagen aber die Ermittlungsergebnisse der Polizei auf dem Apennin. Nach offiziellen Angaben soll Postiglione auf das Resultat mehrerer Spiele gewettet haben und dabei 86.000 Euro kassiert haben. Die Ermittlungen betreffen ein Serie-B-Match in der Saison 2007/2008 sowie sieben Spiele der 3. Liga in der Saison 2008/2009. Die Ermittlungen laufen bereits seit mehreren Monaten. Zu den Festgenommenen zählt Antonio Possidente, Mitglied eines bekannten Mafia-Clans, der illegale Geschäfte in der süditalienischen Stadt Potenza kontrollierte.

Potenzas Präsident Postiglione hatte im Juni 2006 im Alter von 24 Jahren die Führung des Drittligisten übernommen. Er war somit zum jüngsten Präsidenten eines italienischen Fußballvereins aufgerückt. Er besitzt einige lokale TV- und Radiosender.

Die Ermittlungen in Potenza wecken in Italien Erinnerungen an den großen Manipulationsskandals, der im Sommer 2006 aufgeflogen war. Dutzende von Schiedsrichtern und Klubmanagern gerieten damals in den Strudel der Affäre.

Als Drahtzieher galt der Ex-Sportdirektor von Rekordmeister Juventus Turin, Luciano Moggi, der zu einer fünfjährigen Berufssperre verurteilt wurde. Moggi, der mit Hilfe befreundeter Schiedsrichter mehrere Spiele zugunsten der „alten Dame“ manipuliert haben soll, steht noch in Neapel noch vor Gericht. Juventus Turin musste in die Serie B zwangsabsteigen, ist aber mittlerweile wieder in die Serie A zurückgekehrt.

Kritik am Glücksspielstaatsvertrag der Bundesländer hatte der Deutsche Buchmacherverband (DBV) geübt. „Jetzt zeigt sich die Spitze des Eisbergs eines Schwarzmarktes mit kriminellen Praktiken, der durch das absolute Verbot staatlich genehmigter privater Sportwetten in Deutschland nur gefördert wird“, teilte der DBV mit.

Laut bwin-Direktor Wacker sei die richtige Antwort auf solche Skandale „ein liberalisierter und streng regulierter Wettmarkt, denn nur so kann man die Vorgänge kontrollieren und Betrügereien aufspüren“.