Nach fast 20 Jahren endet die Ära Max Mosley, der mächtigste Mann des Motorsports dankt ab. Am Freitag kommt es zum Wahlkampf von Paris.
Neuss. Der frühere Ferrari-Rennleiter Jean Todt und der ehemalige Rallye-Weltmeister Ari Vatanen wollen die Nachfolge Mosleys antreten und Präsident des Automobil-Weltverbandes FIA werden. Die insgesamt 221 der FIA angeschlossenen nationalen Automobilclubs bestimmen den neuen FIA-Präsidenten in einer Stichwahl.
In den vergangenen Wochen tobte zwischen beiden Kandidaten eine peinliche Schlammschlacht, die aber vom scheidenden Mosley ausgelöst worden war. Der 69-jährige Brite hat öffentlich den Wahlkampfhelfer für Todt gespielt, was Vatanen natürlich auf die Palme brachte. Der Finne warf Mosley Parteilichkeit vor und drohte sogar mit dem Gang vor ein Gericht. Erst im letzten Moment wurde der Streit beigelegt, die Rivalen versprachen einen fairen Wahlkampf. Der neue Präsident wird für vier Jahre gewählt. Max Mosley stand fast 20 Jahre an der Spitze des Weltverbandes, zunächst als FISA-Präsident und dann ab 1993 als FIA-Boss.
Geht es nach den Umfragen und der Unterstützung, ist Todt der klare Favorit bei der Abstimmung. Formel-1-Boss Bernie Ecclestone, Rekord-Weltmeister Michael Schumacher und sogar Fußball-Idol Pele machten sich offen für den kleinen Franzosen stark. „Als Profi ist er beeindruckend, und für mich ist er ein Freund. Ich kann mir keinen Besseren vorstellen als Jean Todt, um unseren Sport weiterzubringen“, schrieb Schumacher auf seiner Homepage.
Vatanen wird unter anderem von der Fahrergewerkschaft GPDA und der Teamvereinigung FOTA unterstützt. Viele Rennställe fürchten, dass Todt als künftiger FIA-Präsident nicht so objektiv wie Vatanen handeln und alte Weggefährten bevorteilen könnte.
Der ehemalige Rallye-Weltmeister steht für einen Kurswechsel in der FIA. „In den vergangenen zwei Jahren gab es in der FIA mehr Kämpfe als alles andere. Die FIA sollte eine Familie sein, aber ihre Mitglieder bekämpfen sich die ganze Zeit. Da läuft etwas falsch“, sagte Vatanen dem SID. Doch die große FIA-Familie verdiene einen Neubeginn. Und dafür will der Finne eintreten: „Der neue Start soll demokratisch sein und dafür sorgen, dass die FIA-Mitglieder wieder stolz darauf sind, in dieser Familie zu sein.“
Rivale Todt dagegen will den unter Mosley eingeschlagenen Weg wohl weitgehend fortsetzen. Aus diesem Grund hatte der scheidende FIA-Boss Vatanen kritisiert. „Er hat keine Erfahrung, eine so große Organisation wie die FIA zu führen. Er müsste zunächst etwas über den Ablauf lernen. Wenn er dort bewiesen hätte, dass er das Metier beherrscht, könnte er in vier oder acht Jahren Präsident werden“, sagte Mosley.
Todt will vor allem an Mosleys Sparkurs festhalten: „Die Reduzierung der Kosten in der Formel 1 hat Relevanz für alle Ebenen und Disziplinen des Motorsports.“ Noch vor einigen Wochen war an eine Kandidatur des 63-Jährigen nicht zu denken. Was aber führte letztlich zu dem Sinneswandel? Todt: „Ich spüre, dass es an der Zeit ist, dem Sport und den FIA-Klubs, denen ich so viel zu verdanken habe, etwas zurückzugeben.“
Mosley war intern längst nicht mehr unumstritten. Nach seiner Sex-Affäre wurde vor einem Jahr ein Misstrauensvotum gestellt, doch der gelernte Jurist wurde im Amt bestätigt. Vor allem vielen Teams war Mosley wegen seiner Alleingänge bei Regeländerungen ein Dorn im Auge. Ursprünglich wollte er sogar nochmal kandidieren, nachdem die FOTA für diesen Fall aber mit einer Spaltung der Formel 1 gedroht hatte, versprach Mosley, seinen Posten zu räumen.
Offenbar bereut er diese Entscheidung nicht. Ich bin froh, dass bald mein Nachfolger die Probleme lösen muss, nicht mehr ich“, sagte Mosley unlängst im Interview der Welt am Sonntag. Der Arbeitsaufwand als FIA-Präsident sei erdrückend, sagte der Brite: „Es gibt immer wieder neue Konflikte.“ Jetzt aber werde er sich endlich um sein Privatleben kümmern.
Seinen Platz im FIA-Senat werde er behalten, sagte Mosley: „Sollte man mich fragen, werde ich meine Meinung sagen. Ich werde mich aber nicht anbieten.“ Vorwürfe der Teams, dass Jean Todt als ehemaliger Ferrari-Mann nicht neutral genug sein könne, weist der scheidende FIA-Präsident zurück: „Gerade wegen seiner historischen Kontakte zu Ferrari wird er aufpassen, dass er nicht auch nur im Ansatz parteiisch reagiert.“
Auf seinen Nachfolger wartet viel Arbeit. „Die Formel 1 bleibt ein Konfliktthema“, sagt Mosley. Der Automobil-Weltverband sei aber für alles gerüstet, fügt der Brite nicht ohne Stolz auf die eigene Arbeit hinzu: „Der neue Präsident muss sich nur an die bekannten Eckpunkte halten.“ Die da wären? Mosley: „Die Kosten senken, das Thema Umwelt im Auge behalten, die privaten Teams wieder ins Spiel bringen, die Hersteller motivieren und sie bei der Stange halten, ohne von ihnen abhängig zu werden.“