Der Renault-Rennstall kam mit einem milden Urteil davon. Der ehemalige Teamchef wurde auf ewig von allen FIA-Wettbewerben ausgeschlossen.
Paris. Gnade für Renault, Bann für Briatore: Im Unfallskandal der Formel 1 haben die Verbandsrichter Drahtzieher Flavio Briatore mit einer Sperre für "unbegrenzte Zeit" knallhart abgestraft. Das geständige Renault-Team kam hingegen mit einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren glimpflich davon. Nach einer 90-minütigen Anhörung in Paris verurteilte der Internationale Automobilverband FIA den inszenierten Crash des damaligen Renault-Piloten Nelson Piquet Jr. (Brasilien) beim Singapur-Rennen am 28. September 2008 als Regelverstoß von "beispielloser Schwere". Der zweimalige Weltmeister Fernando Alonso, dem der Betrug den Sieg ermöglicht hatte, blieb aber straffrei, weil er nichts von dem Komplott wusste. Auch Piquet entging als Kronzeuge einer Strafe.
Renault hatte in der Vorwoche mit dem erzwungenen Rückzug von Briatore und Chefingenieur Pat Symonds praktisch seine Schuld eingestanden und akzeptierte die Entscheidung des Motorsport-Weltrats umgehend. "Wir entschuldigen uns vorbehaltlos bei der Formel-1-Welt für dieses unzumutbare Verhalten", teilte der französische Autobauer mit. Der Wille zur Aufklärung der Affäre und die Trennung von den Hintermännern lieferte der FIA Argumente für das eher milde Urteil, mit dem der Dachverband wohl dem befürchteten Ausstieg Renaults entgegenwirken will. Auf eine Rekordstrafe wie die 100-Millionen-Dollar-Buße für McLaren-Mercedes nach der Spionage-Affäre 2007 verzichteten die Regelhüter bewusst.
"Wir haben ihnen die Bewährungsstrafe gegeben, weil Renault bewiesen hat, dass nicht das Team und noch weniger das Unternehmen die Verantwortung trug", sagte FIA-Präsident Max Mosley. Anderenfalls wäre ein Ausschluss des Rennstalls durchaus gerechtfertigt gewesen, "weil die Verstöße von Renault F1 nicht nur die Integrität des Sports beschädigt haben, sondern auch das Leben von Zuschauern, Offiziellen, anderen Mitstreitern und Nelson Piquet Jr. selbst gefährdeten", befand der Weltrat.
Briatore hingegen traf die volle Härte des Sportgerichts. Dem Italiener bleibt "auf unbegrenzte Zeit" der Zugang zu allen FIA- Meisterschaften verwehrt. Nicht einmal Zutritt zu einem Fahrerlager darf dem 59-Jährigen künftig gewährt werden. Piloten, die Briatore als Manager beschäftigen, erhalten von der FIA keine Lizenz mehr. Damit muss sich auch Alonso von seinem langjährigen Berater trennen. Der Weltrat habe mit diesen drakonischen Sanktionen nicht allein die Mitschuld Briatores an den Vorgängen bestrafen wollen, sondern auch die Tatsache, "dass er seine Verstrickung trotz aller Beweise weiterhin bestritt", hieß es in der Urteilsbegründung. Briatores Mitverschwörer Symonds wurde für die kommenden fünf Jahre aus dem Motorsport verbannt. Der Brite hatte Piquet Jr. vor dem Singapur-Grand-Prix über die beste Stelle für einen Unfall instruiert, um die gewünschte Safety-Car-Phase zu erzwingen. Nur so konnte Alonso, der als einziger Pilot früh zum Tankstopp kam, von dem Crash profitieren und zum ersten Saisonsieg rasen. Symonds erklärte noch vor der Verhandlung, seine Verstrickung in die Affäre sei eine "Schande", die er "ewig bedauern" werde.
Sechs Tage vor der zweiten Auflage des Nachtrennens in Singapur am kommenden Sonntag hat die FIA damit einen Schlussstrich unter einen der größten Skandale der Formel-1-Geschichte gezogen. "Ein düsteres Kapitel findet jetzt sein Ende. Zeit, sich auf die aktuellen Herausforderungen der Formel 1 zu konzentrieren", sagte Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug. Auch BMW-Motorsportdirektor Mario Theissen rief dazu auf, das Urteil zu respektieren. "Nun sollten sich die Beteiligten auf die noch verbleibenden vier Saisonrennen und einen hoffentlich spannenden Titelkampf konzentrieren", erklärte Theissen.
Am Rande der Verhandlung verabschiedete die FIA auch den Rennkalender für die Saison 2010. Sie beginnt am 14. März in Bahrain und endet nach 19 Rennen am 14. November in Sao Paulo (Brasilien). Der Große Preis von Deutschland ist für den 25. Juli auf dem Hockenheimring vorgesehen. Nach einjähriger Pause kehrt auch der Kanada-Grand-Prix zurück.