Bremens Coach über sein Hamburger Pendant, die Bedeutung des ersten von vier Spielen, Elfmeterschießen und die Dreifachbelastung seines Teams.

Abendblatt:

Herr Schaaf, Sie dürften momentan eine schwere Zeit durchmachen.

Thomas Schaaf:

Weshalb?



Abendblatt:

Der mediale Aufwand, der im Rahmen der Derbys betrieben wird, muss einen bodenständigen Typen wie Sie doch nerven.

Schaaf:

Überhaupt nicht. Die Vorfreude ist da. Ich hoffe, dass wir tolle, faire und friedliche Duelle sehen. Die Fans fiebern dem Spiel entgegen, Sie als Journalist machen sich Ihre Gedanken. Es ist doch wichtig, dass wir diese Emotionen auslösen. Schlimm wäre es, wenn der HSV gegen Werder spielte und es keinen interessieren würde. Ein Nordderby ist immer etwas Besonderes - egal in welchem Wettbewerb.



Abendblatt:

Nun gleich viermal in drei Konkurrenzen.

Schaaf:

Sicher, das Drumherum ist noch intensiver als sonst. Allerdings gilt die gesteigerte Bedeutung nicht für uns. Es ist eine Aneinanderreihung von Spielen, die wir alle einzeln betrachten. Wenn ich abends ins Bett gehe, beschäftige ich mich nur mit dem nächsten Spiel. So wie immer.



Abendblatt:

Wie gut kennen Sie HSV-Trainer Martin Jol?

Schaaf:

Ich habe ihn auf der letzten Trainertagung persönlich kennengelernt. Er ist als Mensch äußerst umgänglich.



Abendblatt:

Und als Trainer?

Schaaf:

Festzuhalten ist, dass der HSV mit Vincent Kompany, Rafael van der Vaart oder Nigel de Jong im Sommer wichtige Bestandteile verloren hat. Trotz dieser Verluste und Verletzungsprobleme spielt der HSV unter Martin Jol guten und erfolgreichen Fußball. Er hat die Mannschaft geformt, ich habe Respekt vor seiner Arbeit. Man kann ihm und dem HSV nur gratulieren.



Abendblatt:

Erwarten Sie in der ersten Partie personelle oder taktische Überraschungen?

Schaaf:

Ich kann nur für uns sprechen. Und da sollte man keine Wunderdinge erwarten. Generell gilt: Es ist gut, sich auf seine eigenen Stärken zu besinnen.



Abendblatt:

Welche Bedeutung hat das Spiel für die drei folgenden?

Schaaf:

Keine. Die einzige Bedeutung ist, dass es um den Einzug ins DFB-Pokalfinale geht.



Abendblatt:

Es könnte auch zum Elfmeterschießen kommen. Haben Sie Strafstöße üben lassen?

Schaaf:

Nein.



Abendblatt:

Weil Sie davon überzeugt sind, spätestens nach 120 Minuten im Finale zu stehen?

Schaaf:

Nein. Weil ich davon ausgehe, dass ein Spieler aus elf Metern das Tor trifft. Oder glauben Sie, es würde uns gelingen, diese Situation mit all der nervlichen Belastung, den Geschehnissen und den Emotionen aus 120 Minuten Nordderby im Training nachstellen zu können?



Abendblatt:

Stichwort Verlängerung. Beim HSV wird ein mögliches Kraftproblem diskutiert, Werder hatte ebenfalls 44 Saisonspiele. Sind Ihre Spieler fit?

Schaaf:

Ja. Und ich denke, auch beim HSV ist die Fitness kein Thema. Die Mannschaft ist stark genug, um die Belastung zu tolerieren. Vielleicht gibt es einige unerfahrenere Spieler, für die diese Belastung neu ist, aber damit hat es sich dann auch.



Abendblatt:

Dennoch dürfte die Dreifachbelastung des HSV, der ja auch noch um die Meisterschaft spielt, ein Vorteil für Werder sein.

Schaaf:

Was wollen Sie uns damit unterstellen? Ich glaube, wir sind ebenfalls noch in drei Wettbewerben vertreten. Oder spielen wir in der Liga nicht mehr mit?



Abendblatt:

Nicht um den Titel.

Schaaf:

Haben Sie das Spiel in Berlin gesehen? Welche Wege die Mannschaft dort gemacht hat? Deshalb kann ich Ihre Frage nicht verstehen. Wir erwarten von unserer Mannschaft in jedem Spiel Höchstleistungen.



Abendblatt:

Für die Fans geht es auch um die Beantwortung der Dauerfrage, wer die Nummer eins im Norden ist. Hat der HSV momentan die Nase vorn?

Schaaf:

Was die aktuelle Meisterschaft angeht, ja. Aber es ist doch die Frage, woran man es insgesamt festmacht.



Abendblatt:

Woran machen Sie es fest?

Schaaf:

Mich interessieren solche Fragen eigentlich nicht. Mir geht es als Trainer allein um die Leistung meiner Mannschaft.



Abendblatt:

Sie sind seit 1972 bei Werder Bremen, seit 1999 Cheftrainer. Lebenslang grün-weiß?

Schaaf:

Mein Vertrag läuft noch bis 2010. Was dann passiert, damit beschäftige ich mich nicht.



Abendblatt:

Es gibt Trainer, die sagen, dass Sie irgendwann mal ins Ausland gehen möchten, andere Erfahrungen machen wollen.

Schaaf:

Die sind mir noch nicht begegnet. Wichtig ist jetzt, dass wir uns nach den Spielen gegen den HSV über unsere Leistung freuen und am Ende der Saison vielleicht einen Titel präsentieren können.



Thomas Schaaf (47) wurde in Mannheim geboren und spielte ab 1972 23 Jahre für Werder. Seit 1999 ist er Cheftrainer an der Weser.