Die 400-Meter-Läuferin über unangemeldete Tests in der Nacht, das Misstrauen gegenüber Sportlern aus der früheren DDR, über Thalasso und über Kamillentee.
Abendblatt Sonntags: Der DLV ist mit Dopingvorwürfen gegen Sie an die Öffentlichkeit gegangen. Sind Sie überrascht?
Grit Breuer: Es gibt keine Dopingvorwürfe gegen mich, sondern ganz vage Verdachtsmomente, die ungeprüft in die Öffentlichkeit lanciert wurden. Dagegen werde ich mich mit aller Kraft zur Wehr setzen. Ich bin bestürzt und überrascht, weil ich seit anderthalb Jahren nicht mehr aktiv bin.
Wie haben Sie denn von den Vorwürfen erfahren?
Breuer: Bei Weihnachtseinkäufen mit meiner Mutter klingelte mein Handy. Freunde und Bekannte haben mir erzählt, dass Radio und Fernsehen über die Dopingvorwürfe berichten. Die offizielle Nachricht des DLV hat mich erst Tage später über meinen Arbeitgeber erreicht.
Wie stehen Sie zur Doping-problematik?
Breuer: Diese Problematik begleitet jeden Topsportler. An das Regime der Kontrollen habe ich mich seit vielen Jahren diszipliniert gehalten. Ich kann Ihnen sagen, dass es für eine Frau außerordentlich unangenehm und zum Teil entwürdigend ist, wenn man sich diesem wohl notwendigen Prozedere unterwirft. Dies habe ich Jahrzehnte getan.
Kennen Sie den in die spanische Dopingszene verwickelten Arzt Miguel Paraita?
Breuer: Welche Ärzte ich kenne und welche nicht, das geht niemanden etwas an.
Fühlen Sie sich besonders verfolgt, weil Sie in der DDR geboren sind?
Breuer: Wenn man sich im deutschen Hochleistungssport bewähren möchte, begegnet einem unweigerlich Misstrauen. Aber jeder Verband weiß genau, wo sich sein Schützling aufhält. Man ist in der Pflicht, sich täglich an- und abzumelden. Man hält sich für unangenehme Tests Tag und Nacht und selbst im Urlaub bereit. Das Misstrauen gegenüber ehemaligen DDR-Sportlern ist besonders hoch. Trotzdem habe ich den größten Teil meiner Sportkarriere im vereinten Deutschland absolviert. Ich bin deshalb stolz, für Deutschland beachtliche Erfolge erkämpft zu haben. Ich würde mir aber schon etwas mehr Fairness im Umgang mit Sportlern aus dem Osten Deutschlands wünschen.
1992 wurde bei Ihnen die Einnahme des Dopingmittels Clenbuterol festgestellt. Sie wurden damals mehrere Jahre gesperrt. Ihre Sportkameradin Katrin Krabbe hat dagegen geklagt und 1,5 Millionen Mark Schadenersatz kassiert. Warum sind Sie damals aus der Klage ausgestiegen?
Breuer: Das ist falsch. Zur Erklärung: Ich habe ein Medikament zur Verbesserung der Atmung eingenommen. Sein Wirkstoff Clenbuterol stand zu diesem Zeitpunkt auf keiner Verbotsliste. Clenbuterol wurde erst nachträglich auf die Liste verbotener Substanzen gesetzt. In meiner gesamten sportlichen Laufbahn gab es niemals einen positiven Dopingbefund. Nach Bekundungen des DLV bin ich die am häufigsten auf Doping geprüfte Sportlerin. Den von Ihnen erwähnten Prozess führe ich immer noch. Wahrscheinlich geht der DLV deshalb mit mir so unfair um. Wie mir das Münchner Gericht bestätigt, war die Sperre unrechtmäßig.
Hatten Sie nach der langen Sperre und der Schelte in den Medien nicht die Nase voll von der Leichtathletik?
Breuer: Nein. Ich habe mich nicht den ganzen Tag mit Journalisten und Sportberichten beschäftigt. Meine Welt war die Leichtathletik. Das damalige unrechte Urteil hatte mich nur ermutigt, mich mit den großen 400-m-Damen der Welt zu messen. Irgendwann habe ich alle einmal geschlagen. Mein Lebensmotto heißt: Gib niemals auf!
Wie stehen Sie zu dem Prozess, der gegen Ihren Lebenspartner Thomas Springstein im März in Magdeburg geführt wurde?
Breuer: Ich habe den Prozess natürlich sehr aufmerksam verfolgt. Dass Thomas dieses März-Urteil akzeptiert hat, habe ich verstanden. So ein Rechtsstreit kann Jahrzehnte dauern, zerrt an den Nerven, macht einen krank und ist finanziell überhaupt nicht zu verkraften. Mit der Annahme des Urteils wollte Thomas außerdem Sportler schützen, die einmal bei ihm trainiert haben. Thomas bestreitet bis heute die gegen ihn erhobenen Vorwürfe.
Glauben Sie, die Dopingvorwürfe loswerden zu können, wenn Sie sich von Thomas Springstein trennen?
Breuer: Die Frage meinen Sie doch wohl nicht im Ernst. Ich liebe Thomas.
Bereuen Sie die Jahre im Leistungssport?
Breuer: Ich bin seit 25 Jahren im Leistungssport. Ich habe viele schöne Momente, auch auf dem Siegertreppchen gehabt - was soll ich da bereuen?
Bangen Sie jetzt um Ihre Medaillen, Pokale und um ihre Sportler-Ehre?
Breuer: Nein. Nach jeder Medaille, jedem Pokal, jedem Sieg bin ich zur Kontrolle gebeten worden. Immer fielen die Tests negativ aus. Was will man bloß von mir? Es ist unsportlich, wenn der DLV nach so vielen Jahren verdienstvolle Sportler um ihre sportliche Anerkennung bringen will. In meinem Fall wird das aussichtslos sein.
Hand aufs Herz: Haben Sie nie an Doping gedacht?
Breuer: Natürlich habe ich an Doping gedacht. Besonders dann, wenn Sportler aus Ländern kamen, wo es keine Trainingskontrollen gibt. Man macht bei Wettkämpfen und Trainingslagern so seine Beobachtungen und staunt, wenn eine mittelmäßige Athletin plötzlich eine Leistung bringt, als käme sie von einem anderen Stern. Ich habe so trainiert, dass ich ohne Doping in der Regel immer eine konstante Leistung abrufen konnte.
Warum sind Sie nach Rostock gezogen?
Breuer: Ich habe hier im Hotel Neptun in Warnemünde eine interessante Arbeit gefunden. Ich beschäftige mich mit Thalasso, Fitness und sportlicher Bewegung. Unsere Hotelgäste sind meist hochmotiviert für den Freizeitsport. Da kann ich meine Erfahrungen gut einbringen. Und da ich außerdem die Ostsee liebe, passt einfach alles zusammen.
Bei ihrem Lebenspartner Thomas Springstein wurden Dopingmittel zum persönlichen Bedarf gefunden. Wollten Sie damit vielleicht Ihr Liebesleben befördern?
Breuer: Dazu reicht bei uns Kamillentee.
Sind Kinder und womöglich eine Heirat geplant?
Breuer: Ja. Wenn es so weit ist, werden wir Ihnen sofort Bescheid geben.