Die Leistungsträger kritisieren zu viele Leichtsinnsfehler im Spiel. Nun muss gegen Dänemark und Norwegen gewonnen werden.
Stockholm. Kapitän Marcel Goc war bedient. Kopfschüttelnd stapfte der einzige NHL-Star im deutschen Eishockey-WM-Kader vom Eis und konnte sich kaum beruhigen. „Einfacher spielen, wir müssen einfacher spielen“, predigte der Stürmer der Florida Panthers immer wieder nach dem 2:5 in Stockholm gegen WM-Co-Gastgeber Schweden.
Aus der NHL ist es Goc gewohnt, mit den Besten der Besten mithalten zu können. Hier, bei dieser WM stößt auch der vermeintliche Heilsbringer mit dem deutschen Team an seine Grenzen. Gegen die Top-Nationen Schweden und am Tag zuvor gegen Rekordchampion Russland beim 0:2 wurden die kleinsten Abspielfehler aus der eigenen Zone eiskalt bestraft. „Das ist extrem bitter“, stöhnte Philip Gogulla.
Deutschland spielte nicht schlecht, bekam aber eine Lehrstunde in Sachen Effizienz erteilt. Dort wo die deutschen Stürmer beste Chancen liegen ließen, schlugen die schwedischen NHL-Superstars mit ihrer Paradereihe Loui Eriksson (Dallas), Henrik Zetterberg und Johan Franzen (beide Detroit) zu. Während die meisten deutschen Spieler die Niederlage schnell abhaken wollten, um sich auf die nun entscheidenden Duelle um den Viertelfinaleinzug gegen die direkte Konkurrenz aus Dänemark und Norwegen zu konzentrieren, fiel die Kritik der Leistungsträger im Team auf. Die ambitionierten Spieler im Kader wollten den Leistungsunterschied nicht einfach akzeptieren.
„Gegen Russland haben wir gesehen, wie es gehen kann. Da ist es egal, ob das schön aussieht oder nicht“, befand Goc. Den 28 Jahre alten Kapitän nervten die Leichtsinnsfehler in der Abwehr. Genau wie Torhüter Dennis Endras, der mit seinen Paraden Deutschland lange im Spiel gehalten hatte. „Die haben mit uns Katz und Maus gespielt“, schimpfte Endras. „Weil wir das Spiel nicht einfach gehalten haben. Das war unser größtes Manko“, motzte auch der jüngst zum besten DEL-Spieler gewählte Kai Hospelt aus Wolfsburg.
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Bundestrainer Jakob Kölliker begrüßte die Kritik seiner besten Spieler. „Nach einer Niederlage soll niemand frohlocken. Das muss so sein“, befand der Schweizer. Auch Kölliker hat den Anspruch, gegen die Top-Nationen zu bestehen. Immer die selben Fehler beim Spiel aus der eigenen Zone hatten am Tag vor dem Russland-Spiel schon zu einem Wutausbruch beim sonst so besonnenen und höflichen Schweizer im Training geführt. Indes hat auch er erkannt, dass ihm die Hände gebunden sind. Das Leistungsgefälle in seinem nach knapp einem Dutzend WM-Absagen zusammengestellten Kader ist einfach zu groß.
Öffentliche Kritik an den Spielern ist für Kölliker ohnehin tabu. „Wir sind alle Sportler. Jeder erlebt das tagtäglich. Es geht auf und ab. Heute sind wir im Regen und morgen scheint die Sonne. Hoffentlich übermorgen oder in drei Tagen auch noch“, meinte Kölliker.
Größte Herausforderung ist es nach vier Spielen in sechs Tagen und den beiden letzten Partien binnen 48 Stunden, die Köpfe frei zu bekommen und den Akku wieder aufzuladen. „In der Defensive standen wir lange sehr gut und taten uns danach sehr schwer mit Fehlpässen. Da kommt vielleicht auch die geistige Müdigkeit dazu“, sagte Kölliker. Am Donnerstag war daher Regeneration angesagt, das Training fiel aus. Bis auf einen Termin beim deutschen Botschafter am Nachmittag konnten die Spieler machen, was sie wollten.
„Ich bin überzeugt, dass die Jungs wieder aufstehen“, prophezeite Kölliker. Am Samstag gegen Dänemark (16.15 Uhr/Sport 1) und einen Tag später gegen Norwegen (20.15 Uhr/Sport 1) müssen nun zwingend Siege her, um noch als Gruppenvierter das Viertelfinale zu erreichen. „Druck ist auf jeden Fall da, aber daran werden wir nicht zerbrechen. Wir wussten vorher, dass wir diese Spiele gewinnen müssen und das wollen wir auch tun“, versprach Hospelt. (dpa/abendblatt.de)