Hamburg. Sammy Selcuk ist Kurde – und verteidigt trotzdem den entlassenen St.-Pauli-Profi Cenk Sahin. Wie der Verband mit dem Thema umgeht.
Auf dem Platz an der Landesgrenze in Wilhelmsburg blieb alles ruhig. Beim 2:5 des Wilhelmsburger Hansa-Landesligisten FC Türkiye gegen den FTSV Altenwerder gab es keine Solidaritätsbekundungen mit türkischen Soldaten zu sehen.
Zur Erinnerung: Der FC St. Pauli hatte seinen Profi Cenk Sahin nach seinem öffentlichen Instagram-Post („Wir sind an der Seite unseres heldenhaften Militärs und der Armeen. Unsere Gebete sind mit euch!“) zur türkischen Militäroffensive in Nordsyrien freigestellt. Die Nationalspieler Emre Can und Ilkay Gündogan likten auf Instagram den kritisierten „Salut-Jubel“ der türkischen Nationalelf, nahmen ihre Likes später wieder zurück.
Nun stellte sich die Frage: Erreicht das Thema den Hamburger Amateurfußball? „Wir haben unseren Spielern klar gesagt, dass jeder seine politische Meinung haben darf. Auf dem Platz wollen wir uns aber auf Fußball konzentrieren und solche Gesten nicht sehen“, sagte Türkiyes Trainer Jörn Großkopf. „Wir sind ein Fußballverein. Wir machen keine Politik“, ergänzte Manager Seweryn Malyk. „Und wir respektieren die Regeln des Hamburger Fußball-Verbandes.“
HFV lässt Bestrafung von Salut-Jubel offen
Für diesen nahm HFV-Pressesprecher Carsten Byernetzki gegenüber dem Abendblatt Stellung. Er wies Medienberichte zurück, wonach der Verband beim „Salut-Jubel“ mit Konsequenzen gedroht haben soll. „Würde ein solcher Fall angezeigt, würde er auf der Grundlage der Rechts- und Verfahrensordnung entschieden. Ob das Sportgericht Strafen aussprechen würde, ist völlig offen.“
In die Debatte schaltete sich zudem Sammy Selcuk, Trainer des kurdischen Vereins Dersimspor, ein. Der gebürtige Kurde betonte wie Malyk sehr glaubhaft das hervorragende Verhältnis Türkiyes und Dersimspors, sprach sich außerdem gegen alle Kriege aus.
Beide Clubs spielten am 24. August bei Türkiye gegeneinander (1:1), am 8. Dezember folgt das Rückspiel. Eine Verlegung ist nicht angedacht, keiner erwartet eine Eskalation. Es gibt berufliche Verbindungen und Freundschaften zwischen beiden Clubs.
Dersimspor-Trainer zeigt Verständnis für Salut-Jubel
Selcuk äußerte Verständnis für den „Salut-Jubel“: „Der ,Salut-Jubel’ türkischer Spieler mit den Soldaten kann eine Geste der Solidarität mit den Opfern unter den Soldaten sein. Wer so jubelt, heißt nicht automatisch den Krieg gut“, so Selcuk.
Auch zu Sahins Rauswurf hat Selcuk seine eigene Meinung: „Cenk Sahin muss nach seinem Post nicht automatisch für den Krieg sein. Auch bei ihm kann es so sein, dass er sich nur mit den Soldaten solidarisiert, die in den Krieg ziehen müssen. Das hätte Sahin zusammen mit der Presseabteilung des FC St. Pauli besser kommunizieren können.“ Sein Schlusswort: „Solange uns die Menschlichkeit miteinander verbindet, ist egal, was uns trennt.“