Sylt/Kiel. Ein wegen Mordes in Italien gesuchter Mann ist auf der Nordseeinsel untergetaucht. Spezialkräfte nahmen ihn im Hotel fest.

Es klingt wie aus einem Film und ist doch genauso so passiert: Am Montag haben Spezialeinsatzkräfte einen wegen Mordes gesuchten Mann auf Sylt festgenommen. Er hatte unter falschem Namen dort als Fitnesstrainer gearbeitet, während italienische Behörden seit drei Jahren nach ihm fahndeten.

Denn laut einstimmigen italienischen Medienberichten handelt es sich bei dem Mann um den 44-jährigen Valerio C., der in Verbindungen zur Mafia stehen soll und der wegen Mordes bereits zur lebenslangen Haft verurteilt wurde.

Mafia: Gesuchter Mann kam laut italienischen Medien aus Hausarrest in Venedig

Demnach entkam er im November 2020 aus dem Gebäude seiner Eltern in Venedig. Bis zur Verkündung des endgültigen Urteils war er dort mit einer elektronischen Fußfessel versehen unter Hausarrest gestellt worden.

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Nun hatten die italienischen Behörden ihn auf Sylt in einem Hotel ausfindig gemacht und für den mit einem europäischen Haftbefehl wegen Mordes gesuchten Italiener Amtshilfe erbeten.

Mörder auf Sylt: Falscher Fitnesstrainer verhaftet

„Nach einem Hinweis der italienischen Behörden konnte der Gesuchte an seiner Arbeitsstelle, einem Hotelbetrieb, angetroffen und widerstandslos festgenommen werden“, heißt es dazu in einer Pressemitteilung der Innenministeriums von Schleswig-Holstein von Dienstag nüchtern. Weitere Details gibt es von den deutschen Behörden nicht zu dem Fall auch auf Anfrage nicht. Das Alter, wann er genau verhaftet wurde, was ihm vorgeworfen wurde: Auch dazu möchte sich die Generalstaatsanwältin aus Schleswig-Holstein nicht äußern.

Die leitende Oberstaatsanwältin Wiebke Hoffelner erklärt, dass sie die von den italienischen Behörden vorgelegten Informationen nicht verifizieren könne, da es sich um ein Strafverfahren in Italien handle. „Es überwiegen zum derzeitigen Zeitpunkt in der Abwägung die schutzwürdigen privaten Interessen des Betroffenen“, so ihre Auskunft.

Verhaftet auf Sylt: Mann wird kalabrischen Clan „Ndrangheta“ zugerechnet

In Italien ist die Verhaftung in Deutschland eine Nachricht in fast allen Medien. Dass der seit Jahren gesuchte Mann nun verhaftet wurde, ist dort eine Topnachricht. Demnach hätten Ermittler des BKA zusammen mit Ermittlern der Carabinieri von Venedig gemeinsam den 44-Jährigen, der in der italienischen Presse auch ausnahmslos mit vollem Namen und Foto gezeigt wird, auf Sylt verhaftet.

Der 44-Jährige wird laut den italienischen Medien dem Clan der kalabrischen „Ndrangheta“ zugerechnet. Für den mafiösen Mord an einem Mann in 2003 in Paola soll er Jahre später dann zu lebenslanger Haft verurteilt worden sein.

Mafia-Mörder arbeitete auch als Rettungsschwimmer und Masseur auf Sylt

Laut Abendblatt-Informationen hat sich der jetzt Verhaftete als 37-jähriger Italiener ausgegeben. Er hielt sich offenbar schon länger auf Sylt auf, arbeitete zeitweise auch als Rettungsschwimmer am Strand, bis er den Job in dem luxuriösen Hotel als Fitnesstrainer und Sportmasseur. Als sportliche Erfahrungen nannte er Leichtathletik, Schwimmen und Boxen. Er habe klassische Boxkämpfe absolviert und interessierte sich fürs Kickboxen.

Ein Biologiestudium habe er aufgrund von Prüfungsangst abgebrochen, dann ging er zur Armee, diente in einem Spezialkorps, wurde Ausbilder für den Nahkampf – so seine offizielle Geschichte, die er auf Sylt kommunizierte und in Teilen mit dem wahren Leben des Valerio C. übereinstimmt. Auch er diente in der Armee als Soldat. Zur Geschichte wie er nach Sylt kam? Dazu sagt er, dass er mit einem Fahrrad in Bus und Zug durch die Schweiz kam. Von Sylt habe ihm jemand erzählt.

Mord auf Sylt: Mit der Leiche im VW Passat hat die Festnahme nichts zu tun

Aber eines lässt sich klar sagen: Mit dem Mordfall im März hat diese Festnahme nichts zu tun. Das bestätigt die zuständige Oberstaatsanwältin Inke Dellius auf Abendblatt-Anfrage. Wie berichtet, war in einem VW Passat die Leiche eines Mann am 16. März auf einem Feldweg nahe des Westerländer Campingplatzes gefunden worden. Der 38-Jährige wies starke Verletzungen im Kopfbereich auf und war mit Löschschaum bedeckt, offenbar um Spuren zu verwischen. Die Mordkommission hat die Ermittlungen aufgenommen. Laut Dellius dauern die Ermittlungen an.

Und wie geht es mit dem Gesuchten aus Italien jetzt weiter? Der Festgenommene, der unter falschem Namen als Fitnesstrainer arbeitete, werde nun bis zum Abschluss seines Auslieferungsverfahrens in einer Justizvollzugsanstalt untergebracht. Die Generalstaatsanwaltschaft Schleswig-Holstein prüfe nunmehr die Auslieferung des Festgenommenen nach Italien.