Bargteheide. Kult-Restaurant Utspann in Bargteheide reagiert auf Nichterscheinen von Gästen. Der Personalmangel in der Branche verschärft die Lage.

Es ist vielleicht das bekannteste Bauwerk in Bargteheide, gilt in jedem Fall aber als das zweitälteste nach der mehr als 750 Jahre alten Kirche: das Utspann. Wie eine Festung thront der markante Fachwerkbau mit der Adresse Hamburger Straße 1 an der wichtigsten Nord-Süd-Trasse von Bargteheide – und das nun schon seit mehr als 230 Jahren. Nicht ganz so lange ist das Gebäude mit seiner überaus wechselvollen Geschichte vor allem als Restaurant mit rustikal-gutbürgerlicher Küche bekannt: Am Donnerstag, 5. Dezember, existiert es exakt 50 Jahre.

Weihnachtsessen im Utspann Bargteheide nur noch gegen Vorkasse

Eigentlich ein Grund zum Feiern. Doch Matthias Wullbrand, seit 25 Jahren Pächter und Koch in Personalunion, ist danach kaum zumute. „Mir fehlt nach wie vor massiv Personal“, sagt er dieser Redaktion. Die angespannte Situation habe sich seit dem erzwungenen Lockdown in der Hochphase der Corona-Pandemie kaum verbessert.

„Wir suchen und suchen auf allen möglichen Kanälen, schalten Anzeigen in Lokalblättern, doch ohne nennenswerten Erfolg“, so Wullbrand. Deshalb könne er bei Weitem nicht so viele Gäste bewirten, wie es eigentlich möglich wäre. „Ganz im Gegenteil: Wir können längst nicht mehr allen Reservierungswünschen nachkommen und müssen Anfragen ablehnen, obwohl die reinen Platzkapazitäten da wären“, erklärt Wullbrand, dem der Frust im Gespräch deutlich anzumerken ist.

Utspann Bargteheide: Lokal war während der Corona-Pandemie lange geschlossen

Bereits während der Corona-Pandemie war das Kult-Restaurant mehrere Monate geschlossen. Als es selbst nach den ersten Lockerungen der Auflagen nur zu einem zeitlich stark eingeschränkten Betrieb kam, hatte das Spekulationen um dessen Fortbestand genährt. Gleich mehrere Fraktionen begannen daraufhin, eine alternative Nutzung zu diskutieren.

Kreispräsident Hans-Werner Harmuth und die CDU Bargteheide, hier bei einem Stammtisch im Utspann, lehnen jede andere Nutzung des Gebäudes ab.
Kreispräsident Hans-Werner Harmuth und die CDU Bargteheide, hier bei einem Stammtisch im Utspann, lehnen jede andere Nutzung des Gebäudes ab. © Lutz Kastendieck | Lutz Kastendieck

Während Grüne und SPD eine „generationsübergreifende Begegnungsstätte“ für Vereine und Organisationen als eine Art „Haus für jedermann“ ins Spiel brachten, sah die Wählergemeinschaft für Bargteheide (WfB) im Raumangebot unter dem mächtigen reetgedeckten Dach eine geeignete Fläche, um dort die Orts- und Volkskundliche Sammlung des Museums Bargteheides „großzügiger und angemessener präsentieren“ zu können.

Utspann Bargteheide: Was hat die Politik mit dem Gebäude vor?

All das veranlasste den CDU-Ortsverband alsbald zur Forderung, die Nutzung des traditionsreichen Hauses als Lokal doch bitte nicht infrage zu stellen. „Der Name Utspann ist für die Bargteheider doch seit Jahrzehnten mit dem Restaurant verbunden“, beschwor Stormarns Kreispräsident Hans-Werner Harmuth, seinerzeit zugleich Ortsvorsitzender der CDU, den Status Quo der Lokalität.

Nach Schließung und Abriss des Schützenhofs sei das historische Gebäude mit dem schönen Ambiente „als traditioneller Treffpunkt für Hochzeiten, Geburtstags- und Familienfeiern dringend notwendig“. Eine attraktive, lebendige Innenstadt brauche das Utspann als Restaurant. Deshalb lehne die CDU eine andere Nutzung strikt ab, so Harmuth.

Utspann Bargteheide: Jahrelanger Dauerstreit um die Sanierung des Fachwerkbaus

Forciert wurde die Debatte in jener Zeit dadurch, dass Pächter Wullbrand gegenüber der Stadt als Eigentümerin des Gebäudes mit Pachtzahlungen im Rückstand war. Er habe wegen der coronabedingten Einnahmeverluste wie viele andere Gastronomen auch um eine Stundung der Pacht bitten müssen. Um dann aber festzustellen, dass die Stadt auf Zeit spiele, um ihn zur Aufgabe zu bewegen.

Utspann Bargteheide 50 Jahre Restaurant
Seltene Fundstücke vom Spitzboden des Utspann, die dort im Juli 1973 als Teil der ortskundlichen Sammlung zu sehen waren. © HA | Manfred Giese

Hintergrund dürfte auch der Dauerstreit um die Sanierung des alten Anwesens gewesen sein. Bereits Anfang der 1970er-Jahre war intensiv über dessen Erhalt debattiert worden. Bis im Dezember 1973 eine deutliche Mehrheit in der Stadtvertretung gegen einen Abriss stimmte. Stattdessen war der Fachwerkbau 1974 unter Denkmalschutz gestellt - und Restaurant geworden.

Pächter des Utspann Bargteheide wollte Baumaßnahmen selbst koordinieren

Trotz verschiedener Baumaßnahmen im Laufe der Jahrzehnte schätzte die Stadt den Sanierungsbedarf Mitte 2021 erneut auf Kosten von 1,5 Millionen Euro. Mehrfach hatte Pächter Wullbrand angeboten, erforderliche Baumaßnahmen selbst anzustoßen und zu koordinieren. Darauf mochte sich die Stadt aber nicht einlassen.

Ob und wie der anhaltende Fachkräftemangel die Zukunftsaussichten des Utspanns als Restaurant beeinflusst, scheint derzeit völlig offen zu sein. Wobei unzuverlässige Gäste dem verantwortlichen Gastronomen das Leben offenbar zusätzlich erschwert haben. Das hat ihn jüngst dazu veranlasst, mit einer deutlichen Maßnahme zu reagieren.

Zu viele Tische blieben trotz Reservierung unbesetzt

Insbesondere an den Weihnachtsfeiertagen sei es in den vergangenen Jahren häufiger zu kurzfristigen Absagen und Nichterscheinen gekommen, wodurch viele Tische trotz Reservierung unbesetzt blieben. „Daher haben wir uns entschieden, die Reservierungen für das diesjährige Weihnachtsbüfett am ersten und zweiten Feiertag über Vorverkaufstickets zu organisieren“, lässt Wullbrand wissen.

Utspann Bargteheide 50 Jahre Restaurant
Das Gastronomen-Ehepaar Gerhard und Marlene Kittler bei der Einweihung des Lokals am 5. Dezember 1974. © HA | Manfred Giese

Diese Tickets, ausgegeben für Mittwoch, 25. Dezember, und Donnerstag, 26. Dezember, kosten 38,50 Euro pro Erwachsenen und 20 Euro pro Kind, jeweils ohne Getränke. Sie können telefonisch über die Rufnummer 04532/6220 geordert werden. Zu beachten ist indes, dass eine Rückgabe dieser Tickets nur bis 14 Tage vor dem jeweiligen Termin möglich ist.

Utspann Bargteheide: Pächter will in der Adventszeit alles geben

Doch trotz aller Probleme will Matthias Wullbrand vor allem in der Adventszeit mit seinem Team alles geben, um den Wünschen seiner Gäste gerecht werden zu können. Dafür steht der gelernte Koch, der das Utspann im Mai 1999 von seinen Vorgängern Gerhard und Marlene Kittler übernommen hat, regelmäßig selbst an Töpfen und Pfannen.

Auch interessant

Rustikale Speisen wie das Kreuzrittersteak, Spareribs oder die Räuberpfanne soll es aber auch in den nächsten Jahren geben an dem „Ausspann-Ort“ mit dem historischen Ambiente und der bewegten Vergangenheit. Der Pachtvertrag zwischen Wullbrand und der Stadt Bargteheide läuft jedenfalls noch bis 2031.