Glinde. Bürgermeister will in Glinde Satzung einführen. Beschluss wird vertagt, denn Regelwerk sorgt für Verständnisprobleme bei Entscheidern.
Bei Neubauten in der Glinder Innenstadt sollen Investoren künftig weniger Parkplätze als jetzt schaffen müssen. Das wünscht sich Glindes Bürgermeister Rainhard Zug und möchte eine Satzung erlassen. Dafür wirbt er schon seit Längerem, benötigt die Zustimmung der Politik. Ihr wurden mehrere Varianten aufgezeigt. Die Parteien hatten einen Monat Zeit für Beratungen und sollten jetzt eine Entscheidung treffen. Die ist allerdings vertagt worden. Denn das Regelwerk mit vielen Zahlen hatte nicht jeder kapiert.
Im mehrgeschossigen Wohnungsbau gelten 0,7 Stellplätze je Einheit in der Regel als ausreichend. Das besagt die Landesbauordnung, die für Glinde greift. Eigene Satzungen ermöglichen Städten und Gemeinden eine Differenzierung. Sie können unterschiedliche Schlüssel auf ihrem Gebiet anwenden. Die Verwaltung will diese Werte zulassen: 0,5 im frei finanzierten Segment sowie 0,25 für Sozialwohnungen, jeweils bei bis zu 75 Quadratmetern Wohnungsgröße. Und das in einer Sonderzone, die vom Sandweg im Westen bis zur Straße Am Sportplatz im Osten reicht. Je weniger Abstellmöglichkeiten Bauherrn nachweisen müssen, desto günstiger werden Projekte. Insofern würden sie die Verordnung begrüßen.
Glinde: Weniger Parkplätze? Es gibt noch viele Fragezeichen
Wie berichtet, soll die City umgestaltet werden. Es existiert ein Rahmenplan, der von den Parteien 2020 beschlossen wurde. Die Hoffnung, dass viele Immobilieneigner in den kommenden Jahren ihre Gebäude ersetzten, hat sich jedoch zerschlagen. Außer der Sparkasse Holstein will keiner mitmachen. Die Politik richtet ihr Augenmerk nun auf den Marktparkplatz, der sich im Eigentum der Stadt befindet. Hier soll ein Investor aktiv werden, muss auch Parkplätze schaffen als Ersatz für jene, die durch Häuser wegfallen. Derzeit werden Grundlagen für ein sogenanntes Konzeptvergabeverfahren gelegt. Unternehmen treten dann mit ihren Entwürfen vor ein Preisgericht, müssen das Grundstück nach strikten Vorgaben der Kommune entwickeln. Wer den Zuschlag erhält, soll eine Tiefgarage oder ein Parkhaus bauen. Verkaufen will Glinde das Grundstück aber nicht, eine Option ist die klassische Erbpacht.
Die Parteien möchten ausreichend Stellplätze beibehalten für die Besucher des Wochenmarkts und der Geschäfte. Das wurde bereits kommuniziert. Entsprechende Zahlen hört man von den Fraktionen bislang nicht. Im jüngsten Ausschuss für Umwelt und Klimaschutz sollten sie über fünf Punkte zur neuen Satzung separat votieren, hätten auch noch eigene einbringen können. Das beabsichtigten die Grünen. Doch es entwickelte sich eine Diskussion, in deren Verlauf viele Fragen entstanden.
Parkplätze in Glinde: Grüne haben ihre Mathehausaufgaben gemacht
Die Berechnung von Stellplätzen bei einem Wohnprojekt ist in der Satzung nach Baukastensystem geregelt. Es gibt eine Richtwerttabelle, die Anzahl der zu schaffenden Parkmöglichkeiten variiert nach Wohnungsgröße und öffentlich gefördert oder freier Markt. Baut ein Investor zum Beispiel 100 Sozialwohnungen mit je 60 Quadratmetern, muss er nach Zugs Vorstellungen nur 25 Pkw-Abstellmöglichkeiten bereitstellen. In der von der Verwaltung erstellten Tabelle ist zwar die Zahl 0,5 pro Einheit genannt. Allerdings steht in einem Text darunter „zusätzliche Verringerung des Richtwertes um 50 Prozent“.
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Der CDU-Ortsvorsitzende Claus Peters war so irritiert ob der ganzen Zahlen, dass er für seine Fraktion eine Stellungnahme zu nur einem Punkt abgab, diesen als bevorzugte Variante bezeichnete, was er aber nicht ist. Seine Erklärung für den Fauxpas: „Ich hatte die Richtwerttabelle nicht mehr vor Augen.“ Bürgermeister Zug sagte im Gremium: „Ich habe den Eindruck, dass keiner außer den Grünen es verstanden hat.“ FDP-Fraktionschef Thomas Kopsch hatte zumindest Nachfragen. Zufriedenstellend wurden diese aber nicht beantwortet. „Ich war in dem Moment hilflos, bin aber der Meinung, dass ich alles begriffen habe“, so der Liberale. Zur Fraktionssitzung Ende November will er die für den Satzungsentwurf zuständige Rathausmitarbeiterin einladen, um letzte Zweifel zu beseitigen.
Die Vertagung ist ganz im Sinn der SPD. Sie hatte zwecks Zurückstellung zu Beginn der Diskussionen einen Antrag gestellt, der abgelehnt wurde. Nachdem es chaotisch wurde, erledigte sich die Sache von selbst. „Wir werden die Sache in der Fraktion noch mal neu durchrechnen und in der nächsten Ausschusssitzung Klarheit haben“, sagt Christdemokrat Peters. Die Grünen haben schon ihre Mathehausaufgaben gemacht. Sie wollen die zusätzliche Verringerung des Richtwerts von 50 auf 30 Prozent senken, verlangen von Investoren also mehr Stellplätze als Zug.