Reinbek. Matthias Wulff verlässt den Landesligisten FC Voran Ohe nach zweieinhalb Jahren überraschend. Der 41-Jährige nennt Gründe.
Die Fußballer des FC Voran Ohe ahnten nichts Böses, als sie am Montagabend zu einer der letzten Trainingseinheiten im ausklingenden Jahr aufbrachen: ein bisschen kicken, ein bisschen lachen, ohne großen Druck. Ein Spiel steht vor der Winterpause schließlich nicht mehr an, die aktuell noch angesetzte Partie bei der HT 16 wird ausfallen.
Und doch begann das Training mit einem Schock. Cheftrainer Matthias Wulff, der seit seiner Amtsübernahme vor zweieinhalb Jahren hohes Ansehen in Mannschaft und Verein genießt, verkündete seinen Rückzug.
Schock in der Fußball-Landesliga: Erfolgstrainer geht – „das kam aus dem Nichts“
Im Mai 2024 endet mit der Landesliga-Saison auch die Amtszeit des 41-Jährigen – völlig überraschend. Selbst Abteilungsleiter und Vereinschef Daniel Schmitt, den Wulff bereits am Wochenende informiert hatte, wurde kalt erwischt. „Das kam aus dem Nichts“, sagt Schmitt im Gespräch mit unserer Redaktion. „Matthias Wulff war und ist ein absoluter Toptrainer für uns. Es ist sehr schade, so einen kompetenten und menschlich korrekten Typen gehen lassen zu müssen. Ich hätte mir gut vorstellen können, noch mehrere Jahre mit ihm zusammenzuarbeiten.“
Wulff habe sich - sichtlich angefasst – umfangreich erklärt, berichtet Schmitt. Die Gründe seien für ihn „absolut nachvollziehbar“.
Erfolgstrainer verlässt VC Voran Ohe – es gibt Gründe
Es sind Gründe, die nichts mit den (guten) Ergebnissen, dem (immer besser besetzten) Kader oder der (extrem verbesserungsbedürftigen) Infrastruktur in Ohe zu tun haben. „Rein aufs Sportliche geblickt, gibt es überhaupt keinen Grund“, betont der Trainer auch gegenüber dieser Zeitung. „Es macht mir unfassbar viel Spaß und gibt mir ganz viel. Das hört sich natürlich blöd an, wenn man freiwillig Abschied nimmt. Das ist eine Entscheidung, die mir extrem schwerfällt. Denn Ohe war und ist genau das, was ich am Amateurfußball schätze: eine großartige Mischung aus Ambitionen und Teamspirit – im Verein, im Trainerteam und der Mannschaft. Ich liebe es!“
Dennoch wird der 41-Jährige, der mit seiner Frau, einem Sohn (7), einer Tochter (4) und Hund in Altengamme lebt, die Stormarner verlassen und sich eine längere Auszeit nehmen. Aus privaten Gründen. In den vergangenen Monaten und Wochen habe er vermehrt festgestellt, „dass der Aufwand sehr groß ist und andere Sache einfach viel zu kurz kommen“. Er wolle mehr Zeit mit seinen heranwachsenden Kindern und seinem Freundeskreis verbringen und auch für sich persönlich mehr Freiraum schaffen.
Matthias Wulff: Körper habe ihm Warnsignale gegeben
Sein Körper habe ihm schon Warnsignale gesendet, berichtet Wulff. „Bürojob, kurzes Abendessen zu Hause und direkt wieder los zum Training – da blieb zuletzt gar keine Zeit, mich selbst fit zu halten.“ Künftig werde er mehr Sport treiben, vielleicht in einer Seniorenmannschaft kicken und lange Spaziergänge mit dem Hund machen.
Eine Pause kündigen viele Trainer an, oftmals handelt es sich dabei um vorgeschobene Floskeln. Wulff schließt mit Nachdruck aus, „dass ich in ein paar Monaten woanders anfange“.
Matthias Wulff: „Da geht noch mehr. Auch ohne mich“
Unter seinem Geburtsnamen Matthias Figge lief der einstige Verteidiger unter anderem beim SV Altengamme auf und beim SV Curslack-Neuengamme, wo er auch seine Trainer-Laufbahn startete. 2021 trat er in Ohe in die Fußstapfen von Urgestein Rainer Seibert und entwickelte die Mannschaft beständig weiter. Nach einem Fehlstart in die erste Saison legte der FC Voran eine furiose Aufholjagd hin und wurde noch Vierter. Die Spielzeit 2022/2023 endete mit Platz drei hinter den Überteams ETSV Hamburg und Düneberger SV.
In diesem Jahr überwintert Ohe als Dritter mit Tuchfühlung auf den zweiten Rang, der bekanntlich immer mal zum Oberliga-Aufstieg oder zur Relegation reichen kann. „Wenn wir so weitermachen, ist es unabhängig von der Tabelle eine erfolgreiche Saison“, sagt Wulff und verspricht, auch in den letzten Monaten seiner Amtszeit nicht nachzulassen: „Die Mannschaft wird keinen Wohlfühltrainer haben, der nur auf gute Laune macht.“ Die Entwicklung sei noch lange nicht abgeschlossen, glaubt Wulff. „Da geht noch mehr. Auch ohne mich.“
FC Voran Ohe: Vereinsführung vor richtungsweisender Entscheidung
Das Oher Kompetenzteam um Abteilungsleiter Schmitt steht nun vor einer wegweisenden Entscheidung. Will man den Kader, der von Wulff maßgeblich mitgestaltet wurde, zusammenhalten und die entfachte Euphorie am Leben erhalten, muss eine für alle Seiten überzeugende Nachfolgelösung her. Und zwar möglichst schnell, um eine Perspektive zu schaffen, bevor sich Spieler womöglich nach anderen Clubs umsehen.
Zwar werde man „nichts übers Knie brechen“, sagt Schmitt. „Aber die Jungs wissen, dass wir im Hintergrund bereits mit Hochdruck an einer Lösung arbeiten und auch den Anspruch haben, den Kader weitestgehend zusammenzuhalten.“
Matthias Wulff: Bekommt er einen internen oder externen nachfolger?
Grundsätzlich denkbar sind sowohl eine externe als auch eine interne Lösung – „oder eine Mischung aus beidem“, so Schmitt. Während Wulff und auch Torwart-Trainer Holger Wyrwinski am Saisonende gehen, bleiben dem Verein – nach aktuellem Stand – die beiden Co-Trainer Sören Deutsch und Dominik Fey erhalten. Beide haben Erfahrung als Chefcoach. Deutsch trainierte bis vor einem Jahr Bezirksligist TSV Glinde, Fey bis Sommer 2022 die zweite Mannschaft von Vorwärts-Wacker Billstedt in der Kreisklasse. Schmitt: „Wir werden jetzt anfangen, Gespräche zu führen. Auch über Matthias Wulff hinaus sind wir ein attraktiver Verein und wollen auf diesem Niveau weitermachen.“
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An diesem Mittwoch treffen sich Ohes Landesligafußballer ein letztes Mal vor den Feiertagen. Im Jahres-Abschlusstraining steht dann wirklich nur noch der Spaß im Vordergrund. Höchstens für Torwart-Talent Justyn Schmidt könnte es im Spiel Jung gegen Alt ungemütlich werden, kündigt Matthias Wulff mit einem Augenzwinkern an: „Vielleicht ziehe ich mir auch mal die Schuhe an und haue ihm ein paar Dinger rein.“