Ahrensburg/Hamburg. Reinbeker Landesligafußballer gewinnen beim Ahrensburger TSV. Ein Joker trifft mit erster Ballberührung zum Sieg.
Als sich beim FC Voran Ohe wenige Minuten vor Spielschluss und unmittelbar vor einem eigenen Eckball der letzte Wechsel anbahnte, wurde es wie auf ein Stichwort lebhaft am Spielfeldrand. Ob Fans, Betreuer oder Offizielle, fast jeder wollte Orakel spielen. Co-Trainer Sören Deutsch war nur einer von ihnen: „Erster Kontakt, Tor“, gab er dem Joker Oliver Franz mit auf den Weg in den gegnerischen Strafraum. Sekunden später rannten Deutsch und all die anderen Hellseher wild auf dem Platz herum und riefen wieder allesamt das gleiche: „Ich hab’s doch gesagt!“
Mit einem Kopfball in der 80. Minute hat Oliver Franz das Stormarnduell in der Landesliga Hamburg zwischen dem Ahrensburger TSV und seinen Ohern entschieden. Die Gäste setzten sich in dem lange Zeit ausgeglichenen Spiel mit 2:1 (0:1) durch und können weiterhin vom ganz großen Wurf träumen.
Siegtorschütze: Wollen so lange wie möglich oben dabeibleiben
„Das M-Wort möchte ich nicht in den Mund nehmen“, ließ sich Franz zwar keine Kampfansage in Sachen Meisterschaft entlocken. „Aber unser Kader ist so ausgeglichen wie wahrscheinlich kein anderes Team in der Landesliga. Das kann schon einen Unterschied machen. Wir wollen so lange wie möglich oben dabeibleiben und dann wird man sehen, wohin es führt.“
Wichtiger war erst mal der Moment. Dieses Tor, sagte Franz, werde er nicht so schnell vergessen. Die Zurufe bei seiner Einwechslung habe er durchaus wahrgenommen und sei entsprechend entschlossen in das Kopfballduell gegangen. „Ich sollte auf den ersten Pfosten gehen. Den Ball habe ich gar nicht mal voll getroffen, zum Glück ist er trotzdem reingegangen.“
Traum-Comeback für Oliver Franz nach mehrwöchiger Verletzungspause
Eigentlich ist Franz Innenverteidiger mit der klassischen Statur einer Abwehrkante. Dass er auch als Mittelstürmer funktioniert, weiß man in Ohe schon seit der vergangenen Saison, als Franz mehrfach das Vakuum im Sturm füllen musste und sieben Tore erzielte. In dieser Spielzeit ist er wieder eher als Verteidiger gefragt, nachdem der Verein in der Offensive ordentlich aufgerüstet hat. Zudem fehlte Franz die letzten sechs Wochen verletzt. Nun gab er sein Traum-Comeback.
Auch Ohes Chefcoach Matthias Wulff hatte das schon kommen sehen. „Er hat sich für die Einwechslung bereit gemacht, und als wir dann die Ecke bekommen haben, musste es natürlich schnell gehen. Ich habe ihm gesagt, geh jetzt rein und mach am besten direkt das Ding“, verriet Wulff und erläuterte den Schachzug so: „Wir wollten alles riskieren, eine Punkteteilung hätte nicht viel gebracht. Da ist es gut, wenn man in der hektischen Schlussphase noch mal so einen Turm reinbringen kann.“
Mihai Bitez bringt Ahrensburger in Führung, verpasst anschließend aber das 2:0
So interessierte auch kaum mehr, dass die Reinbeker über weite Strecken eine ihrer schwächeren Saisonleistungen gezeigt und nach einer unglücklichen Aktion von Torwart Ubai El Kahil das 0:1 durch Mihai Bitez (24.) kassiert hatten. Bitez hätte in der 39. Minute sogar auf 2:0 erhöhen müssen, scheiterte aber freistehend kläglich. „In der ersten Halbzeit haben wir gegen einen kampfstarken Gegner viel zu viele Konter zugelassen“, sagte Wulff. „In der zweiten Hälfte haben wir es besser gemacht und uns den Siegtreffer am Ende verdient.“
Der starke Till Wittmütz markierte schon in der 49. Minute mit einem Flachschuss aus 17 Metern den Ausgleich. Muizz Saqib (66./Ahrensburgs Alexandros Tatsis klärte auf der Linie) und Ibrahim Özalp (77./vorbei) hatten bereits das 2:1 auf dem Fuß, ehe es Franz mit dem Kopf machte. Die letzten zehn Minuten verteidigte Ohe nach der Verletzung von Mike Beldzik in Unterzahl, Wulff hatte bereits fünfmal gewechselt. In der Nachspielzeit hätte Bitez um ein Haar noch den Ausgleich erzielt.
Ahrensburgern fehlen zehn Spieler, darunter beide Torhüter
„Ich hatte sogar das Gefühl, dass der Ball hinter der Linie war. Das spiegelt wider, in welche Richtung es momentan läuft: Der Fußballgott ist nicht auf unserer Seite“, haderte Ahrensburgs Chefcoach Peter Grischke. „Wir probieren uns das Glück wieder zu erarbeiten – und da war die Leistung heute ein Schritt in die richtige Richtung.“
Die Personalsituation bleibt jedoch kritisch. Gegen Ohe musste Grischke auf zehn Spieler verzichten, darunter beide Torhüter. Die schon seit Monaten verletzte etatmäßige Nummer eins, Steffen Tiegs, fällt mit einem langwierigen Meniskusriss noch länger aus als gedacht, muss erneut operiert werden. Ersatzkeeper Aganatik Bakhishov (Finger ausgekugelt) fehlt noch rund zwei Wochen. So kam Sadeq Bugfifa aus der eigenen Kreisligamannschaft zu seinem Landesliga-Debüt.
Oststeinbeker SV verliert beim Spitzenreiter mit 0:4
Ahrensburg steht weiterhin auf dem ersten Abstiegsplatz, einen Rang vor dem Oststeinbeker SV, der beim Spitzenreiter immerhin eine Stunde lang die Null hielt. „Die Mannschaft musste nach den letzten Ergebnissen eine andere Einstellung zeigen und hat das getan. Hätten wir häufiger gespielt wie in der ersten Halbzeit, würden wir in der Tabelle viel weiter oben stehen“, sagte Trainer Martin Sobczyk nach dem 0:4 bei Vorwärts-Wacker Billstedt. Entscheidender Mann für den Gegner war Ausnahme-Stürmer Ian Prescott Claus mit zwei Toren (66., 83.). Außerdem trafen Noah Pawlikowski (78.) und Dennis Öztürk (90.).